Kapitel 76

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Aleyna POV

Ich bin sehr überrascht gewesen, als ich Cans Namen auf dem Display gesehen habe. Doch noch überraschter war ich und noch seltsamer wurde es, als er sich plötzlich so anders mir gegenüber verhalten hat. Es kommt mir gerade vor, als wären wir wieder in der Vergangenheit. Damals hatte er mich auch immer Aşkim (Meine Liebe) genannt. Ich habe das vermisst. Ich habe seine Stimme vermisst. Seine Art. Ihn. Doch so ganz trauen kann ich ihm nicht. Auch wenn mein Herz allein wegen seiner Stimme wie verrückt schlägt.
"Warum rufst du mich an?", frage ich ihn etwas misstrauisch. Er seufzt.
"Was soll ich sagen? Damals warst du auch immer die erste und die einzige gewesen, zu der ich gekommen bin, wenn mich alles ankotzte. Du warst immer die, der ich vertrauen konnte. Es ist einfach zurzeit alles scheiße", erklärt er mir und klingt betrübt. Er klingt genau wie damals. Es fühlt sich so an, als wäre ich viele Jahre zurück in die Vergangenheit gereist, nur um ihn noch einmal so zu erleben.
"Wieso? Was ist passiert?", frage ich ihn nun neugierig und setze mich hin. Gespannt höre ich ihm zu.
"Ich bereue alles, Aleyna. Wäre ich doch nur damals bei dir geblieben. Leyla und ich haben uns getrennt. Ich habe einfach keinen Bock mehr auf sie. Sie gibt mir keinen Freiraum und ist zu emotional. Außerdem macht mir diese Vaterrolle ziemlich zu schaffen. Ich will mein altes Leben wieder zurück. Ich will dich wieder zurück. Aleyna, es tut mir leid", erklärt er. Ja, ich glaube ihm. Es klingt nicht nach einer Lüge. Er spricht die Warheit, da bin ich mir sicher. Es war mir klar gewesen, dass diese Ehe von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Can hat es satt. Zu ihm passt dieses Leben nicht. Er ist wieder der Alte. Ich höre ihm weiter zu, da er weiter spricht.
"Ich weiß, dass ich nicht der beste Freund gewesen war. Ich habe nie auf deine Gefühle geachtet, dich oft vernachlässigt und dich letztendlich verlassen. Aber, Aleyna, du weißt, wie ich bin. Ich habe einfach keine Lust auf diesen ganzen emotionalen Scheiß. Du hast das immer akzeptiert und mir ist bewusst geworden, dass du die einzige bist, mit der ich wirklich in einer Beziehung sein kann", sagt er. Doch ich bin mir irgendwie unsicher. Was, wenn er nur mit mir spielt?

"Can, ich-ich weiß nicht", sage ich leise. Ich bin einfach noch zu misstrauisch ihm gegenüber. Ob ich ihm vertrauen kann?
"Ach, Baby. Du weißt nicht, wie sehr ich dich vermisst habe. Deine Schönheit, deine Stimme, deine Nähe, dich. Aleyna, ich muss dich einfach sehen. Bitte", fleht er mich an. Noch nie hatte er mich angefleht, weswegen ich ihm immer mehr glaube. In unserer Beziehung hatte er sehr selten gefleht. Nur, wenn er wirklich etwas vermasselt hatte und sich aufrichtig bei mir entschuldigte. Und das kam vielleicht nur einmal vor. Daran merke ich, dass Can noch an mir hängt. Ich atme tief ein und wieder aus. Dann schließe ich kurz meine Augen. Ja, auch ich will ihn unbedingt sehen, denn schließlich liebe ich ihn wie verrückt. All das tue ich schließlich nur für ihn. Nur ihm zuliebe bin ich so eine Person geworden und habe mich auf Mert eingelassen. Auch wenn dieser mit seinen verrückten Plänen oft Grenzen überschreitet.
"Okay. Sag mir, wo du bist. Ich komme zu-", er unterbricht mich.
"Nein, Canim (Meine Seele). Ich werde zu dir kommen. Deine Adresse weiß ich ja. Bis gleich", sagt er und legt auch schon auf. Zum Glück bin ich Zuhause und bin nicht länger bei Mert geblieben. Ich denke, dass heute ein schöner Tag wird. Zufrieden lehne ich mich zurück und grinse. Letztendlich kommt er zu mir zurück gekrochen.

Can POV

Es hat geklappt. Sie hat mir geglaubt. Wenn ich jetzt noch ein bisschen weitermachen würde, wäre sie meine Marionette und würde alles tun, was ich von ihr verlange. Diese ganzen Kosenamen waren wirklich zu viel des Guten. Aber was man nicht alles opfert. Als ich mich umdrehe, sehe ich plötzlich Leyla, die am Türrahmen lehnt und ihre Arme ineinander verschänkt hat. Seit wann steht sie dort? Habe ich sie etwa geweckt? Sie blickt mich nachdenklich an.
"Du gehst also zu ihr?", fragt sie mich in einem erschreckend ruhigen Ton. Seufzend fahre ich mir durch die Haare und gehe auf sie zu.
"Hast du alles gehört?", frage ich sie, woraufhin sie nur stumm nickt und langsam ihre Lieder senkt. Ich gehe auf sie zu, streichele ihre Wange, woraufhin sie wieder zu mir aufblickt.
"Was ist los?", frage ich sie sanft. Sie legt ihren Kopf etwas schief. Sie scheint ganz scharf über etwas nachzudenken.
"Ich mag diese Seite an dir nicht. Dieses kalte, verachtende und arrogante", sagt sie dann. Wow, das sind ehrliche Worte. Doch wie kann ich es ihr übel nehmen? Auch ich mag diese Seite an mir nicht. Der Can, der sogar seine Liebsten verletzt und sich selbst vergöttert. Vertraut lächele ich.
"Wenn das alles vorbei ist, verspreche ich dir, dass du diese Seite nie wieder mehr ertragen musst. Dieser Can Yalçin, der ein gefühlloser Badboy ist, er wird sich nie wieder mehr zwischen uns stellen oder unsere Ehe zerstören. Vertrau mir", erkläre ich und lehne meine Stirn an ihre. Seufzend schließt sie ihre schönen Augen.

"Dir vertraue ich auch. Ihnen traue ich aber nicht", sagt sie dann. Ich entferne mich von ihr und blicke sie fragend an.
"Wem?", frage ich sie neugierig. Sie öffnet wieder ihre Augen.
"Den Menschen, die wollen, dass du wieder der Alte wirst. Die Menschen, die unsere Ehe zerstören wollen. Die uns trennen wollen", antwortet sie. Verständlich. Jeder will, dass ich mich mehr auf die Straße, statt auf meine Ehe konzentriere. Zwar freuen sich einige für mich, dass ich eine Frau habe, doch sie wollen ebenfalls, dass ich nicht aufhöre, ein Gangster zu sein. So war es immer und so wird es auch immer sein. Du hast dich einmal an die Straße gebunden, also hast du auch nach ihren Regeln zu spielen. Leider. Ich lächele Leyla an.
"Mir ist es egal, was die anderen sagen oder denken. Ich werde dich niemals wieder verlassen, Leyla. Das könnte ich nicht", verspreche ich ihr. Sie scheint mehr als erleichtert über meine Worte. Ich verstehe ihre Sorgen, ihre Tränen und auch ihre Ängste. Schließlich musste sie so unglaublich viel meinetwegen durchmachen. Nur, weil ich kein gewöhnlicher Ehemann bin, mit dem sie ein friedliches Eheleben führen kann. Doch trotz der unzähligen Gefahren hat sie sich dazu entschieden, bei mir zu bleiben und mich zu lieben. Wie ich es ständig sage, Gott hat sie für mich vorherbestimmt. Diese Ehe ist Schicksal.

ZwangsheiratWhere stories live. Discover now