Kapitel 44

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Sie grinste nur hämisch und kam auf mich zu. Sie hatte genau dieses dreckige, verabscheuende Grinsen wie Mert auf den Lippen. Sie ähnelte ihm so sehr.
"Nicht nur Mert allein ist es, der ein Ziel hat, welches er unbedingt erreichen möchte. Wir alle haben Ziele und Wünsche. Wir würden alles für sie geben. Auch du, Can. Du bist eigentlich eine selbstbewusste, ehrgeizige, unberechenbare Person, die nur auf sich selbst vetraut und sich selbst Recht gibt. Doch jetzt nicht mehr. Du bist anders. Der wahre Can Yalçin, den wir alle kennen, würde sich nie im Leben für eine einfache Frau opfern und sich um sie sorgen. Er würde niemals seinen Ruhm, seinen Erfolg und sogar sich selbst für sie aufgeben. Das bist nicht du, Can", erklärte Aleyna und zückte dann plötzlich eine Waffe. Was hatte sie vor? Ich verstand es immer noch nicht. Was genau wollten die beiden erreichen?
"Mein Ziel ist es zu erfahren, wie sehr du dich für diese Frau opfern würdest und ob in dir irgendwo noch der alte Can Yalçin steckt. Das werden wir auch gleich mal testen", meinte sie ohne jegliche Emotionen in ihrer Stimme und entsicherte dann die Waffe. Aleyna richtete sie auf Leyla, weswegen mein Herz verdammt schnell schlug. Nein. Das durfte nicht geschehen! Mert grinste amüsiert, Leyla zitterte vor lauter Angst am ganzen Körper und ich versuchte Aleyna aufzuhalten.

"Aleyna. Tu das nicht. Sag mir, was du willst. Ich tue alles, aber lass Leyla da raus", sprach ich. Sie blickte mich ernst an.
"Der alte Can hätte niemals gefleht. Selbst an so Kleinigkeiten merkt man, wie schwach du geworden bist. Wie traurig", sagte sie. Verdammt! Ich dachte scharf nach. Ich versuchte mich zu erinnern. Wie war ich damals? Hatte ich mich so sehr verändert? War ich wirklich so schwach geworden? Langsam schenkte ich dem tatsächlich Glauben. Das war ich nicht. Doch gleichzeitig verleugnete ich es. Ich hatte mich schließlich bewusst gegen das Leben auf der Straße entschieden. Was sollte ich bloß tun?
"Was willst du?", fragte ich sie dann erneut, in einem kalten Ton. Sie lächelte.
"Das klingt schon ganz nach dir. Ich will, dass du wieder zu mir zurück kommst und wieder dein altes Leben lebst", sagte sie dann und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
"Niemals", sagte ich und der erste Schuss ertönte. Leyla schrie auf und fiel auf die Knie. Aleyna hatte sie in den Arm getroffen. Diese...
"Du hast die Wahl, Can. Entweder du kehrst zurück oder sie stirbt", meinte Aleyna und ich war noch nie so ratlos, wie in diesem Moment gewesen. Ich musste eine Entscheidung treffen. Was sollte ich tun? Was konnte ich tun? Leyla hielt sich den Arm und wir blickten uns gegenseitig an. Ich blickte ihr tief in die Augen und versuchte eine Antwort von ihr zu bekommen. Was sollte ich tun, Leyla? Sie seufzte und schüttelte nur flehend den Kopf. Ich verstand, was sie damit meinte.
"Also?", fragte Aleyna ungeduldig und ich schaute wieder zu ihr. Nein. Auch wenn Leyla dagegen war. Ich konnte sie nicht einfach sterben lassen. Ich würde nie wieder in den Spiegel blicken können, dachte ich mir.

"Okay. Ich werde zurückkehren", sagte ich dann schließlich und Aleyna ließ endlich zufrieden die Waffe sinken. Ich blickte wieder zu Leyla, die mich traurig ansah und ihren Blick senkte. Mert klatschte in die Hände und kam auf uns zu.
"Was man nicht alles für die Liebe tut. Ist das nicht rührend, Aleyna? Er gibt sein eigenes Glück auf, nur damit sie nicht sterben muss. Wirklich herzallerliebst", sprach Mert und Aleyna legte die Waffe auf die Kommode, neben sich.
"Ja, ja. Echt süß", meinte sie genervt.
"Wie auch immer. Falls du nicht zurückkehren solltest, Can, wird sie sterben", sagte Mert drohend und verließ mit Aleyna den Raum. Die beiden waren wirklich krank. Sie spielten einfach so mit unseren Leben, ohne ein Gewissen. Erleichtert atmete ich aus und begab mich dann zu Leyla, die weiterhin auf dem Boden kniete und ihren Blick gesenkt hatte.
"Es tut mir leid", sagte ich ruhig. Sie seufzte und stand langsam auf, was ihr etwas schwer fiel. Sie sah mich nicht einmal an. Ohne ein Wort ging sie einfach an mir vorbei. Seufzend blickte ich ihr hinterher. Was hätte ich sonst tun können? Ich hatte gar keine andere Wahl gehabt. Leylas Tod wäre für mich das schlimmste, was es gäbe. Ohne sie wäre ich nichts. Sie ist meine Frau, deswegen kann ich sie nicht einfach sterben lassen. Auch wenn ich dafür wieder ein Gangster sein muss. Hauptsache sie lebt, dachte ich mir entschlossen.

Mert POV

Aleyna lachte schon ununterbrochen seit zehn Minuten, doch ich hatte überhaupt keinen Grund zum Lachen. Sie wollte mir einfach nicht glauben, dass Leyla schwanger war und wollte nicht einsehen, weswegen ihr Verhalten gerade falsch gewesen war. Wütend haute ich auf den Tisch, woraufhin sie endlich still war.
"Ehrlich mal. Du wolltest sie ernsthaft jetzt schon umbringen? Was haben wir denn dann bitte davon? Es in die Länge zu ziehen wäre viel amüsanter. Sie sollen leiden und das für eine lange Zeit. Du musst noch viel von mir lernen, Aleyna", erklärte ich. Sie seufzte.
"Ja. Du hast Recht. Ich war nicht ganz bei mir. Ich wollte sie einfach nur töten. Ich kann es einfach nicht glauben, dass sie ernsthaft ein Kind von meinem Can bekommt. Dieses Miststück. Woher weißt du überhaupt, dass Leyla schwanger ist?", fragte sie mich neugierig. Ich grinste.
"Ich sehe alles, was sie tut. Sie war oft beim Frauenarzt und meine Männer haben gehört, wie Can und sie über die Schwangerschaft miteinander geredet haben. Was heißt das also, Aleyna?", fragte ich sie. Sie dachte nach.
"Mehr Vorteile für uns", sagte sie dann lächelnd und ich nickte zufrieden.
"Ganz genau. Mehr Vorteile und mehr Vorteile bedeutet mehr Spaß für uns. Auf ihre Kosten", sagte ich gerissen. Wenn Can nicht wieder zurückkehren würde, dann würden wir wieder kommen, dachte ich mir. Wir waren ihnen schließlich immer einen Schritt voraus und somit auch mächtiger. Die beiden hatten überhaupt keine Möglichkeit vor uns zu fliehen. Sie hatten keine Chance gegen uns. Wir würden sie immer wieder finden und fertig machen. Unser Plan machte Fortschritte.

Leyla POV

"Wie oft soll ich mich noch entschuldigen?", fragte Can mich erneut aufgebracht. Inzwischen waren seit diesem Vorfall zwei Wochen vergangen. Mein Arm war wieder geheilt und mir ging es auch schon wieder besser. Aber trotzdem konnte ich immer noch nicht fassen, dass Can ernsthaft nachgegeben hatte. Er würde ernsthaft wieder zu Aleyna zurückkehren und ein Gangster werden, nur damit ich lebe. Aber war ihm unsere Ehe denn nichts Wert? Wenn er nicht mehr bei mir ist, dann macht es doch so oder so keinen Sinn für mich zu leben, dachte ich mir. Aleyna und Mert würden mich trotzdem jagen und mein Leben wäre mehr als trostlos. So ein Leben wollte ich nicht. Ich seufzte.
"Ich will dich nicht verlieren", sagte ich traurig und er beruhigte sich etwas. Er setzte sich neben mich und nahm mich in den Arm.
"Wenn dir etwas geschieht, Leyla, dann werde ich mir das niemals verzeihen. Erst Recht nicht, wenn die Entscheidung bei mir liegt. Ich will nicht, dass du verletzt wirst. Ich will nicht, dass du stirbst. Denn sonst wäre mir dieses Leben nichts mehr Wert", erklärte er mir sanft. Bei seinen Worten kamen mir die Tränen und ich lehnte mich an ihn an. Er hatte doch auch Recht. Er wollte mich nur beschützen.

"Aber hast du denn daran gedacht, was passierten könnte, wenn du mich alleine lässt?Auch wenn ich lebe Can, ohne dich wäre es nichts Wert. Ich brauche dich. Ich brauche deine Nähe. Ich brauche deine Liebe. Denn du bist der einzige Grund, weswegen ich überhaupt noch leben will", erklärte ich. Wäre Can damals nicht gewesen, würde ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr leben wollen. Damals wollte ich nur noch weg von dieser Welt. Ich wollte einfach nicht mehr hier sein. Doch Can hatte mich wieder zurück in die Realität geholt und mir gezeigt, dass ich nicht alleine war und dass das Leben, trotz der vielen Probleme, schöne Seiten hatte. Ein Leben ohne ihn war also unvorstellbar. Ohne ihn, wäre ich jetzt nicht hier, dachte ich mir. Ohne ihn, wüsste ich nicht, was Liebe und Leben eigentlich bedeuten. Ohne ihn, wäre ich ein nichts und niemand. Ohne ihn, wollte und konnte ich nicht sein.

ZwangsheiratTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon