32. Große Auswahl

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Mailo war nun seit drei Tagen nicht mehr in der Schule gewesen. Auf meine Nachrichten hatte er auch nicht geantwortet. Darum beschloss ich, ihn besuchen zu gehen. Ich könnte ihm gleich die Schulsachen vorbeibringen und mich um ihn kümmern. Ihm einen Tee machen oder so.

Deswegen stand ich nun vor der Tür des Hauses Miller und klingelte. Meine Tasche mit den Mitschriften schnürte schon in meine Schulter, da ich den ganzen Weg mit dem Bus gefahren war. Meine Brüder wollte ich schlecht fragen.

"Wer ist da?", piepste die Stimme von Jamila, ohne dass die Tür geöffnet wurde. Sie klang fröhlich wie sonst auch immer und ich glaubte, sie hinter der Tür mit irgendwas spielen zu hören.

"Prudence. Ich würde gerne zu deinem großen Bruder.", sagte ich ebenfalls durch die Tür. Ich hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Kurz danach ging die Tür auf.

"Er ist oben.", sagte Jamila, welche sich schon an mein Bein geklammert hatte. Dabei trug sie ein Stofftier, welches die Geräusche erklären würde. Jamila löste sich wieder von mir und grinste mich frech an. Ich grinste zurück und ging dann nach oben. Kurz klopfte ich an seine Zimmertür, keine Reaktion. Abermals klopfte ich, wieder keine Reaktion.

Schließlich trat ich einfach in den Raum, welcher leer war. Keiner war hier, aber man hörte Geräusche im Bad. Ich setzte mich einfach auf sein Bett und stellte die Tasche daneben ab. Das Aquarium blubberte wieder fröhlich vor sich hin. Von unten hörte man Geräusche, welche wahrscheinlich Jamila verursachte.

Die Tür des Bades öffnete sich und ich wollte Mailo anlächeln, jedoch rutschte mein Blick weiter herunter. Den Mailo war nackt, komplett nackt und das, was ich sah, war nicht gerade klein. Im Gegenteil. Das, was ich zu sehen bekam war überdurchschnittlich groß.

Schnell versuchte er mit seinen Händen alles zu verdecken, als er mich bemerkte und ich wollte meinen Kopf wegdrehen, doch ich blieb an seinem Oberkörper hängen. Schockiert riss ich meine Augen weit auf, als ich die vielen Blutergüsse und Wunden sah, welche auf seiner Haut klafften. Eine Hand schlug ich entsetzt vor meinen Mund.

"Was ist passiert?", fragte ich ganz leise und stand auf. Mailo hatte inzwischen eine Unterhose gefunden und sie sich angezogen. Seine Haltung war verspannt, als ich vor ihm stand und ich glaube, das Atmen viel ihm schwer.

"Hab nur ein bisschen was beim Football abbekommen. Was machst du hier?", versuchte er vom Thema abzulenken. Anscheinend wollte er nicht darüber sprechen, das musste ich akzeptieren.

"Ich wollte nach dir sehen. Wie es dir geht und so. Du hast ja auf keine meiner Nachrichten geantwortet.", sagte ich und sah ihn traurig an. Mein Blick rutschte dabei immer wieder auf seine Wunden und ich verzog schmerzhaft das Gesicht. "Das muss doch höllisch wehtun."

"Wenn ich liege, gehts.", sagte er und berührte meinen Arm. Ich sah mittleidig zu ihm hoch, während er meinen Arm auf und ab strich.

"Dann leg dich besser wieder hin.", sagte ich, verschränkte unsere Hände und zog ihn sanft zu seinem Bett. Mailo legte sich hin, ließ seinen Blick dabei aber stets auf mich gerichtet. Mit einem müden Lächeln sah er mich immer noch an, als ich mich zu ihm ans Bett setzte.

"Kann ich irgendwas für dich tun?", fragte ich und fuhr ihm einmal durch seine Haare. Sie waren weich, wie das Fell eines Teddybären.

"Naja, du könntest mir nochmal die Salbe auftragen.", sagte er und fischte eine kleine Tube von seinem Nachttisch. Ich nahm diese entgegen, ehe ich sie aufschraubte. Mailo strich die Decke wieder von seinem Körper und ich machte mir etwas von der Salbe auf meinen Finger. Ich verteilte sie ganz sanft auf den Blutergüssen, doch trotzdem zischte Mailo manchmal schmerzvoll auf. Mit Mitleid erfülltem Blick sah ich ihn an und schloss die Tube wieder. Ich legte sie zurück auf den Nachttisch und verschränkte unsere Finger miteinander.

"Kann ich noch etwas für dich tun?", erkundigte ich mich. Mailo grinste und deutete mit seiner freien Hand auf seine Wange. Ich verstand und beugte mich nach vorne um ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken, jedoch spürte ich seine Lippen. Er hatte doch tatsächlich seinen Kopf gedreht, sodass meine Lippen auf seinen lagen. Sehnsüchtig küsste er mich und drückte meine Kopf näher an sich. Unsere Finger waren noch immer miteinander verschränkt, während ich mich mit der anderen Hand neben seinem Körper abstützte. Ich wollte nicht an seine Wunden kommen und ihm damit Schmerzen bereiten.

"Das habe ich jetzt gebraucht.", sagte er schmunzelnd und strich die Haare aus meinem Gesicht, als wir uns wieder lösten. Er lächelte mich an und klopfte leicht neben sich. "Bleibst du?"

"Nein, tut mir leid. Ich muss noch mit Flora in die Stadt ein Kleid für nächsten Freitag besorgen.", sagte ich und sah wieder auf die Wunden. Ich spürte seinen Finger unter meinem Kinn, welches er sanft in seine Richtung anhob.

"Mach dir deswegen keine Sorgen.", sagte Mailo, während er mit seinem Daumen über meine Unterlippe fuhr. Ich sah in seine gelb-grünen Augen und fühlte mich gleich viel wohler. "Und kauf ein hübsches Kleid. Ich will es nicht bereuen mit dir dahin zu gehen.", neckte er mich, worauf ich einfach nur schmunzelnd die Augen verdrehte und aufstand.

"Bis Montag?", ich drehte mich in der Tür nochmal zu ihm herum.

"Bis Montag."

~~~

"Oh mein Gott. Das muss ich auch anprobieren.", sagte Flora und schnappte sich das nächste Kleid. Schon mehrere hingen über ihrem Arm, alle verschieden. Manche kurz, manche lang, andere bunt und wieder andere schwarz. Ich hingegen hatte noch kein einziges gefunden. Keines sprach mich wirklich an.

"Ich dachte, gelb ist nicht deine Farbe?", fragte ich und begutachtete das Kleid, welches sie sich jetzt schon wieder von einer Stange nahm.

"Egal. Was ist eigentlich die Lieblingsfarbe von Alex?", hackte sie nach und drehte sich zu mir um. Flora hatte eindeutig schon zu viel Auswahl. Deswegen schob ich sie einfach weiter in die Umkleide. Ich hingegen machte mich alleine auf die weitere Suche.

"Wie findest du das?", fragte Flora und kam mit einem bodenlangen, trockengrünen Kleid aus der Kabine.

"Kaktus.", sagte ich nur, worauf Flora lachte. Denn dieses Kleid hatte wirklich die Farbe eines hässlichen Kaktusses. Sie verschwand wieder hinter dem Vorhang und ich drehte mich wieder zu der Stange.

Als ich endlich auch mal zwei Kleider gefunden hatte, welche mich ansprachen, verschwand ich ebenso hinter einem Vorhang. Das erste Kleid war dunkelrot und hatte einen Ausschnitt mit Spitze. Die Träger waren relativ breit und es fiel locker bis auf den Boden. Ich betrachtete mich im Spiegel und mein erster Gedanke war: 'Ganz sicher nicht das.'

Das zweite Kleid war eher beige. Auch dieses fiel locker bis auf den Boden, nur diesmal bestand es aus mehreren wie Tüchern. Der Rücken war etwas frei und der Rest mit einem weißen Blumenmuster bestickt. Im Spiegel sah es garnicht mal so übel aus.

Ich nahm das zweite und beriet Flora noch weiter bei ihrer Kleiderwahl. Denn sie war viel wählerischer als ich. Doch auch sie fand irgendwann eins, welches ihr gefiel und wir machten uns auf den Weg zu einem Schuhladen. Wiedermal hatte Flora dann zig verschiedene, zwischen denen sie sich nicht entscheiden konnte. Meine Wahl fiel relativ schnell auf High Heels, Farbe passend zum Kleid und mit kleinem Plateau. So würde ich wenigstens noch ein bisschen an die Größe von Mailo herankommen.


Jaja ich kann keine Kleidung beschreiben, aber dafür auch das Bild oben😅
LG

Prudence Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt