Kapitel 10

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Can POV

Ich konnte es nicht fassen. Leyla und ich hatten uns tatsächlich gegenseitig das Versprechen gegeben. Als ich sie nach Wochen zum ersten Mal wieder gesehen hatte, war ich etwas schockiert. Sie sah dünner aus, sah müde aus, erschöpft, kaputt und einfach am Ende. Viel schlimmer, als ich erwartet hätte. Sie tut mir leid. Sie war unnormal still und traute sich überhaupt nicht mich anzuschauen. Schämte sie sich so sehr? Ich wollte es unbedingt wissen. Ich wollte wissen, welcher Bastard ihr das angetan hatte. Ich wollte wissen, wer sie angefasst hatte. Ich wollte wissen, wer ihr Leben zerstört hatte. Ich würde es noch heraufinden. Als es etwas später wurde, hatte ich noch etwas zu erledigen. Mert schlägerte sich mit einem meiner Kumpels, weswegen dort ein Kampf herrschte. Einer meiner Kumpels, der dort anwesend war hatte mich angerufen, damit ich das beende. Mert muss ständig irgendeine Scheiße machen. Ich hatte ihm schon so oft gesagt, dass er sich hier nicht blicken lassen soll. Das sind meine Straßen. Zur Sicherheit trage ich, wenn es hart auf hart kommt immer eine Waffe bei mir. Also nahm ich meine schwarze Bomberjacke und machte mich auf den Weg.
"Was ist hier los?", fragte ich, als ich nun da war. Wir befanden uns in einer unbekannten Gasse. Hier waren ungefähr acht Leute oder so anwesend und alle schwiegen sofort, als sie mich erblickten. Mert grinste, als er mich erblickte und kam auf mich zu. Davor hatte er noch meinen Kumpel zusammen geschlagen. Ich blickte ihn ernst an. Alle wussten, wie sehr wir uns hassten und blickten uns ängstlich an. Als wären wir zwei aggressive Straßenhunde.

"Ah, Can. Schön dich wiederzusehen. Was führt dich zu uns?", fragte er mich amüsiert. Dieses Arschloch.
"Was soll das? Was tust du hier?", fragte ich ihn auffordernd.
"Ach, komm schon. Mir war langweilig und da dachte ich mir, dass ich mit paar deiner Kumpels mal ein wenig spiele", erklärte er. Dieser Miskerl provozierte mich, doch ich ließ es mir nicht anmerken. Man darf dem Feind niemals einen Vorteil verschaffen. Diesen könnte er nämlich ganz leicht ausnutzen.
"Mert. Ich meine es ernst. Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dich hier nicht blicken lassen sollst?", fragte ich ihn wütend.
"Oft genug. Aber wieso sollte ich auf dich hören? Denkst du etwa, dass ich Angst vor dir hätte?", fragte er mich und schlug mir ins Gesicht. Ich fing an zu bluten, grinste aber nur.
Das sollte ein Schlag gewesen sein? Er blickte mich skeptisch an, woraufhin ich ihm in den Magen schlug. Ich schlug ihn so oft und so lange, bis er vor mir kniete. Er sah zu mir hoch und grinste, während er blutete.
"Mich schlagen kannst du. Aber mich töten, das schaffst du nicht", meinte er dann und ich kniete mich zu ihm.
"So schlecht bin ich nicht, dass ich einen einfachen Menschen umbringe. Ich bin nicht wie du", sagte ich, woraufhin er schwieg und blickte mich dann um.

"Hat hier sonst noch jemand was zu sagen?", fragte ich dann etwas lauter, woraufhin alle zusammen zuckten. Keiner sagte etwas. Keiner traute sich. Dann blickte ich wieder Mert an.
"Irgendwann wirst du es noch bereuen, Can. Irgendwann wirst du derjenige sein, der am Boden liegt", meinte er ernst zu mir, woraufhin ich nur grinste.
"Ich lag noch nie am Boden. Ich war immer der beste und das weißt du. Versuch nicht gegen mich zu kämpfen", sprach ich, stand auf, drehte mich um und wollte gehen.
"Ach ja? Irgendwann werde ich dich fertig machen. Jetzt lachst du noch darüber, aber irgendwann und das schwöre ich dir, werde ich dir das nehmen, was dir am Wichtigsten auf dieser Welt ist. Wieder. Dann bist du nämlich am Boden. Genau du, Can Yalçin", erklärte er laut. Er meinte das wohl sehr ernst. Ja, schon damals hatte er mir vieles genommen und ließ mich nicht in Frieden. Er wollte mir drohen. Doch das war mir egal. Ich drehte mich zu ihm.

"Bevor du mir das, was mir am Wichtigsten auf dieser Welt ist nehmen kannst, musst du erst einmal herausfinden, was mir am Wichtigsten auf dieser Welt ist", sagte ich und ging. Mit meiner rechten Hand wischte ich mir das Blut weg. Na toll. Da hatte man eigentlich nur vor an einem Abend sich zu entspannen und was passiert? Man wird in eine Schlägerei verwickelt. Aber na ja. Das bin ich schon gewohnt. Ich ging diese unendlich lange Straße entlang, bis ich jemanden sah. Das ist nicht möglich. Was tut sie denn um diese Uhrzeit draußen?, fragte ich mich fassungslos. Es war Leyla. Sie weinte, fuhr sich durch ihre langen, braunen Haare und lief die Straße entlang. Ist sie vollkommen verrückt geworden? Um diese Uhrzeit einfach so alleine raus zu gehen. Will sie etwa, dass ihr ein zweites Mal so etwas passiert?!

Sofort ging ich auf sie zu und hielt sie am Handgelenk fest, woraufhin sie sich erschrak. Als sie erkannte, dass ich es war, beruhigte sie sich.
"Bist du dumm oder so? Ich hatte gerade voll Panik-Can? Was ist mit deinem Gesicht? Du blutest", fragte sie in einem ruhigen, besorgten Ton und schluchzte. Davor klang sie ziemlich aufgebracht. Sie blickte mich perplex an. Ich seufzte und verdrehte meine Augen.
"Was läufst du um diese Uhrzeit hier alleine rum? Was tust du hier? Warum weinst du?", fragte ich sie und klang bei der letzten Frage etwas sanfter, woraufhin sie seufzte.
"Hast du dich wieder geschlägert?Warum begiebst du dich immer in Gefahr? Warum kannst du nicht auf dich aufpassen?", fragte sie mich wiederum. Wir beide wollten von dem jeweils anderen Antworten.

Sie nahm ein Taschentuch aus ihrer Tasche und wischte mir das Blut ab. Es überraschte mich etwas, wie sie sich um mich kümmerte.
"Wegen Mert", gab ich ihr nur als Antwort. Sie nickte.
"Ich war traurig und habe mich ziemlich eingeengt gefühlt. Deswegen bin ich raus gegangen, um meinen Kopf frei zu kriegen. Also habe ich mich raus geschlichen", erzählte sie und ich nickte nur stumm.
"Es ist gefährlich, Leyla. Was, wenn sie dich-", weiter sprach ich nicht.
Was, wenn sie Leyla gesehen hätten? Was, wenn Leyla uns gesehen hätte? Das wollte ich nicht. Da durfte nicht passieren. Sie blickte mich erwartungsvoll an, doch ich schüttelte nur den Kopf.
"Egal. Komm", sagte ich nur und ging voraus.

Leyla POV

Warum begegne ich Can immer, wenn ich es nicht erwarte? Er ging voraus. Was er wohl gerade sagen wollte? Ich musterte ihn. Er trug eine schwarze Bomberjacke, darunter einen schwarzen Pullover, eine schwarze Jogginghose und seine schwarzen Sneaker. Seine lockigen, schönen Haare hingen ihm im Gesicht. Meine Güte, wie ich seinen Style liebe. Wie ich sein Aussehen liebe. Eigentlich bin ich sehr froh, dass er gekommen ist. Mir hätte alles Mögliche passieren können. Ich wischte mir meine Tränen weg und folgte ihm. Dann gingen wir nebeinander her. Can zog plötzlich seine Jacke aus und legte sie um mich. Sie roch so gut, nach ihm und war sehr groß, weswegen sie mich wärmte.

"Danke", sagte ich mit einem kleinen Lächeln, woraufhin er nur nickte. Er ist so süß. Am liebsten hätte ich ihn jetzt umarmt und nie wieder los gelassen. Als wir nun vor meiner Haustür standen, war es Zeit sich voneinander zu verabschieden.
"Kümmer dich um deine Wunde", sagte ich und er nickte.
"Wein nicht mehr, okay? Alles wird gut", erwiderte er vertraut, woraufhin ich ihn einfach umarmen musste. Das klang nach einem Versprechen. Alles wird gut. Er ist einfach viel zu süß. Ich brauche das einfach jetzt. Seine Wärme, seine Nähe. Seinen unwiderstehlichen Duft. Er erwiderte die Umarmung und streichelte meinen Kopf. Es kam einfach über mich. Ich wollte seine Nähe unbedingt spüren und es tat mir mehr als gut. Diese Nähe, seine Nähe gab mir ein sicheres Gefühl. Ich fühlte mich wohl, geborgen und vorallem beschützt. So etwas hatte ich noch nie gefühlt. Ein schönes Gefühl, dass niemals zu Ende gehen sollte und durfte.

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