9. Zuhause bei Miller's

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Inzwischen hatte ich schon mehr als die Hälfte dieser Schulwoche geschafft. Jetzt aber stand ich erstmal an 'unserer' Mauer und wartete, das Mailo endlich seinen Hintern aus der Schule bewegte. Wir hatten ausgemacht uns hier zu treffen aber ich wartete jetzt schon seit 5 Minuten auf ihn. Und das auch noch in der prallen Mittagssonne.

Endlich sah ich ihn aus der Tür treten und ging auf ihn zu, damit ich schneller dieser Hitze entkommen konnte. Ich musste wirklich dringend mit Flora in die Stadt kurze Sachen kaufen.

"Da bist du ja endlich!", warf ich ihm genervt an den Kopf.

"Tja, auf was gutes kann man halt warten, Prinzessin.", sagte er und zwinkerte mir zu. Ich glaube es hat keinen Sinn mehr etwas dagegen zu sagen. Obwohl... einen hab ich noch.

"Leg dich doch mal fest, erst Püppchen, dann Süße und jetzt Prinzessin.", sagte ich. Ha, was sagt er jetzt.

"Mhhhh... also ich glaube, dann sag ich ab jetzt nur noch Prinzessin. Das passt glaube ich am besten.", sagte er vollkommen ernst und hielt mir die Beifahrertür seines roten Audi's auf. Ich blickte ihn prüfend an, stieg ein und gleich danach erschien er auf dem Fahrersitz.

Wir fuhren durch gefühlt halb Seattle, während irgendwelche Chartmusik im Radio lief. Schweigen drückte die Luft.

"Ich muss dich vorwarnen. Meine Mutter plappert manchmal wie ein Wasserfall und meine kleine Schwester kann echt nervig sein.", durchbrach er die Stille.

"Und was ist mit deinem Vater?", fragte ich und blickte ihn an. Er blickte nach vorne auf den Verkehr, besser so.

"Der Drecksack hat uns kurz vor der Geburt meiner Schwester verlassen. Er war aber auch schon vorher ein mieses Arschloch", sagte er monoton. Ok er wollte wahrscheinlich nicht darüber sprechen. Verständlich, denn ich wöllte jetzt auch nicht über meine Mutter sprechen.

"Oh, ok.", gab ich nur von mir und schaute wieder aus dem Fenster.

Nach ca. 20 Minuten Fahrt kam das Auto zum stehen. Wir standen in einer Einfahrt vor einer kleinen, aber modernen Villa. Ok, was heißt schon klein. Im Gegensatz zu der Villa in der ich lebte, ist irgendwie alles klein. Aber für drei Personen war diese hier auch schon ganz schön groß.

"Meine Mutter ist Schriftstellerin. Daher das ganze Geld.", sagte Mailo der offenbar merkte, dass ich mich fragte wie sie so teuer leben können. "Sie verdient viel und dadurch das sie von Zuhause arbeitet, kann sie sich um meine Schwester kümmern." fügte er noch hinzu.

Wir stiegen aus dem Auto und liefen einen kleinen Weg von der Einfahrt zum Haus, welcher von Blumen umgeben war. Das Haus hatte im Generellen einen hübschen Vorgarten. Alles sah so gepflegt aus. Bei uns Zuhause natürlich auch, aber es kümmerte sich ein Gärtner um unseren kleinen 'Park'. Hier war jedoch kein Gärtner weit und breit zu sehen. Bis eine zierliche Frau mit goldbraunen Haaren um die Ecke kam. In der einen Hand eine Schaufel, in der anderen eine Gießkanne.

"Ah Mailoschatz, du bist wieder da. Und wenn hast du denn da mitgebracht?", fragte sie und kam freundlich lächelnd auf uns zu. Sie schmierte sich ihre Hände, welche mit Erde beschmutzt waren, an einer Gartenschürze ab und musterte mich freundlich.

"Mum, das ist Prudence und wir müssen ein Vortrag für Physik zusammen vorbereiten.", sagte er.

"Hallo Mrs. Miller.", sagte ich und streckte meine Hand aus. Sie schüttelte diese und ihre Augen fingen an zu strahlen.

"Bitte nenn' mich doch Alasha. Ich komme mir sonst so alt vor.", sagte sie und kicherte.

"Geht doch schonmal rein und fangt an, ich ruf euch dann wenn es essen gibt.", fügte Alasha hinzu und schubste ihren Sohn sanft weiter. Essen. Das klang doch mal gut. Wir hatten heute nur sechs Stunden, was hieß das wir vor der Mittagspause Schluss hatten. Und mal ganz ehrlich, wer verbringt länger Zeit in der Schule nur um etwas zu essen?

Mailo und ich gingen also in das Haus, wo wir gleich von einem hübschen Flur begrüßt wurden. Er war zwar relativ klein, aber fein. Überall waren kleine Details angebracht und man merkte sofort, dass das Haus von einer Frau eingerichtete wurde.
Ich stand einfach nur da und betrachtete die vielen kleinen Figuren, Gemälde und Möbel, bis Mailo mich wieder aus meinen Gedanken weckte.

"Stell deine Schuhe einfach hier ab.", sagte er, zog sich seine Sneaker aus und stellte sie in die Ecke, auf welche er gerade noch gezeigt hatte. Ich tat es ihm gleich und folgte ihm dann auch wie ein Schoßhündchen in das Wohnzimmer.

"Mailoooooo!!!", quiekte eine junge Stimme. Ich sah wie ein kleines Mädchen auf Mailo zu gerannt kam und sein Bein umarmte. Sie hatte genauso goldbraune Haare wie ihre Mutter und sah mich nun durch ihre Eisblauen Augen an.

"Wer ist das?", fragte sie und lächelte. Dies schien wohl in der Familie zu liegen. Nur sah es bei Alasha und ihrem Sohn bei weitem nicht so niedlich aus wie bei diesem kleinen Mädchen.

"Hey ich bin Prudence.", stellte ich mich vor und ging vor dem kleinen Mädchen in die hocke, wobei ich meine Hand ausstreckte.

"Ich bin Jamila.", sagte sie und schüttelte diese energisch. Jamila funkelte mich freundlich mit ihren Augen an und grinste, während sie mich beobachtete.

"Also ich hab echt Hunger und ich glaube nicht das ich mich jetzt konzentrieren kann, bevor ich etwas im Magen habe. Meine Mum müsste auch glaube ich gleich mit dem Essen fertig sein.", sagte er und ließ sich auf die Couch fallen. Ja das stimmte. Es roch schon himmlisch nach etwas zu Essen, was meinen knurrenden Magen nicht wirklich zu beruhigen schien.

"Malst du solange etwas mit mir?", fragte mich Jamila und blickte mit großen Augen zu mir hoch. Wie ungewohnt das für mich war auch mal nach unten gucken zu müssen.

"Klaro.", sagte ich und strubelte ihr leicht über die Haare. Sie rannte in denn Flur und dann die Treppe hoch. Ein paar Sekunden später kam sie mit Buntstiften und einem Disney Prinzessinnen Malbuch wieder runter und legte alles auf den Couchtisch. Es wurden mehrere Seiten durchgeblättert bis sie eine Seite fand, wo so gut wie alle Prinzessinnen drauf waren. Ein paar von denen waren schon ausgemalt, aber nicht alle.

"Ich male an Arielle weiter. Welche willst du malen?", fragte sie mich während ich mich auch an den kleinen Tisch setzte.

"Welche soll ich den machen?", stellte ich als Gegenfrage, weil es mir ziemlich egal war.

"Wie wäre es denn mit Belle?", fragte sie und blickte kritisch auf das Heft. Ach die ist einfach zu süß.

"Willst du etwas trinken? Von Wasser bis Wodka ist alles dabei.", fragte mich Mailo, bevor ich auf Jamila's Frage antworten konnte.

"Ein Glas Wasser wäre cool.", sagte ich, während ich über seine Beschreibung der Auswahl schmunzeln musste.

"Und für mich bitte einen Apfelsaft.", meinte Jamila, die soeben begann, Arielle auszumalen.

"Geht klar.", sagte Mailo und tat so, als würde er es sich notieren. Dann verschwand er in der, ich nehm mal, an Küche.

"Also soll ich Belle ausmalen?", fragte ich, worauf Jamila nur nickte. "Die sieht mit ihren braunen Haaren und braunen Augen ja auch aus wie du. Aber eigentlich bist du noch ein bisschen hübscher.", sagte Mailo welcher jetzt wieder aufgetaucht war und die Gläser vor uns abstellte.

"Bitte schön, die Damen.", sagte er, worauf Jamila kicherte. Ich hingegen starrte ihn perplex an. Hatte er gerade gesagt das ich hübsch bin? Ach, ich will glaube garnicht wissen wie vielen Bitches er das schon gesagt hat.

Mailo setzte sich jetzt wieder auf die Couch und beobachtete uns, bis Jamila auf einmal ihren Apfelsaft umschmiss und alles auf mir landete. Na toll.

Prudence Where stories live. Discover now