20. Große braune Augen

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P.O.V. Mailo

Ich musste einfach hier raus. Raus aus dem Haus. Weg von meinen Eltern. Doch nun stand ich irgendwo mitten auf dem Fußweg, irgendwo in Seattle und wusste weder wo ich war, noch wo ich eigentlich hin wollte. Zum Glück gibt es Google Maps, wodurch ich schnell meine Orientierung wiedererlangte. Trotzdem blieb noch die Frage: Wohin? Sollte ich nach irgend einem Club Ausschau halten und mich volllaufen lassen? Oder mich doch lieber in ein Sportkneipe setzten und irgend welche Matches angucken? Oder ich gehe zu der Person, welche mir gerade total den Kopf verdreht?
Letzteres gewann deutlich und ich machte mich auf den Weg zum Haus von Prudence.
Es war zwar mitten in der Nacht, aber was solls? Ich wollte eh wissen wie es ihr geht und eine SMS finde ich da zu lasch.

Als ich bei ihrem Haus angekommen war, kletterte ich gekonnt an der Fassade hoch und bemerkte sofort den ersten Fehler in meinem Plan. Zwar sind in so gut wie jeden Häusern die Schlafzimmer oben, aber sie hatte ja noch vier Brüder und Eltern mit wahrscheinlich jeweils einem Zimmer. Ich beschloss einfach in jedes Zimmer reinzuschauen und damit meine gewünschte Person zu erreichen.
Vorsichtig schlängelte ich mich an der Hauswand entlang und dankte innerlich dem Mond, dass er heute besonders hell schien, da ich sonst nichts gesehen hätte.
Hinter dem ersten Fenster lag ein Junge im Bett und schlief. Falsches Zimmer. Im zweiten saß ein braunhaariger Junge auf dem Bett und tippte grinsend etwas auf seinem Handy herum. Falsches Zimmer.

Beim dritten jedoch war ich richtig. Sie lag dort seelenruhig in ihrem Bett und schlief. Sie sah aus wie ein kleiner Engel, während sie wahrscheinlich in ihrer Traumwelt schwebte. So gern ich Prudence auch weiter beobachtet hätte, musste ich einfach anklopfen.
Nach dem ersten mal wälzte sie sich nur in ihrem Bett umher und schien nicht richtig wach zu sein. Nach dem zweiten mal schreckte sie nach oben und verzog schmerzerfüllt ihr hübsches Gesicht, während sie sich den Hinterkopf hielt.
Da sie mich aber immer noch nicht zu bemerken schien, klopfte ich ein drittes mal. Ihr Kopf drehte sich in meine Richtung und sie kam langsam auf mich zu. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als sie das Fenster öffnete.

"Was machst du hier und das mitten in der Nacht?", fragte sie und rieb sich ihre müden Augen. Gott das sah so niedlich aus.

"Ich wollte schauen wie es dir geht.", sagte ich, teils wahrheitsgetreu und zuckte mit den Schultern. Ich kletterte durch das Fenster in ihr Zimmer und natürlich schaute ich mich erst einmal kurz um. Es war ganz hübsch, aber dafür interessierte ich mich kaum. Ihre Augen waren viel interessanter, wodurch sie mich sofort wieder in ihren Bann zogen.

"Wie geht es dir?", fragte ich und musterte ihr Gesicht, ohne den Blickkontakt richtig abzubrechen. Dieses braun war einfach....

"Besser.", sagte sie kurz, doch man merkte, dass dies gelogen war. Darauf weiter rumreiten wollte ich eigentlich nicht, doch als ich das Pflaster an ihrem Kinn wahrnahm, musste ich einfach noch etwas dazu sagen.

"Sieht aber nicht so aus.", sagte ich und verdeutlichte mein Gesagtes mit einem kleinen Fingerverweis auf besagtes Pflaster. Nervös fing sie an daran herum zu spielen, so das ich es einfach tun musste.
Ich nahm ihre kleine, zarte und auch so weiche Hand in meine und verlagerte einen hauchsanfte Kuss darauf.

"Weist du, dass du echt schöne Augen hast?", sprach ich meinen Gedanken aus und wartete eine Antwort ab. Diese war ein kaum merkliches Kopfschütteln ihrer seit's. "Hast du aber. Sie sind so groß und haben so ein warmes braun, dass man sich nur darin verlieren kann."

Ich konnte einfach nicht anders und beugte mich nach vorne, um einen Kuss auf ihre Stirn zu drücken. Sie war im Gegensatz zu mir winzig klein, was mich aber keinesfalls störte. Es war sogar irgendwie schön, weil dadurch mein Beschützerinstinkt hervorgerufen wurde. Sie wirkte so klein und zerbrechlich.
Meine Lippen ließ ich noch kurz auf dieser Stelle ruhen, bis ich von ihr abließ und mich wieder ihren braunen Augen zu wand.

"Kann ich heute hier schlafen?", fragte ich total verunsichert. So kannte ich mich eigentlich garnicht. Normalerweise war ich der selbstbewussteste Mensch der Welt, aber jetzt war es irgendwie etwas anderes.
Doch ich wollte unbedingt Prudence Nähe spüren, denn diese ließ mich all meine Probleme vergessen. Und von diesen hatte ich wohl bemerkt mehr als genug.

Als sie dann auch noch leicht nickte, war ich vermutlich der glücklichste Mensch der Welt, bis mir meine Gedanken dazwischen kamen. Das ist total unhöflich. Erst lädst du dich praktisch selbst ein und dann willst du auch noch mit ihr zusammen in einem Bett schlafen. Ist das nicht too much?

"Darf ich auf der Couch schlafen?", fragte ich deshalb. Ihr Blick, welcher gerade ebenso vor Freude gesprüht hatte, sah jetzt etwas enttäuscht aus.

"Ich dachte... naja... also... dass du vielleicht mit in meinem Bett schlafen willst. So auf dem Sofa ist doch ganz schön unbequem oder?", bekam sie gerade noch irgendwie heraus und schaute nun auf den Boden. Doch als sie dann auch noch rot wurde, konnte ich nichts dagegen tun. Ich musste einfach vor Glück lachen. Vorsichtig legte ich meinen Finger unter ihr kleines Kinn und hob es sanft an, damit sie mir wieder in die Augen schauen konnte. Augenblicklich wurde sie noch roter.

"Ich würde nichts lieber als das tun.", flüsterte ich. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, ihre kleinen, roten Wangen zu küssen und gab mich diesem dann auch nach. Es war wie eine, ja fast schon Sucht, ihre Haut zu berühren, vor allem mit den Lippen. Sie war einfach so weich und makellos. Als ich mich wieder von ihr löste, musste ich einfach lächeln. Wie sie so dastand und mit ihren großen Rehaugen zu mir hochblickte. Einfach ein unbeschreiblich tolles Gefühl.

"Mach es dir bequem.", sagte sie und löste sich von mir. Doch als ich sah, dass sie Richtung Tür ging, fühlte ich mich doch etwas verarscht. Ich wusste nicht, dass sie gehen würde. Doch sie tat es.

"Wo willst du hin?", fragte ich leicht gekränkt. Sie wollte mich doch nicht wirklich einfach allein lassen, oder? Doch der kleine Schlüssel in ihrer Hand bedeutete mir das Gegenteil.
Schnell zog ich mir mein T-Shirt aus und lief ins Bad. Dort angekommen ging ich schnell aufs Klo, um mir danach die Hände zu waschen und in den Spiegel zu gucken.
Dort sah ich ein müdes, aber ziemlich glückliches Abbild von mir selbst. Ich hatte die letzten Nächte kaum geschlafen. Umso mehr freute ich mich auf den Rest dieser Nacht. Irgendetwas sagte mir, dass ich heute sogar sehr gut schlafen werde.

Nachdem ich mir noch ein bisschen Mut zugesprochen habe, zog ich mir meine Hose aus und ging in das Zimmer zurück. Dort lag Prudence auf ihrem Bett und beobachtete jede Bewegung von mir. Ich spannte meine Muskeln extra an, um sie zu beeindrucken und ließ sie weiter schauen. Leicht unsicher legte ich mich neben sie.
Was sollte ich jetzt tun?
Momentan lagen wir nur nebeneinander. Doch das wollte ich ändern.
Vorsichtig legte ich einen Arm um sie und zog sie näher an mich heran. So war es doch schon besser.

Völlig unerwartet legte sie ihren Kopf auf meine Brust und schlang ihre Arme um mich. Es war mit eines der berauschendsten Gefühle, welches ich je erlebt hatte. Das schönste Mädchen dieser Erde kuschelte sich tatsächlich an mich. Mein einer Arm rutschte runter zu ihrer Taille und ich hielt sie. Ich hielt sie in meinen Armen.
Als sie eingeschlafen war, strich ich ihr über ihre nach Apfel riechenden Haare. Dazu küsste ich ihren Scheitel und genoss noch einmal dieses Gefühl. Am liebsten würde ich sie 'mein' nennen, aber ich war mir nicht sicher, ob sie das überhaupt wollte. Und selbst wenn, würde ich alles kaputt machen. Es durfte nicht sein. Aber jetzt konnte ich ja erst einmal noch den Moment genießen.

So müde ich auch war, hielt ich mich noch mehrere Stunden wach, einfach um diesen unbeschreiblichen Moment zu genießen, bis ich der Natur dann doch nachgeben musste.

Jetzt wisst ihr auch, wie Mailo über das ganze denkt. Was haltet ihr davon?
Übrigens könnt ihr mir immer Fragen zu der Handlung, den Charakteren oder insgesamt stellen. Ich beantworte sie gern.;)

Prudence Where stories live. Discover now