53. Mailos Vergangenheit

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"Bei der Sache mit meinem Vater... da hab ich dir nicht die ganze Wahrheit erzählt.", begann Mailo nun. Ich wusste nicht worauf er hinaus wollte, doch ließ ihn weiter sprechen. Seine Stimme brach erneut ab. Verzweifelt überlegte ich, wie ich ihm mehr Sicherheit vermitteln konnte. Mir kam nur die Idee, meinen Kopf an seinem Oberarm abzulegen, um Blickkontakt zu vermeiden. Mir persönlich fiel es dann nämlich nur halb so schwer über Unangenehmes zu sprechen. "Ich kann das nicht.", sagte er mit bebender Stimme aus welcher man den Rande seiner Verzweiflung heraushörte.

"Brings einfach schnell hinter dich.", ermutigte ich ihn und strich seinen Arm entlang. Nun nahm Mailo meine Hand und hielt sie in seiner fest.

"Naja... früher waren wir eigentlich eine relativ glückliche Familie. Meine Eltern liebten einander noch und umso schöner war es für mich. Doch irgendwann, keine Ahnung warum, war mein Vater immer häufiger abends weg. Er kam erst spät und meist auch betrunken nach Hause. Sonst bekamen wir ihn fast nicht mehr zu Gesicht. Doch wenn es nur so geblieben wäre, wäre es mir Recht gewesen. Aber nein, dieses verfluchte Arschloch hat irgendwann angefangen, meine Mutter zu schlagen.", während Mailo erzählte lauschte ich ihm gespannt und gleichzeitig auch geschockt. Der Druck auf meiner Hand wurde immer stärker, doch er schien jetzt genau dieses Nähegefühl zu brauchen, weshalb ich nichts dazu sagte. "Nach so circa zwei Jahren habe ich dann herausgefunden, dass mein Vater sich in so eine frauenfeindliche, kriminelle und drogenverkaufende Gangsache verwickelt hatte. Aber er schien das alles zu genießen. Als ich endlich stark genug war, habe ich auch angefangen meine Mutter vor den Schlägen meines Vaters zu schützen. Natürlich war das, vor allem als ich noch jünger war, nicht gerade hilfreich. Es machte meinen Vater so wütend, dass ich als sein Sohn nicht hinter ihm stand, dass ich als Strafe auch Aufträge von dieser Gang bekam. Da ich nicht noch mehr Schläge abbekommen wollte, musste ich diesen ganzen Dreck mitmachen. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich aus meiner alten Schule geflogen bin. Sie haben mich und Ben beim dealen erwischt. Ach genau, Ben stand mir schon damals wie ein Bruder zur Seite und half mir bei diesem Mist, ohne dass ich ihm je davon erzählt hatte.", irgendwie war all das zu viel auf einmal. Ich musste das alles erstmal sacken lassen. Doch eine Frage blieb mir noch.

"Warum lagst du blutend auf dem Boden?", flüsterte ich, da mich seine Vergangenheit zu sehr berührte. Nie hatte Mailo auch nur ein Wort davon erwähnt.

"Ich bin, wie gesagt, die Treppe herunter gefallen. Nur halt nicht aus Tollpatschigkeit, sondern weil mein Vater mich hinunterstieß, als ich ihn nicht zu meiner Mutter lassen wollte. Er muss abgehauen sein, nachdem er dies getan hat.", beendete Mailo all dies. Es fühlte sich so an, als hätte ich zuvor nur die Hälfte von Mailo gewusst. "Aber bitte, bitte verurteile mich nicht dafür, was mein Vater getan hat. Ich könnte niemals einer Frau, vor allem dir, wehtun. Ich würde alles dafür tun, dass dir niemand auch nur ein Haar krümmt.", seine letzten Worte klangen eher etwas verzweifelt, wobei er seine Wange auf meinem Scheitel ablegte und mich noch enger an sich zog. Mir hatte es eindeutig die Stimme verschlagen, doch ich musste etwas sagen.

"Mailo...", ich musste erst einmal kurz meinen Hals klären um weiter reden zu können. Unterdessen hob Mailo seinen Kopf wieder und blickte auf mich herab. Ihm selbst standen Tränen in den Augen, wobei er gespannt auf das wartete, was ich zu sagen hatte. "Ich weiß, dass du mir nichts tun wirst. Du bist der gutherzigste Mensch den ich kenne. Schon allein, dass du den Mut aufgebracht hast, dich schützend vor deine Mutter zu stellen ist ganz und garnicht selbstverständlich.", sagte ich und legte meine freie Hand an seine Wange.

"Das heißt, du willst immer noch etwas von mir?", fragte Mailo mit einem schwachen Lächeln, wodurch er wie ein kleines unschuldiges Kind wirkte.

"Warum sollte ich das nicht tun?", stellte ich nun ebenfalls lächelnd die Gegenfrage. Endlich wirkte Mailo etwas lockerer. Ich lehnte mich etwas nach vorne um meine Lippen sanft auf seine Wange zu legen, worauf ich sie längere Zeit ruhen ließ.

"Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich liebe.", nuschelte Mailo, als ich meine Lippen wieder von seinen Wangen entfernte. Doch bevor ich auch nur ansatzweiße etwas erwidern konnte, spürte ich nun Mailos Lippen auf meinen. Anscheinend hatte ihm mein kleiner Kuss auf die Wange nicht gereicht, denn dieser Kuss war so intensiv. Mailo beugte sich immer weiter nach vorne, während er seine Zunge langsam in meinen Mund gleiten ließ. Ich konnte nicht anders und stöhnte leise auf. Meine Hände wanderten in seinen Nacken und zogen ihn näher an mich, denn mittlerweile lag ich mit dem Rücken auf dem Sofa. Die Schmetterlinge in meinem Bauch begannen wieder wild zu toben und steigerten meine Laune unermesslich. Als wir uns wieder voneinander lösten öffnete ich meine Augen. Mailo hatte seine noch geschlossen und lächelte dabei glücklich. Zuletzt drückte er mir noch einen kurzen Kuss auf den Hals um unsere kleine Knutscherei zu beenden, öffnete wieder seine Augen und wollte sich aufsetzten.

"Bleib doch.", sagte ich grinsend und zog ihn wieder zu mir herab. Was ich jedoch nicht bedacht hatte war, dass Mailo ja immer noch den eingegipsten Arm besaß, wodurch er sich schwer abstützen konnte. So kam es also, dass er durch meine Kraft auf mich fiel. Schnell rollte er sich wieder von mir herunter und sah mich mit großen Augen an.

"Fuck, hab ich dir wehgetan?", fragte Mailo leicht panisch und musterte mich besorgt. Ich hingegen konnte einfach nicht anders und fing an zu lachen. Die Schmetterlinge in meinem Bauch und diese verrückte Situation brachten mich irgendwie dazu. Auch Mailos Gesichtsausdruck veränderte sich erst zu verwirrt, dann zu belustigt.

"Aber meine Güte, du bist schon ziemlich schwer.", stellte ich schmunzelnd fest. Sonst hatte Mailo sich immer mit seinen Armen abgestützt und lag dadurch nie mit seinem vollen Gewicht auf mir. Doch jetzt hatte ich zum ersten mal bemerkt, wie schwer er eigentlich war.

"Sind die Muskeln.", klärte Mailo grinsend auf. Er spannte sie nun extra an, wahrscheinlich um sie mir zu demonstrieren. Doch ich konnte einfach nicht anders als lächelnd die Augen zu verdrehen. Ich rutschte etwas weiter zu ihm und legte mein Kinn auf seine Brust, welche durch den nun angespannten Muskel relativ hart war.

"Du tust ja so, als ob du mich noch beeindrucken müsstest.", sagte ich noch immer schmunzelnd und fuhr ganz leicht über seinen Oberkörper. Ich würde niemals zugeben, wie heiß seine Muskeln waren, auch wenn er es sicher selbst wusste.

"Muss ich das denn nicht?", hinterfrage Mailo ebenfalls schmunzelnd. Er legte seine gesunde Hand auf meinen Hinterkopf und strich etwas darüber.

"Du hast mich schon längst gewonnen.", nuschelte ich, als ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge ablegte, seinen wunderbaren Duft einatmete und mich einfach nur rundum glücklich fühlte.

Hier mal wieder ein Kapitel. Leider ist dies das letzte geplante Kapitel und somit muss ich kurz etwas loswerden.
-Falls ihr noch irgend welche Wunschszenen für die Zwei habt, dann lasst es mich bitte wissen, damit ich sie noch schreiben kann.
-Es werden noch 1-3 Zusatzkapitel kommen und vielleicht (nur wenn ihr das wollt und auch dann werde ich wahrscheinlich erstmal an 'Strange Neighbour' weiterschreiben) kommt noch ein 2. Teil von Prudence und Mailo

Prudence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt