51. Treppensturz und Duschen

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P.O.V. Mailo

Als ich langsam erwachte, hörte ich als erstes das gleichmäßige Piepsen meines Herzschlages. Das Nächste, war ruhiges Atmen neben mir. Ich öffnete meine schweren Augenlider und blickte mich um. Mein Kopf schien gleich zu zerplatzen, so stark schmerzte er. Prudence war auf ihrem Stuhl etwas nach unten gesunken und hatte ihre Augen geschlossen. Ihre Hand lag glücklicherweise noch immer in meiner und gab mir somit das Gefühl von ihrer Nähe. Die Haare hingen ihr etwas über das Gesicht und schwebten immer kurz durch die Luft, wenn sie ausatmete. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen und ehrlich gesagt wollte ich garnicht wissen, wie ich momentan aussah. Nach drei Tagen in diesem Krankenhaus sollte ich nun endlich entlassen werden. Prudence war die ganze Zeit, wenn sie nicht gerade in der Schule saß, an meiner Seite gewesen und hat mir Gesellschaft geleistet. Um ganz ehrlich zu sein wüsste ich nicht, wie ich es ohne sie in diesem tristen Bauklotz ausgehalten hätte. Ich war ihr so unendlich dankbar dafür.

"Du bist wach?", nuschelte Prudence und versuchte mit ihrer freien Hand ihre Haare zu richten. Sie streckte sich und sah dann wieder zu mir. "Meine Güte bin ich froh, wenn ich nicht mehr auf diesem Stuhl schlafen muss.", scherzte sie und gähnte nochmals kräftig.

"Ich habe dir ja mehrmals angeboten, mit in meinem Bett zu schlafen.", sagte ich besorgt. Wegen mir hatte sie sich bestimmt jede Nacht fast ihren Rücken verrenkt.

"Ja schon, aber ich will dir im Schlaf nicht aus versehen wehtun.", Prudence sah sich kurzzeitig ihren Stuhl an, bis ihr Blick zu unseren Händen glitt. Ich blickte ebenfalls nach unten und strich zaghaft über ihren Handrücken.

"Danke, dass du die ganze Zeit hier geblieben bist.", gab ich anerkennend von mit. Ich musste wahrscheinlich so erbärmlich ausgesehen haben, wie ich da lag und mich nichtmal alleine umziehen konnte.

Zur Antwort küsste sie meine Stirn und fing lächelnd an, mit ihrer freien Hand mit meinen Haaren zu spielen. Eigentlich hasste ich es, wenn andere Leute meine Haare anfassten, doch bei ihr war es etwas Anderes. Wenn Prudence das machte fühlte es sich richtig angenehm und wohltuend an.

"Du hast so weiche Haare. Wie machst du das bloß?", schwärmte sie verträumt, wobei sie ihre eigene Hand beobachtete. Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, welches mir jetzt schon wieder viel besser gelang. Vor drei Tagen noch war ich durch die Narkose so weggetreten, dass ich meine Muskeln kaum richtig anspannen konnte.

"Wenn ich das nächste Mal dusche, kann ich es dir ja zeigen.", sagte ich augenzwinkernd und grinste noch mehr. Doch anstatt das dieser Kommentar sie ebenfalls zum lächeln oder wenigstens zum Augenrollen brachte, wurde sie ernst.

"Ich fürchte wenn du das nächste mal duschst, muss ich wirklich mitkommen um dir zu helfen. Denn dieser Gips darf nicht nass werden.", sagte Prudence und deutete auf besagten Gipsarm. Ich sah ebenfalls auf meinen Gips und musste lächeln, als ich das kleine Herzchen darauf sah. Prudence wollte es mir unbedingt draufmalen, also habe ich sie machen lassen.

"Immer hin können wir dann ja mal zusammen duschen. Puh, da musste ich wohl erst eine Treppe herunter stürzen, dass du mal mit mir duschst.", sagte ich und begann zu lachen. Ich hoffte das sie diesmal mit einstimmte, stattdessen stand sie aber auf und sah mich mit einem 'Dein Ernst?!' Blick an.

"Ich hol mir mal nen Kaffee.", sagte sie knapp und wollte gerade das Zimmer verlassen. Anscheinend fand sie es nicht so lustig wie ich.

"Prinzessin? Das war doch bloß ein Witz.", rief ich ihr noch hinterher, doch die Tür knallte schon ins Schloss. Ich lehnte mich etwas ins Kissen zurück und atmete tief durch. Noch bevor ich den Fernseher einschalten konnte, öffnete sich die Tür erneut. Doch diesmal war es meine Mutter, welche mich heute abholen wollte.

"Du hast ihr immer noch nichts davon erzählt oder?", fragte meine Mum aufgelöst und fuhr sich durch die Haare. Natürlich wusste ich sofort um was es ging und wen sie meinte.

"Nein.", sagte ich kleinlaut und starrte an die Decke. "Aber ich habe ihr versprochen es zu erzählen, wenn ich hier raus bin.", offenbarte ich und sah nun zu meiner Mutter. Nervosität stieg in mir auf. Wie würde Prudence reagieren?

"Gut, denn du hast dich ja schon Hals über Kopf in dieses Mädchen verliebt. Was sollte sie denn sonst noch machen um dein Vertrauen zu gewinnen.", sagte meine Mum und ließ sich auf dem Stuhl nieder. In der Nacht wurden mir die Schläuche abgenommen, wodurch meine Schmerzen zwar stärker geworden sind, ich aber immerhin sofort nach Hause kann, wenn Prudence jetzt endlich wieder kommen würde.

"Ich weiß. Aber ich hab es noch niemandem erzählt. Selbst Ben nicht und wir kennen uns schon seit Ewigkeiten.",noch bevor ich weiter sprechen konnte, trat Prudence in den Raum. In einer Hand einen Kaffee und immer noch leicht säuerlich wegen meinem Kommentar.

"Gut, dann können wir ja jetzt los.", sagte Mum und stand schwungvoll auf. Ich hingegen setzte mich erstmal auf und legte meine Beine über die Bettkante. Meine Sicht verschwamm kurz, ehe sie wieder klarer wurde.

"Ich helfe dir.", sagte Prudence und legte sich schon meinen gesunden Arm um ihre Schultern. Nun stand ich komplett auf, versuchte aber, mich nicht auf ihr abzustützen. Ich war viel zu schwer und wollte ihr einfach nicht wehtun.

Die gesamte Autofahrt über sprach niemand ein Wort und auch zu Hause angekommen gingen Prudence und ich ziemlich schnell nach oben in mein Zimmer. Also so schnell, wie ich momentan eben laufen konnte. Sobald die Tür hinter uns geschlossen war wies Prudence mich an, mich in mein Bett zu legen. Ich tat dies, doch sobald ich lag, schmiss sie sich neben mich. Ich sah sie leicht amüsiert an, ehe sie zum Wort ansetzte.

"Also, ich werde dich die nächsten Tage gesund pflegen, was heißt, dass du meinen Anweisungen folgst klar?", fragte sie lächelnd und sah mir dabei in die Augen. Sie hielten mich schon fast in sich gefangen und strahlten dabei so viel Vertrauen aus, dass es fast schon gruselig war. Ich nickte und sie kicherte kurz. "Ok dann ist meine erste Anweisung, dass du einfach deine Klappe hältst und ich mal wieder in einem Bett schlafen kann.", sagte sie glücklich, drehte sich auf den Bauch und schloss die Augen. Amüsiert beobachtete ich sie dabei und ertappte mich selbst, dass ich etwas neidisch auf das Kissen war, in welches sie sich nun einkuschelte.

Prudence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt