48. Flüstern und Geraschel

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Sauer auf mich selbst kickte ich einen Kieselstein besonders grob weg und vergrub meine Hände in meinen Haaren. Wut aber gleichzeitig auch Trauer brodelten in meinem Inneren und schienen sich gerade zu vermischen.

"Hey alles in Ordnung?", fragte eine mir sehr vertraute Stimme. Tom kam auf mich zu und musterte mich besorgt.

"Ach alles ok.", log ich perfekt mit meinem besten Lächeln was ich momentan zu Stande bringen konnte. Zum Glück kaufte er mir es scheinbar ab.

"War... das eben dein Freund?", hackte Tom unsicher nach und lächelte gezwungen. Zwar war ich momentan total auf seine roten Haare fixiert, nickte aber. "Scheint ja nen ziemliches Arschloch zu sein, wenn er dich hier einfach stehen lässt."

"Er ist kein Arschloch.", schoss ich sofort zurück und sah auf den Boden. Ich fühlte mich irgendwie etwas schuldig. Tom hatte sich vor Wochen bei mir entschuldigt und hatte mir sogar seine Liebe zu mir gestanden, ich hingegen bin ihm aber immer aus dem Weg gegangen.

"Soll ich dich nach Hause bringen?", fragte Tom und versuchte nun herzlicher zu lächeln. Jedoch sah es eher aus wie eine Grimasse. Ihm musste es bestimmt fürchterlich wehtun zu wissen, dass ich nun vergeben bin.

"Das wäre wirklich nett.", nahm ich das Angebot schuldbewusst an. Wenigstens würde ich so heil nach hause kommen.

Dort angekommen war das erste was ich tat, unter die Dusche zu steigen. Das warme Wasser prasselte auf mich herab und schien meine Gedanken im heißen Dampf zu ersticken. Ich wusste nicht mehr wie lange ich schon unter der Dusche stand, doch als meine Finger langsam etwas schrumpelig wurden entschied ich, das Wasser abzustellen. Meine Haare föhnte ich leicht an und machte sie danach zu einem unordentlichen Dutt. Danach schmiss ich mich mit meinem Gesicht in den Kissen vergraben ins Bett und versuchte einfach kurz abzuschalten.

Doch mein Gehirn schien dies nicht zu wollen, den meine Gedanken begannen wieder zu tanzen. Ich ganz allein war schuld an unserer Auseinandersetzung. Ich hätte Mailo einfach nicht unter Druck setzten sollen, denn er wollte nicht darüber sprechen. Doch zum Anderen verschwieg er mir scheinbar etwas und meiner Meinung nach hatte ich das Recht, dies zu erfahren. Schließlich kramte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und wählte die Nummer von Flora. Es dauerte ungewöhnlich lang, bis sie ranging.

"Ähm ja?", ging sie ran und klärte sofort danach ihren Hals. Rascheln im Hintergrund war zu hören und irgend ein Geflüster von Stimmen.

"Hast du Zeit zum Reden?", kam ich gleich auf den Punkt. Flora atmete kurz tief durch, ehe erneutes Rascheln, leises Flüstern und schließlich ein kleines 'ja' kam.

"Was ist denn los?", fragte Flora und schien sich nun an einen anderen Ort begeben zu haben, denn die Geräusche waren verschwunden.

"Mailo und ich hatten wieder eine kleine Auseinandersetzung.", sagte ich und wartete ihre Reaktion ab. Da Flora aber keinen Ton von sich gab, dachte ich einfach sie würde mir zuhören. "Eigentlich wollten wir ja jetzt bei Mailo sein, aber er meinte aus einmal, er habe doch keine Zeit. Naja, und nachdem ich ihn dann gefragt habe warum, blockte er wieder ab. Darauf habe ich ihn dann mit dieser Lügengeschichte konfrontiert.", erklärte ich so knapp wie es ging.

"Und... was hat Mailo dann gesagt?", hackte Flora nach. Eine kleine Träne löste sich aus meinen Augen und rollte über meine Wange.

"Dann ist er einfach weggefahren.", sagte ich und zog, wie schon auf dem Parkplatz scharf die Luft ein. "Was soll ich den jetzt machen?"

"Wie wärs wenn du einfach mal zu ihm fährst und dich entschuldigst. Gleichzeitig könntest du ja gucken, was er den gerade so wichtiges treibt.", schlug Flora vor. Diese Idee klang nichtmal so schlecht. Nur gab es da ein kleines Problemchen.

"Hast du eine Ahnung, wo meine Brüder sind? Also Enzo ist auf ner Party, aber der Rest?", grübelte ich und dachte angestrengt nach. Genau da haben wir es wieder. Ich hatte keine Ahnung mehr, wo meine Brüder sind und was sie machen. Doch Floras Schweigen machte mich etwas misstrauisch. "Flora Valentina Goldstein, was verschweigst du mir?", hängte ich grinsend dran.

"Alex ist bei mir.", sagte Flora und man hörte eindeutig, dass sie sich ertappt fühlte. Mein Grinsen wurde breiter und besserte meine Laune schlagartig.

"Ich will morgen alle Details wissen.", sagte ich gespielt streng. Denn Flora und Alex turtelten schon seit gewisser Zeit etwas herum, doch zusammen waren sie irgendwie noch nicht. Also zumindest nicht, soweit ich weiß. "Das klärt aber immer noch nicht, wo Sam und Lance sich herumtreiben."

"Kann dir doch jetzt egal sein. Geh einfach zu deinem Loverboy und klärt das.", sagte Flora, wahrscheinlich nun ebenfalls mit einem Grinsen im Gesicht.

"Jetzt du nicht bitte auch noch.", sagte ich und schüttelte leicht meinen Kopf. Mir reichte es schon, dass meine Brüder ihn so nennen. Jetzt auch noch sie.

"Doch und ich leg jetzt auf. Tschüss.", kam es noch aus dem Hörer, bevor es durch das altbekannte Tuten ersetzt wurde. Anstatt mich aber lange darüber aufzuregen, schnappte ich mir Kopfhörer und ein bisschen Geld für eine Fahrkarte, um danach mit dem Bus zu Mailo zu fahren.

Für mich ist alleine Bus fahren irgendwie immer etwas entspanntes. Du kannst einfach nur dasitzen, Musik hören, aus dem Fenster gucken und andere Leute beobachten. Zar fuhr ich nicht so oft mit dem Bus, aber wenn dann genoss ich es. Doch dieses Mal kam mir die Fahrt so endlos lang vor.

Irgendwann kam ich endlich an und sah auf das Grundstück der Millers. Sowohl Mailos, als auch das Auto seiner Mutter standen in der Einfahrt vor dem Haus. Also waren sie sehr wahrscheinlich allesamt zu Hause. Ich lief den kleinen Weg bis hin zu der Eingangstür. Kurz hielt ich inne, ehe ich die Klingel betätigte. Nachdem niemand reagierte versuchte ich noch ein zweites Mal.

Doch bevor ich ein drittes Mal klingeln konnte bemerkte ich, dass die Tür nur angelehnt war. Sollte ich sie öffnen? Schließlich war das doch ziemlich unhöflich oder?

Ich entschied mich dann doch dazu, diese zu öffnen auch wenn mir der neue Anblick das Blut in meinen Adern gefror.

Sorry mieser Cut ich weiß :)

Prudence Where stories live. Discover now