Kapitel 66

228 8 0
                                    

Can POV

Nachdem ich diesen schrecklichen Satz ausgesprochen und mich umgedrehte habe, lasse ich meinen Tränen freien Lauf. Ich will nicht, dass sie sieht, wie ich weine. Das würde sie nur noch mehr verletzen. Das weiß ich. In meinem Büro angekommen lasse ich mich auf meinen Stuhl sinken und vegrabe mein Gesicht. Wie konnte ich nur sagen, dass ich sie hasse?
Ich höre, wie sie mir selbst dreimal den Satz "Ich hasse dich" ruft. Das versetzt mir drei Stiche in mein Herz. Doch ich Idiot habe das Selbe zu ihr gesagt und sie damit noch mehr verletzt. Dreimal war dieser Satz zu hören und so schnell würde mein Herz das nicht vergessen. In mir wiederholt sich ständig der Satz "Ich liebe dich". Und wie ich sie liebe. Ja, ich liebe sie. Wie verrückt. Sie ist mein Ein und Alles. Mein Leben. Ich lasse meinen Tränen, die ich bis jetzt nur schwer zurückgehalten habe, freien Lauf. Warum bin ich so ein Idiot und verletze sie ständig? Warum kann ich ihr nicht einfach sagen, wie sehr ich sie liebe? Liegt es villeicht daran, da ich davor Angst habe, dass Mert uns sehen und sie töten könnte?
Ja, das muss es sein. Aber es muss doch noch eine andere Möglichkeit geben, gleichzeitig bei ihr sein zu können und sie vor Mert zu beschützen. Aber wie stelle ich das bloß an?

Diese Trennung kann schließlich nicht die einzige Möglichkeit sein. Da muss es noch was anderes geben. Tatsächlich fällt mir nach langem Überlegen etwas ein. Mir kommt eine Idee in den Sinn, mit der ich gleichzeitig bei Leyla sein und sie beschützen könnte. Warum ist mir das nicht schon vorher eingefallen? Es vergehen mal wieder Wochen. Ich habe wirklich lange gebraucht, um über diesen Gedanke gründlich nachzudenken und habe schließlich eine Entscheidung getroffen. Also zögere ich nicht mehr lange und begebe mich auf schnellstem Weg zu meinem Ziel, welches ich nie wieder mehr verlassen würde. Ich begebe mich zu Leyla. Es ist schon ziemlich dunkel und es regnet in Strömen. Doch das hält mich ganz sicher nicht davon ab, durch die gesamte Stadt zu fahren, um bei ihr zu sein. Ich muss zu ihr. Sofort. All die Jahre habe ich genug gezögert. Ich bin zu feige gewesen, um bei ihr zu sein. Doch von nun an werde ich keine Angst mehr haben. Ich werde bei ihr bleiben und der beste Ehemann sein, den sie sich nur wünschen kann. Ich werde wieder ihr Can sein. Ich werde wieder, als ihr Can, zu ihr zurückkehren. Sie hat genug durch mich gelitten. Fünfzehn Minuten später komme ich schließlich an und parke mein Auto. Aber was ist los mit mir? Ich schaffe es überhaupt nicht aus meinem Auto auszusteigen und zittere etwas. Wieso kann ich nicht einfach da reingehen und ihr gegenübertreten? Habe ich etwa Angst? Bin ich dazu noch nicht im Stande?

Nein. Ich kann tatsächlich nicht aus meinem Auto steigen. Doch es liegt weder an der Furcht, noch liegt es an der Nervosität. Ich schäme mich einfach. Meinetwegen hat sie all das durchgemacht und nun trete ich ihr ohne jegliche Scham gegenüber und bitte sie inständig um Vergebung. Nein. Das würde so aussehen, als würde ich nur mit ihr spielen. Sehnsüchtig blicke ich das Haus an. Leyla. Wie gerne würde ich jetzt bei dir sein. Ich spüre, wie ich in ein tiefes Loch des Selbstmitleides sinke. Ich begebe mich zu einer Bar. Ich muss einfach jetzt etwas trinken, um meinen Kopf frei zu bekommen. Allerdings trinke ich viel mehr, als ich eigentlich vor hatte und es musste damit enden, dass ich durch die gesamte Stadt taumele. Mein Auto habe ich zurückgelassen, da ich verständlicherweise nicht im Stande dazu bin, zu fahren. Mein Kopf dröhnt. Auch wenn ich wie von Sinnen bin, habe ich noch genug verstand, um mich auf direktem Weg zu ihr zu begeben. Ein Unwetter herrscht dann schließlich. Ich blicke in den Himmel, während die Regentropfen mein Gesicht berühren und ich dem Gewitter lausche. Dann kommt mir etwas in den Sinn. Scheiße. Sie wird Angst haben. Damals hat sie immer schreckliche Angst vor Gewittern gehabt. Sofort renne ich den Weg entlang, den ich sowieso gehen wollte. Ich muss mich beeilen!

Leyla POV

Zitternd sitze ich auf meinem Bett. Draußen herrscht ein Unwetter. Jedes Mal, wenn es donnert, werde ich nervös und zittere. Es macht mir Angst. Damals hat Can mich immer beruhigt, aber das ist schon lange vorbei. Ich muss hier sitzen und mit meiner Angst alleine kämpfen. Immer wieder wische ich mir meine Tränen weg, bete, dass das Gewitter bald vorbei ist. Plötzlich höre ich das Klingeln der Haustür. Wer kann das so spät noch sein? Verwundert begebe ich mich nach unten und öffne die Tür. Ich traue meinen Augen kaum. Das ist unmöglich. Can steht tatsächlich vor mir und er ist pitschnass. Ist er etwa hierher gelaufen? Sein Auto kann ich zumindest draußen nicht erkennen. Sofort ziehe ich ihn rein und schließe die Tür. Dann drehe ich mich zu ihm, mustere ihn anschließend verwirrt. Mit glasigen Augen blickt er mich an. Daraufhin taumelt er langsam auf mich zu. Ist er etwa betrunken? Genau vor mir bleibt er dann schließlich stehen und musterte mich von oben bis unten. Was hat er vor? Mit großen Augen blicke ich zu ihm auf. Langsam kommt er mir näher und zieht mich plötzlich in eine innige Umarmung.

"C-Can", hauche ich überrascht, lasse es zu. Er drückt mich fester an sich und streicht mir beruhigend über mein Haar.
"Es ist alles gut. Ich bin bei dir. Das Unwetter wird gleich vorbei sein", spricht er flüsternd. Das waren sie. Die Worte, die mich immer beruhigt haben. Die Worte, die mich immer gerettet haben. Auch dieses Mal beruhige ich mich tatsächlich. Er hat es sogar nach all diesen Jahren geschafft meine Angst mit einem Mal zu vertreiben. Ich klammere mich fest an ihn und bin mehr als froh, ihn bei mir zu haben. Diese Nähe genießen zu dürfen ist einfach wundervoll. Er gibt mir so unglaublich viel Kraft und Trost. Er ist der Fels, an den ich mich festhalte. Ich weiß nicht, weswegen er in diesem Zustand zu mir gekommen ist. Doch ich weiß, dass dies eine interessante Nacht werden würde. Nachdem das Unwetter nach einigen Minuten vorüber ist, löst er sich langsam von mir und legt seine großen Hände auf meine Wangen. Wir blicken uns tief in die Augen. Moment mal. Sehe ich in seinen Augen gerade Liebe? Es fühlt sich dieses Mal tatsächlich nicht so an, als hätte ich einen Fremden vor mir. Dieses Mal ist es wirklich Can. Mein Can. Eine Träne fließt meine Wange hinab, die er sofort wegwischt.
"Can", sage ich lächelnd. Ihm kommen ebenfalls die Tränen und er lehnt seine Stirn an meine. Er schließt seine Augen, scheint völlig kraftlos zu sein.
"Bitte, vergib mir. Es tut mir alles so leid. Meinetwegen hast du so viel durchgemacht. Aber ich verspreche dir, dass ich ab heute wieder bei dir sein werde. Nie wieder mehr werde ich dich alleine lassen.bIch liebe dich viel zu sehr, um dich zu hassen", sagt er und das berührt mich sehr. Auf diese Worte habe ich die ganze Zeit über gewartet. Danach habe ich mich ständig gesehnt. Ich vergesse, dass er in diesem Moment sturzbesoffen ist und nehme mir seine Worte sehr zu Herzen.

"Bitte, vergib mir", wiederholt er immer wieder.
"Es tut mir leid", wiederholt er ebenfalls immer wieder.
"Ich liebe dich", und auch das wiederholt er ständig. Langsam entferne ich mich von ihm, gehe einen Schritt zurück und kann nicht so ganz glauben, was er da sagt. Ich wurde skeptisch.
Meint er das ernst oder sagt er das alles nur wegen dem Alkohol?
"Warum sollte ich dir das glauben? Warum sollte ich dir vetrauen? Woher soll ich wissen, dass wenn ich morgen aufwache, du bei mir sein wirst?", frage ich ihn traurig. Er kommt einen Schritt auf mich zu und nimmt meine Hand wieder in die seine.
,,Ich brauche dich, Leyla und du brauchst mich genauso. Wir beide können ohne einander nicht sein. Weißt du eigentlich, wie schreckliche diese Jahre ohne dich waren? Es war ein dummer Fehler von mir, dich einfach zu verlassen. Ich habe es jeden Tag bereut. Du bedeutest mir so viel, dass ich jede Nacht nur von dir geträumt habe. Leyla, ich kann ohne dich nicht so weiter leben. Ich brauche dich doch so sehr", spricht er flehend und weint dabei. Das zerbricht mir mein Herz und ich erkenne, dass diese Worte von Herzen kommen. Er leider unter dieser Trennung genauso sehr wie ich. Das hätte ich niemals gedacht. Wahrscheinlich hat er noch mehr gelitten als ich. Er hat seinen Blick gesenkt und seine Augen sind geschlossen, während er still weint. Die Reue steht ihm ins Gesicht geschrieben.

ZwangsheiratWhere stories live. Discover now