39. Rosa Blase

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"Jetzt hilf mir doch mal.", jammerte ich Flora an. Wir hatten uns mal wieder getroffen und ich hatte ihr erklärt, dass ich meinen Brüdern von Mailo und mir erzählen will. Nur hatte ich keine Ahnung wie. Sie sind ja schon halb ausgerastet, als ich gesagt hatte ich würde mit ihm auf den Ball gehen. Wenn sie dann auch noch erfahren würden, dass ich mit ihm zusammen bin und wir sogar schon miteinander geschlafen haben, gehen sie wahrscheinlich komplett an die Decke. Aber ich hatte keine Lust mehr auf die Heimlichtuerei, denn irgendwann kommt sowas immer heraus.

"An deiner Stelle, würde ich ihn mal nach Hause mitbringen.", sagte sie gelassen und schlürfte an ihrem Kakao. Diese Idee war mir natürlich auch schon gekommen, aber wurde innerlich von mir abgelehnt.

"Klar, damit sie sich gleich die Köpfe einschlagen.", lachte ich ironisch. Flora verdrehte die Augen und stellte ihre Tasse wieder auf dem Tisch ab.

"Nein doch nicht deswegen. Ey, dich und Mailo umgibt so eine rosa Verliebtenblase. Ich hab euch beide ja schon zusammen im Matheunterricht erlebt. Die Blicke, mit denen Mailo dich immer ansieht, sagen mehr als tausend Worte. Vielleicht merken sie dann, dass Mailo dich wirklich liebt.", erklärte sie. Aus ihrem Mund klang es nach einem guten Plan. Ich musste das alles wohl nochmal überdenken.

"Was für Blicke?", hackte ich dann doch nochmal nach. Ich hatte nämlich keine Ahnung, was sie damit meinte.

"Kriegst du das nicht mit?", fragte Flora ungläubig und mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich schüttelte darauf nur leicht meinen Kopf, während ich einen Schluck trank.
"Meistens wenn du irgendetwas von der Tafel abschreibst oder konzentriert an einer Aufgabe sitzt, beobachtet Mailo dich von der Seite. Er hat dann immer so nen voll liebevollen Blick und selbst ein Blinder würde die ausgehende Liebe von ihm spüren.", klärte sie mich auf.

"Wirklich? Das ist mir nie aufgefallen.", nuschelte ich leise und rührte peinlich berührt in meiner heißen Schokolade herum. Klar hatte ich manchmal seinen Blick auf mir gespürt, aber das dieser so offensichtlich war, hätte ich nicht gedacht.

"Also... du schnappst dir heute einfach Mailo und bringst ihn mit Nachhause. Wenn du deinen Brüdern auch klarmachst, dass er dir so wichtig ist, verstehen sie es vielleicht.", schlug sie vor und trank ihre Tasse bereits leer. Ich tat es ihr gleich und wir gingen. Wir verabschiedeten uns voneinander und ich kramte nach meinem Handy. Ich wählte Mailos Nummer.

"Ja?", fragte Mailo, nachdem er schon nach dem ersten Tuten rangegangen ist und man dabei sein Lächeln heraushörte. Ich schmunzelte kurz, ehe ich antwortete.

"Heute bei mir?", kam ich direkt auf den Punkt. Wem bringt es denn, drumherum zu reden? Genau, niemandem außer der Telefonrechnung. Kurz wurde es still auf der anderen Seite der Leitung.

"Aber deine Brüder...", sagte Mailo. Man hörte richtig die Verwunderung in seiner Stimme und sein Gesicht würde bestimmt das Selbe zeigen. Denn normalerweise wollte ich es ja geheim halten, doch mir schien der richtige Zeitpunkt gekommen meine Brüder einzuweihen.

"Genau deswegen ja.", sagte ich, während ich gerade zum Bus lief. Wieder herrschte kurze Stille, wobei man fast schon die Zahnräder in Mailos Kopf arbeiten hören konnte.

"Wann soll ich da sein?", fragte er schließlich und im Hintergrund konnte ich nun Rascheln hören.

"In so circa zwanzig Minuten ok?"

"Super, bis gleich.", sagte er und legte direkt danach auf. Ein lächeln bildete sich auf meinem Gesicht, als ich in den Bus einstieg.

~~~

"Hey Prinzessin.", begrüßte Mailo mich vor der Einfahrt meines Hauses. Ich lief lächelnd auf ihn zu, legte meine Arme um seinen Hals und wollte ihn küssen, doch er bückte sich nichtmal annähernd zu mir herunter. Ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit und Mailo beobachtete mich, wie ich versuchte etwas hochzuhüpfen. Dann griff er lachend unter meine Oberschenkel, hob mich hoch und küsste mich kurz.

"Du bist so winzig.", hauchte er, als ich meine Stirn an seine legte. Mailo ließ mich wieder herunter und verschränkte unsere Finger miteinander.

"Bringen wir es hinter uns.", seufzte ich und wir gingen ins Haus. Wir zogen unsere Schuhe aus, wobei ich schon meine Brüder im Wohnzimmer hörte. Ich atmete nochmals tief durch, bevor ich mit Mailo und immer noch verschränkten Fingern das Wohnzimmer betrat.

"Nein.", Enzo war der erste, welcher uns und vor allem unsere verschränkten Finger bemerkte. Nun hatten wir die volle Aufmerksamkeit von vier erschrockenen, bis hin zu wütenden Jungs.

"Sag jetzt bitte nich...", setzte Lance an, welcher eher etwas enttäuscht wirkte. Die Zeit schien stehen zu bleiben, als ich ihn unterbrach.

"Mailo und ich sind zusammen.", platzte ich heraus. Vier Kinnladen klappten gleichzeitig nach unten, während Augenbrauen in die Höhe schossen.

"Bitte nicht mit so einem Bastard.", sagte Samuel. Er starrte Mailo böse an, während sein Kiefer vor Wut mahlte.

"Warum dieses Schwein?!", knurrte Enzo böse und auch er zeigte enorme Anzeichen der Aggression auf.

"Ok, ok. Ich verstehe, dass ihr sauer seid. Ich habe keine Ahnung wie ich reagiere, wenn meine kleine Schwester mal mit einem Freund nach Hause kommt. Aber ich liebe Prudence. Mehr als ich mir es je hätte vorstellen können. Ich würde alles für sie tun. Gebt mir doch eine Chance.", versuchte Mailo sie zu überzeugen. Gespannt wartete ich die Reaktionen darauf ab. Keiner sagte ein Wort und alle starrten zu Mailo. Doch seinen Blick spürte ich auf mir ruhen und ich sah zu ihm hoch. Und genau da war dieser Blick, von dem Flora wahrscheinlich gesprochen hatte. Mailo lächelte mich gefühlvoll an und legte einen Arm um meine Taille.

"Tja... dann versaust du diese eine Chance und was ist dann? Wir wollen nicht, dass sie verletzt wird. Vor allem nicht von dir.", motzte Sam und funkelte ihn wieder böse an.

"Wie lange seit ihr den schon zusammen?", kam es von Alex, welcher bis jetzt noch kein Ton von sich gegeben hatte. Alle drehten sich zu ihm um, während er uns interessiert musterte. Die Wut schien auf Alex nicht im geringsten abgefärbt zu haben.

"Ein paar Wochen sind es schon.", sagte ich kleinlaut und rutschte etwas näher an Mailo. Sein Griff um meine Taille verstärkte sich etwas.

"Ein paar Wochen?!", fragte Lance entsetzt. Die Ader an seinem Hals trat hervor und ich wusste, dass er innerlich gerade abwog, ob er Mailo erhängen oder ihn erschießen soll.

"Warum hast du nichts gesagt?", fragte Alex lächelnd und schien sich als Einziger darüber zu freuen. Seine Augen strahlten und Alex beobachtete uns zufrieden. Sam, Enzo und Lance warteten ebenfalls auf eine Antwort, nur deutlich aufgewühlter.

"Genau deswegen.", sagte ich mit zurückerlangtem Selbstbewusstsein. Dabei deutete ich auf drei von meinen Brüdern. Genau diese drei wurden jetzt anscheinend noch wütender und Enzo wurde langsam sogar etwas rötlich. "Ich liebe Mailo und mir ist es scheißegal was ihr davon haltet. Ich hab eh keine Ahnung, warum ihr ihn so hasst. Was hat Mailo euch den getan?", hinterfragte ich herausfordernd. Doch bevor die Situation eskalierte schob Alex uns aus dem Raum.

Mit ihm gingen wir in mein Zimmer. Während Mailo und ich immer noch standen, schmiss er sich mit dem Rücken auf mein Bett.

"Mach dir nichts draus. Irgendwann reagieren sie sich ab.", sagte Alex und setzte sich wieder etwas auf. Wieder musterte er uns und grinste. "Ihr seid süß zusammen.", merkte er an und zwinkerte mir zu.

"Warum reagierst du so gelassen?", fragte Mailo und trommelte ganz leicht mit seinen Fingern auf meinem Hüftknochen. Alex sah zu ihm und zuckte mit den Schultern.

"Hab es schon geahnt. Außerdem ist unsere Prud alt genug um einen Freund zu haben. Immerhin einer, der ein paar Muskeln hat und sie auch beschützen kann.", antwortete er und zwinkerte Mailo zu. Dann wand Alex sich wieder an mich. "Aber falls dein Loverboy trotzdem mal scheiße baut, kannst du gerne zu mir kommen.", darauf verkrampfte Mailo leicht. Er drückte mich noch enger an sich, als wäre ich sein Rettungsring im eiskaltem Wasser.

Prudence Where stories live. Discover now