Kapitel 39

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Leyla POV

Alles ist dunkel. Alles ist finster. Alles wirkt verloren. Der Weg, den ich entlang laufe, scheint unendlich. Ich renne wie nie zu zuvor. Meine Füße schmerzen, mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich trage die letzte Hoffnung, die ich noch habe, mit mir. Vor meinen Augen hatte ich alles gesehen. Das Blut, den Schmerz, die Gefahr. Einfach alles. Ich höre ein teuflisches Lachen. Ein Lachen, welches mir noch mehr Angst einjagt. Dieses eine Lachen, welches mich ständig verfolgt. Zitternd drehe ich mich um und ein lauter Knall ertönt. Das Letzte, was ich sehe, ist eine Person, die von weitem auf die Knie fällt. Wie ich. Ich kneife meine Augen etwas zusammen, um diese Person zu erkennen.Can...Nein!

"Leyla!", rief jemand meinen Namen und ich schlug panisch meine Augen auf. Can hatte mich wieder geweckt. Er hatte mich gerettet. Mal wieder. Er half mir, mich aufzusetzen und zitternd blickte ich ihn ängstlich an. Er seufzte und streichelte behutsam meinen Kopf.
"Alles ist gut, Leyla. Es war nur ein Traum", versuchte er mich, mit den gleichen Worten, wie jede Nacht zu beruhigen. Mir kamen die Tränen, da ich es langsam wirklich satt hatte. Jede verdammte Nacht hatte ich diese furchtbaren Alpträume. In jedem Traum starb entweder Can oder ich oder wir wurde auf irgendeine absurde Art und Weise getrennt. In meinen Träumen sah ich auch jedes Mal Mert und eine mir unbekannte Frau. Schwarze, lange Haare. Grüne Augen. Sie kam mir jedes Mal, wenn ich sie in meinem Träumen sah, so unheimlich bekannt vor. Doch ich konnte sie einfach nicht erkennen. Wer war sie? Ich legte meine Hand auf meine Brust und schloss beruhigt meine Augen. Beruhige dich, Leyla. Es war nur ein Traum. Auch wenn es sich jedes Mal so unheimlich real anfühlte, war es am Ende nur ein Traum. Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, öffnete ich wieder meine Augen und blickte in Cans besorgtes Gesicht. Er wirkte verunsichert und ratlos. Ich hatte solch ein Glück mit ihm. Ich hatte ihn überhaupt nicht verdient. Er war so ein herzensguter, sorgsamer Mensch und ich als seine Frau bereitete ihm nur Schwierigkeiten und Sorgen. Welcher Mann würde es mit so einer nervigen Frau schon aushalten?, dachte ich mir schuldbewusst.

"Ich kann nicht mehr", sagte ich dann leise und senkte meinen Blick. Can sagte nichts, sondern hörte mir nur zu.
"Diese Träume machen mich fertig. Sie fühlen sich so echt an und machen mir ziemlich Angst. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Verzeih mir", sprach ich beschämt.
"Warum entschuldigst du dich?", fragte Can mich verwirrt.
"Weil ich so lästig bin. Ständig musst du dich um mich kümmern, als wäre ich ein kleines Kind, obwohl du dich um andere Dinge kümmern solltest", erklärte ich, woraufhin er meine Wange streichelte und ich ihm in die Augen schaute.
"Habe ich dir nicht gesagt, dass ich dich mit allem was ich habe beschützen und mich um dich kümmern werde? Du bist meine Frau und ich liebe dich. Egal ob du krank, wütend, traurig oder verletzt sein solltest, ich bin immer für dich da, weil du das selbe auch für mich tust. In einer Ehe muss man zueinander halten und füreinander da sein", sagte er sanft und liebevoll. Er wischte mir meine Tränen weg, woraufhin ich leicht lächelte. Er hatte es wieder geschafft, mich glücklich zu machen. Dieser Mann war wahrlich mein Schutzengel.
"Okay?", fragte er dann sanft. Ich nickte und er nahm mich in seine Arme. Diese schöne Umarmung wurde jedoch durch ein Klingeln unterbrochen. Cans und mein Handy klingelten komischerweise gleichzeitig. Um diese Uhrzeit? Wir beide gingen verwundert ran und blickten uns, keine Sekunde später, gegenseitig geschockt an.

Mert hatte mich angerufen. Wer Can angerufen hatte, wusste ich nicht. Mert wollte, dass ich nach draußen gehen und einfach losgehen sollte. Ich sollte keine weiteren Fragen stellen. Ich traute mich überhaupt nicht zu widersprechen und brachte nur ein leises "Okay" raus. Can und ich legten beide gleichzeitig auf und blickten uns wieder gegenseitig an.
"Mert", sagte ich.
"Aleyna", sagte er. Ich zitterte am ganzen Körper. Was wollten Mert und Aleyna von uns?Steckten die beiden etwa gemeinsam unter einer Decke? War das möglich? Can und ich zogen uns unsere Jacken an und begaben uns gemeinsam nach draußen. Wir beide waren nervös und bekamen es mir der Angst zu tun. Warum wir? Alles war finster, durch den Nebel konnte man fast nichts erkennen. Kein einziges Auto war auf den Straßen zu sehen. Es war so, als wären wir die einzigsten Menschen in der gesamten Stadt. Es war beängstigend. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wir beide bekamen dann nach einiger Zeit gleichzeitig eine Nachricht.

"Nach Rechts", hatten Mert und Aleyna uns geschrieben. Woher wussten sie, dass wir von hier aus nach Rechts gehen konnten? Wir hätten auch so gut in einer Gasse, die nur geradeaus führt, sein können. Beobachteten sie uns? Es war einfach wahnsinnig. Die beiden waren wahnsinnig. Sie spielten mit uns. Wir waren ihre Marionetten. Plötzlichen vernahmen wir ein lautes Lachen aus einer Richtung und drehten uns sofort um. Wie aus dem Nichts waren zwei Gestalten zu erkennen. Ein Mann und eine Frau. Ja, eindeutig. Die zwei Personen, kamen langsam auf uns zu und nun konnten wir erkennen, wer sie waren. Natürlich Mert und Aleyna. Beide hatten ein teuflisches Grinsen auf dem Gesicht und standen uns nun gegenüber. Ich sah Aleyna genauer an und sie kam mir dann sofort bekannt vor. Ich kannte sie.  Lange , schwarze Haare, dunkelgrüne Augen. Sie war die Frau aus meinem Traum.

Noch bevor ich mit Can geheiratet hatte, hatte ich sie gesehen. Ich hatte sie mit ihm zusammen damals auf der Straße gesehen und ich hatte mitbekommen, wie Can mit ihr mal telefoniert hatte. Er hatte ihr damals klar gemacht, dass sie ihn in Ruhe lassen soll. Also ist das Cans Exfreundin, dachte ich mir. Ich hätte niemals gedacht, ihr mal gegenüber zu stehen. Sie hatte sich also doch mit Mert zusammen getan. Die beiden steckten tatsächlich unter einer Decke.
"Nett dich kennenzulernen, Leyla", sagte Aleyna mit einem falschen Lächeln und hielt mir ihre Hand hin. Ich jedoch reichte ihr meine Hand nicht und blickte sie ernst an, woraufhin sie nur lachte. Ich traute ihr nicht.
"Du hast mir ja gar nicht erzählt, wie unfreundlich sie doch ist, Mert", meinte Aleyna amüsiert zu Mert. Er lächelte.

"Nein, nein. Glaub mir, Aleyna. Diese Frau ist viel zu gut für diese Welt. Sie ist ziemlich interessant. Der erste Eindruck täuscht", sagte er.
"Was du nicht sagst", meinte sie und musterte mich neugierig. Dabei wurden ihre grünen Augen dunkler. Sie durchbohrten mich. Ich verstand nichts mehr und blickte die beiden nur noch perplex an. Auch Can schien komplett verloren. Er wusste wohl auch nicht, was hier vor sich ging. Die beiden jedoch wussten sehr viel und hatten wohl auch noch sehr viel vor. Was war ihr Plan?
Was war ihr gemeinsames Ziel, was sie verband? Ich wusste schon zu diesem Zeitpunkt, dass diese Nacht noch sehr lang werden würde. Sie wird unendlich, beängstigend, wahnsinnig und gefährlich.

ZwangsheiratWhere stories live. Discover now