28. Die Verbindung zwischen Geschwistern

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Als ich dieses mal aufwachte, waren es nicht Schmerzen, sondern ein leichtes Kitzeln, welches mich weckte. Ich öffnete vorsichtig die Augen und sah, wie Mailo gedankenverloren an die Decke starrte und mit meinen Haaren spielte. Er wickelte sich immer wieder eine meiner Haarsträhnen um den Finger oder legte sie mir hinter die Schulter. Ein kleines Kichern entfuhr mir und Mailo sah zu mir. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er zu mir herunter sah. Ich stützte mein Kinn auf seiner Brust ab.

"Hey.", sagte Mailo und ließ seine Hand, welche gerade noch in meinen Haaren war, sinken. Was mir jetzt erst auffiel war, dass ich meine Arme um ihn geschlungen hatte. Ich löste diese etwas, um ihn nicht zu zerquetschen. Anscheinend aber zu Protesten von Mailo, denn dieser nahm sanft meine Arme und legte sie wieder um sich. "Gut geschlafen?"

Als Antwort nickte ich nur und legte meinen Kopf wieder auf seiner nackten Brust ab. Sein Herz schlug ruhig und gleichmäßig. Genau wie sein Atem, der warm gegen meine Haare strich.

"Meine Mum hatte gesagt, sie macht Frühstück für uns.", sagte er und begann erneut durch meine Haare zu fahren. Seine Hand streifte ab und zu meinen Nacken.

"Wie spät ist es denn?", fragte ich. Wenn seine Mutter schon wach ist und sogar schon Frühstück machte, musste es ja schon etwas später sein. Mailo drehte seinen Kopf, wahrscheinlich um auf die Uhr zu gucken.

"Halb zwölf.", antwortete er schließlich und legte seinen Kopf gemütlich wieder im Kissen ab. Ich hingegen schreckte hoch und sah ihn geschockt an.

"Scheiße!", fluchte ich und sprang regelrecht aus dem Bett. Schnell zog ich mir meine Jeans unter dem Shirt an, drehte mich von Mailo weg und wechselte das Oberteil. Ich drehte mich wieder zu ihm um und sah, dass er mich musterte. Er stand nun auch auf und ich gab ihm sein Shirt zurück. Jedoch warf er es einfach achtlos in irgendeine Ecke seines Zimmers.

"Musst du schon gehen?", fragte er und sah etwas traurig auf mich herab. Unser Größenunterschied war wirklich enorm.

"Ich will nicht, dass meine Brüder sich Sorgen machen.", erwiderte ich leise und sah ihn an. Mailo legte eine Hand an meine Wange und strich mit seinem Daumen über meine Unterlippe. Seine Lippen legte er auf meine Nase und küsste diese.

"Komm, ich bring dich nach Hause.", flüsterte er und löste sich wieder von mir. Schnell zog er sich noch irgend etwas über und fuhr mich nach Hause.

~~~

"Bin wieder da.", rief ich in unser Haus hinein und schloss die Haustür hinter mir. Ich zog mir meine Schuhe aus und ging ins Wohnzimmer. Es war komplett leer. Niemand war hier. Zumindest dachte ich dies, bis ich zwei Leute die Treppe herunterkommen hörte. Sam und Maria, wohl bemerkt leicht bekleidet, kamen ins Zimmer und sahen mich verwundert an. Maria trug nur ein Pulli von meinem Bruder und dieser nur eine Unterhose.

"Wo sind die Anderen?", fragte ich einfach nur, da es ihnen sichtlich etwas peinlich war. Sam zuckte nur mit den Schultern.

"Keine Ahnung. Mit dir haben wir eigentlich auch noch nicht gerechnet. Flora meinte, du würdest noch ein bisschen bei ihr bleiben.", sagte er und ging mit seiner Freundin in die Küche. Schnell ging ich in mein Zimmer und rief Flora an.

"Hey, was gibts?"

"Woher wusstest du von meinem Alibi?", fragte ich sofort nach. Ich hatte, außer Maria, niemandem erzählt, was ich wirklich gemacht hatte.

"Habs mir denken können. Ich wette du warst bei Mailo."

"Richtig.", sagte ich lächelnd. Sie kannte mich einfach zu gut, dass es fast schon gruselig war. "Danke."

"Nichts zu danken. Bist du jetzt zu Hause?"

"Ja, bin ich.", und so ging es noch Minuten, wenn nicht sogar Stunden weiter. Wir quatschten über alles mögliche. Und damit meine ich wirklich alles.

"Mäuschen, es gibt Essen.", rief mein Vater von Unten, weshalb ich auflegte und runter ging. Am Tisch saßen alle meine Brüder, mein Vater und Maria, welche schon irgendwie dazu gehörte. Ich setzte mich zu ihnen und sah, was es gab. Pizza, bestellte Pizza.

"Zu faul zum kochen, was?", sagte ich belustigt und setzte mich mit dazu. Mein Vater lachte und strich mir über den Kopf, ehe er sich neben mich setzte.

Während des Essens huschte mein Blick oft zu Bruder Nummer 1 und seiner Freundin. Sie tauschten untereinander immer wieder verliebte Blicke aus. Ich wünschte einfach, Mailo könnte auch mal mit hier her. Theoretisch könnte er das ja auch, nur hätte ich Angst um seine Gesundheit, wenn es meine Brüder merken.

"Kidies, tut mir leid das sagen zu müssen, aber ich muss morgen wieder für zwei Wochen weg.", sagte er und sah traurig in die Runde. Ich legte einen Arm um ihn und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Mein Vater arbeitete gern, trotzdem wollte er manchmal öfter bei uns sein.

"Wo gehts denn hin?", lockerte ich die Stimmung etwas auf. Ich schnappte mir noch ein Stück Pizza und wartete auf eine Antwort.

"Las Vegas.", sagte er. Mein Vater musste schon mehrmals dort hin, da dort manchmal irgend welche neuen Produkte vorgestellt werden. Er legte auch einen Arm um mich. Solche Momente genoss ich immer in vollen Zügen.

"Cool.", sagte Lance gelangweilt, stand auf und ging. So ein Verhalten war seinerseits in Situationen wie dieser nicht unnormal. Lance war der Einzige, welcher von uns das Arbeitsverhalten unseres Vaters nicht nachvollziehen konnte. Aber jeder musste nunmal anders mit dem Tod von Mum klarkommen.

Ich beschloss ihm diesmal nachzulaufen. Deswegen stand ich auch auf, drückte meinem Vater einen Kuss auf die Wange und ging ebenfalls nach Oben. Seine Zimmertür knallte eigentlich direkt vor meiner Nase zu. Er musste nicht gemerkt haben, dass ich ihm gefolgt war. Die Mühe anzuklopfen machte ich mir aber nicht und trat einfach ein.

Lance lag auf seinem Bett, mit dem Gesicht im Kissen und sagte nichts. Ich trat leise an sein Bett heran und setzte mich auf die Kante. Er rührte sich immer noch nicht. Durch seine Ignoranz beschloss ich mit einer Hand seine Kopfhaut zu massieren, wie wir es immer als Kinder gemacht hatten. Sein Kopf drehte sich zu mir und er sah mich verwundert an.

"Prud? Ich dachte erst, du bist Dad. Bist du nicht mehr sauer auf mich?", seine Frage war berechtig. Aber ich glaubte, lange genug sauer auf ihn gewesen zu sein. Dieser Vorfall war jetzt schon über eine Woche her und ich hasste es, mich mit Leuten zu streiten.

"Bin ich nicht mehr.", bestätigte ich, während ich weiter massierte. Keinen von uns Beiden schien es zu stören. "Warum bist du schon wieder abgehauen?"

"Weil Dad uns im Stich lässt. Ich meine, jetzt ist es mir nicht mehr so wichtig. Aber nach Mum's Tod, wo wir ihn am meisten gebraucht hätten, war er nicht da.", flüsterte er. Dabei hatte er nicht ganz unrecht. Ich weiß noch genau, wie ich unseren Vater vermisst hatte. Die ganze Zeit hatte ich jemanden zum trösten gebraucht, weshalb ich dann irgendwann zu Tom gegangen bin.

"Ja, das war mies von ihm. Du musst aber verstehen, dass nicht nur wir unsere Mutter, sondern er auch seine Frau verloren hat.", versuchte ich ihm zu erklären. Lance rutschte etwas zur Seite und ich legte mich neben ihn. Wir sahen uns einfach nur an und sagten nichts. Meine Hand massierte immer noch seinen Kopf und langsam wurde er scheinbar müde, denn seine Augen vielen ihm zu.

Ich verwöhne euch mit noch einem Kapitel. Bin ich nicht nett ;)

Prudence Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon