10. Für kleine Mädchen

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"Pass doch mal auf.", sagte er zu seiner kleinen Schwester und ging sofort in die Küche.

"Tschuldigung.", sagte Jamila kleinlaut und blickte auf den Boden.

"Macht nichts.", beruhigte ich sie.

Mailo kam ziemlich schnell mit einer Rolle Küchenpapier wieder die er mir reichte. Ich versuchte meine Kleidung zu trocknen, aber vergeblich. Der Apfelsaft klebte einfach überall.

"Komm mit ich geb dir was anderes zum Anziehen.", sagte er und nickte Richtung Flur. Ich folgte ihm und wir gingen die Treppe hoch in einen großen Gang. Wir liefen bis zu dem einen Ende des Ganges und er öffnete die Tür.

"Tja also das ist mein Zimmer.", sagte er und ließ mich als erstes eintreten. Es war relativ groß, schlicht eingerichtet und hatte eine Wand, welche nur aus Fenstern bestand. Von dort aus konnte man perfekt in den großen Hintergarten blicken, welcher auch vor Pflanzen nur so strahlte. Hinter diesem begann auch ein großer Wald.
Die Farben des Zimmers waren in weiß und einem sanften dunkelblau gehalten.
Möbel standen nicht viele drin. Ein weißer Kleiderschrank, ein Schreibtisch, neben diesem ein Bücherregal, ein großes Bett und was mir am meisten ins Auge stach, war das kleine Aquarium. Es war halb in die Wand eingebaut und viele kleine und große bunte Fische schwammen darin herum.

"Gefällt es dir?", fragte mich Mailo, welcher inzwischen neben mir stand und mich wahrscheinlich die ganze Zeit beobachtet hatte, wie ich sein Zimmer musterte. Er lächelte, aber nicht so hinterlistig wie sonst immer. Es war ein freundliches lächeln wie bei seiner Mutter.

"Ja es ist echt schön.", sagte ich und ließ meinen Blick erneut kurz durch das Zimmer gleiten. Mailo lief zu seinem Kleiderschrank und fing an, ihn zu durchwühlen. Es dauerte einige Minuten bis er etwas gefunden hatte.

"Hier. Du kannst dich da im Bad umziehen.",sagte er, hielt mir ein T-Shirt hin und nickte Richtung einer anderen Tür, die mir erst jetzt auffiel. Ich nahm ihm das Shirt ab und verschwand im Bad. Normalerweise würde ich nicht einfach so Sachen von Fremden anziehen, da der Apfelsaft aber so abnormal an mir klebte, hatte ich wohl keine andere Wahl.
Nun betrachtete ich das T-Shirt genauer. Es musste schon etwas älter sein, denn es war für mich zwar viel zu groß, für Mailo aber wäre es bestimmt Bauchfrei.

Ich zog mein pitschnasses Shirt aus und trocknete mich einfach mit dem nächstbesten Handtuch ab. Dann schlüpfte ich in Mailo's Oberteil und faltete meins zusammen. Es war echt ziemlich groß und ging mir bis über die Oberschenkel und die Ärmel bis zum Ellenbogen.

Ich ging aus der Tür und fand ihn wartend auf seinem Bett sitzend vor.

"Süß.", sagte er als ich aus der Tür trat und betrachtete mich. Mir war es irgendwie unangenehm, weswegen ich rot anlief.

"Komm ich geb das meiner Mutter. Die kann das gleich waschen.", meinte er, stand auf und wollte mir mein nasses Shirt wegnehmen. Ich blickte nach oben und unsere Augen trafen sich. Man das ist echt ne richtig hübsche Augenfarbe. Im Allgemeinen hat er echt schöne Augen. Verdammt, an was denk ich da gerade?

Ich drückte ihm mein Shirt leicht an denn Bauch, um zu signalisieren, das er es seiner Mutter geben kann. Eigentlich machte ich das nur, damit unser Blickkontakt unterbrochen wurde. Er nahm es an, ließ seine Augen aber trotzdem noch auf meinen ruhen.

"Kommt ihr bitte zum Essen?", rief seine Mutter von unten hoch. Ich tat so als würde ich mich erschrocken an die Stimme wenden, in Wirklichkeit aber wollte ich den Blickkontakt jetzt abbrechen. Es machte mich irgendwie verdammt verlegen, in seinem Zimmer, in seinem Shirt zu ihm hoch zu gucken und ihn anzustarren.

~~~

Es war jetzt inzwischen Freitag. Um genauer zu sein die letzte Stunde. Mathe. Mit Mailo. Wir hatten uns ausgemacht, heute weiter an unserem Vortrag zu tüfteln. Am Mittwoch waren wir nicht gerade weit gekommen. Das Einzige, was wir geklärt haben war, dass wir zusätzlich zum Vortrag so etwas wie ein kleines Tagebuch machen wo wir alle Erfolge der Raumfahrt eintragen. Im Vortrag selber, wollen wir darauf eingehen und noch dazu auf all die physikalische Gesetzte die dabei überwunden wurden und wie. Nur hatten wir dazu noch nichts aus dem Internet oder so rausgesucht. Je eher wir damit fertig sind, desto besser.
Während des Unterrichts spürte ich immer wieder den blick von Mailo auf mir ruhen, ignorierte ihn aber einfach.

Als endlich die Schulglocke ertönte packte ich mein Zeug zusammen und wollte gerade rausgehen, als er mich am Handgelenk festhielt.

"Wo willst du denn hin?", fragte er mich.

"Ich muss mal für kleine Mädchen.", sagte ich und sah ihn genervt an.

"Kleine Mädchen.", sagte er und lachte auf.

"Das heißt nun mal so, Idiot.", protestierte ich.

"Ich mein ja nur, es passt halt zu dir.", sagte er immer noch grinsend.

"Es sind halt nicht alle so groß wie du.", sagte ich und verdrehte die Augen.

"Und nicht alle so klein wie du.", konterte er.

"Tschüss Süße. Bis morgen.", sagte Flora und umarmte mich noch schnell von der Seite, bevor sie halb aus dem Zimmer rannte.

"Also geh jetzt mal auf's Klo, ich hab keine Lust hier Wurzeln zu schlagen.", sagte Mailo grinsend. Manchmal denke ich echt der kann nicht ohne Grinsen.

Wir fuhren wieder gefühlt durch ganz Seattle bevor wir bei ihm ankamen. Seine Mutter hatte diesmal das Essen schon fertig und direkt nach dem Essen, verzogen wir uns in seinem Zimmer. Ich saß im Schneidersitz auf seinem Bett und suchte im Internet nach Fakten, während er an seinem Schreibtisch saß und ein Buch über Raumfahrt durchblätterte. Beide schwiegen wir.

"Ließ das mal.", sagte er, reichte mir das Buch und zeigte auf besagten Absatz. Ich nahm es ihm aus der Hand und laß diesen. Es war wirklich interessant, weshalb ich mir dazu gleich Notizen machte. Mailo beobachtete mich dabei. Das schien er irgendwie oft zu machen, auch wenn es am Anfang komisch war gewöhnte ich mich glaube daran. Es war zwar immer noch seltsam, aber nicht mehr so lästig.
Ich gab ihm das Buch zurück, welches er dann einfach zuklappte und auf den Tisch legte.

"Ich hab keinen Bock mehr, lass uns was anderes machen.", sagte er ernst und musterte mich erneut. Was denkt der denn? Das sich der Vortrag von alleine macht?

"Wir müssen aber noch ganz schön viel an diesem Vortrag arbeiten, das weist du schon oder?", fragte ich ihn und zog meine Augenbrauen nach oben.

"Ja aber wir haben doch noch lange Zeit. Da ist es doch egal ob wir für heute Schluss machen.", sagte er und spielte an der Hülle seines Handys rum.

"Wann soll ich dich eigentlich nach Hause bringen?", fragte er mich nach kurzer Stille. "Also du kannst natürlich so lange bleiben wie du willst Prinzessin, aber ich glaube das fänden deine Bodyguards nicht sooo prickelnd.", fügte er noch grinsend hinzu. Ja alles klar. Als ob ich hier bleiben würde.

"Wenn es ok für dich wäre, würde ich heute mit zum Training fahren. Meine Brüder und ich wollten noch ins Kino und da dachten sie, das du mich ja gleich zu eurem Training fahren kannst und sie mich danach gleich mitnehmen. Währe das in Ordnung?", sagte ich und blickte ihn an. Als ich erwähnte das ich mit zum Training kommen würde, funkelten seine Augen regelrecht vor Freude. Wegen mir? Ach garantiert nicht. Bestimmt bilde ich es mir nur ein.

"Tja da musst du es wohl noch ein bisschen mit mir aushalten, da ich erst in ca. einer Stunde losfahre.", sagte er und wackelte mit seinen Augenbrauen.

Prudence Where stories live. Discover now