Kapitel 55

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Er sprach nicht. Kein einziges Wort. Das einzige was er tat, war meine Wange zu streicheln und zu lächeln. Dies war jedoch ein erzwungenes Lächeln. Das sah ich ihm an.
"Wie-Wie geht es Cansu?", fragte ich ihn dann nach einiger Zeit etwas verunsichert.
"Ihr geht es gut. Sie-", weiter sprach er nicht, da ihn wohl etwas eingefallen zu sein schien. Was war los mit ihm? Was bedrückte ihn?
Er sah mich ernst an und schien über etwas nachzudenken. Etwas, was ihn sehr bedrückte und ihm ein schlechtes Gewissen bereitete. Irgendwie war unser Verhältnis in diesem Moment zueinander eigenartig.
"C-Can?", sagte ich dann und schien ihn aus seinen Gedanken gerissen zu haben. Er setzte sich wieder sein Lächeln auf.
"Ihr geht es gut. Sie vermisst dich", sagte er.
"Was ist los? Stimmt etwas nicht?", fragte ich ihn besorgt.
"Nein. Alles ist okay. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du wach bist. Du hast mir gefehlt. Ich-Ich liebe dich", sagte er und umarmte mich.
"Ich liebe dich auch", erwiderte ich. Doch irgendwie schien es, als würde es ihm schwer fallen, diesen Satz auszusprechen. Es war einfach seltsam. Was ist in diesen ganzen Monaten nur passiert?, fragte ich mich verwirrt. Die nächsten Tage kümmerte sich Can um mich. Er besuchte mich jeden Tag. Dann brachte er auch mal Cansu mit und ich war mehr als froh, sie wieder zu sehen und in meinen Armen zu halten.
"Anne (Mama)", sprach sie dann plötzlich und ich blickte Can irritiert an.
"Seit wann kann sie das?", fragte ich ihn.Er seufzte.
"Seit einem Monat", antwortete er. Wie bitte?
Mein Baby kann schon seit einem Monat das Wort Mama sagen und ich habe das nicht miterlebt?, dachte ich traurig. Ich blickte sie traurig an.
"Ihr erstes Wort war Anne (Mama)", sagte Can und mir kamen die Tränen, da ich es gerne miterlebt hätte.
"Es tut mir leid, dass ich euch alleine gelassen habe. Aber jetzt bin ich wieder bei euch", sagte ich zu Can.
"Du musst dich nicht entschuldigen, Leyla. Es ist nicht deine Schuld. Außerdem haben Azra und Nihat mir auch geholfen. Mach dir keine Sorgen", erzählte er. Ein Glück. Azra und Nihat sind einfach die besten, dachte ich mir erleichtert.
"Deine Eltern waren gestern sehr froh darüber, dich wieder gesund zu sehen. Sie haben nach vielen Monaten endlich wieder richtig gelacht", sagte er dann. Ich lächelte und nickte zustimmend.
"Ich bin sehr glücklich. Endlich sind wir wieder zusammen. Endlich können wir wieder wie eine richtige Familie zusammen leben", sprach ich, doch sein Lächeln verschwand dann plötzlich.
"I-Ich muss gleich zur Firma. Ich komme aber morgen wieder. Mach's gut", sagte er, nahm mir Cansu ab und ging dann, ohne mich einmal anzusehen oder mir einen Kuss zu geben. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Was, wenn Can mich nicht mehr liebte und darüber nachdachte, mich zu verlassen? Schließlich wirkte er ziemlich abweisend und traurig. Er darf mich aber nicht verlassen. Ohne ihn bin ich verloren, dachte ich mir. Ich liebte ihn doch so sehr. Beruhige dich, Leyla. Can würde so etwas niemals tun. Villeicht bedrückte ihn auch etwas ganz anderes. Er hatte schließlich viel Stress in der Firma und für ihn war es noch neu, dass ich erwacht war. Er war villeicht etwas zu überwältigt und ratlos. Ich musste ihm etwas Zeit geben. Schließlich wusste ich, dass Can mich niemals verlassen würde. Daher versuchte ich alles positiv zu sehen.

Can POV

Soll ich sie verlassen?, fragte ich mich. Schon wieder diese furchtbaren Gedanken. Sie wurden von Tag zu Tag immer schlimmer. Nicht einmal glücklich konnte ich sein, obwohl sie wieder erwacht war. Ich konnte ihr nicht einmal mehr richtig ins Gesicht schauen. Es fühlte sich so an, als hätte ich sie betrogen, obwohl es nicht so war. Sie freute sich so sehr, mich wiederzusehen und unsere Ehe wieder zu beleben. Doch ich konnte es einfach nicht genießen und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich besuchte sie jeden Tag mit diesem schlechten Gewissen im Krankenhaus und kümmerte mich um sie. Während sie überglücklich war, plagten mich diese schrecklichen Gedanken. Dann wurde sie schon nach einer Woche entlassen. Zu Hause lief es nicht anders ab, als im Krankenhaus. Ich versorgte jeden Tag ihre Wunden. Sie brauchte viel Ruhe, damit ihre Wundern schnell heilen würden. Leyla freute sich sehr darüber, wieder hier zu sein. Ich war glücklich darüber, dass sie sich freute. Doch irgendwie wirkte sie von Tag zu Tag bedrückter. Ich hatte etwas Angst um sie, da sie manchmal grundlos weinte und wieder Albträume hatte. Außerdem sprach sie oft im Schlaf den Satz "Bitte, verlass mich nicht". Ich wusste nicht, weshalb sie das sagte. Vielleicht wusste sie schon, über was ich nachdachte und was meine Absicht war. Doch ich wusste, dass sie meinetwegen diese Albträume hatte. Es war schon wieder alles meine Schuld.

Leyla POV

Meine Wunden waren schon so gut wie verheilt. Dank Can. Zum Glück habe ich solch einen fürsorglichen Ehemann, dachte ich mir zufrieden. Er hatte sich die letzten Wochen liebevoll um mich gekümmert. Ich wurde in diesen letzten Wochen jedoch immer mehr Paranoid. Ständig hatte ich das Gefühl, dass er mich verlassen wolle. Das Gefühl, dass er gehen würde. Dieses Gefühl ließ mich einfach nicht los und ich hatte langsam wirklich Angst. Ständig träumte ich davon ohne ihn zu sein. Es war einfach beängstigend. Dann eines abends führte Can mich in die Küche. Wir setzten uns an den Esstisch gegenüber und sahen uns an. Lange betrachtete er mich und schien über etwas nachzudenken. Er meinte, dass er etwas mit mir besprechen müsse. Ich zitterte etwas, da ich ein wenig Angst vor diesem Gespräch hatte. Ist es etwas Schlimmes?, fragte ich mich besorgt.
"Was ist los?", fragte ich ihn. Er lächelte leicht, atmete tief aus und nahm dann meine Hand in seine. Er betrachtete meinen Ehering. Was hatte er vor? Langsam sah ich dann, wie er mir den Ring auszog und seinen gleich mit dazu. Er legte die beiden Ringe nebeneinander in die Mitte des Tisches  und sah mich dann wieder an.
"Was tust du da? Warum hast du uns die Ringe ausgezogen? Can. Was ist los?", fragte ich ihn panisch, während meine Augen sich mit Tränen füllten. Er seufzte und schaute mich ernst an.
"Wir beide haben schöne Tage zusammen verbracht. Ich bin dir für so vieles dankbar. Du hast mir gezeigt, was Liebe ist und was das Leben alles Schönes zu bieten hat. Doch ich habe dir eine Sache verschwiegen, Leyla. Eine Sache, die mich ständig bedrückt", erklärte er und ich hörte ihm nur stumm zu. Mit Herzschmerz.
"Ich hatte eine kleine Schwester namens Cansu. Sie fiel Mert zum Opfer. Er hat sie getötet. Nach ihrem Tod war ich nicht mehr der, der ich eigentlich gewesen bin. Ich wurde zu einem schlechten Menschen, habe Menschen verletzt, habe kriminelle Dinge angstellt. Doch dann bist du in mein Leben getreten und hast alles verändert. Dank dir habe ich gelernt Rücksicht auf andere zu nehmen und das Leben von einer anderen Seite zu sehen. Du hast die tiefe Wunde in meinem Herzen geheilt und hast mir die Liebe gezeigt. Du bist die erste und letzte Frau, in die ich jemals richtig verliebt war. Ich hatte mit einigen zu tun. Doch keine dieser Frauen hatte mein Herz zum schlagen gebracht.Keine, außer dir", erzählte er und ich konnte nicht glauben, was er mir da erzählte. Ich befürchtete schon das, vor dem ich mich immer gefürchtet hatte und hörte ihm einfach weiter zu. Stumm. Und mit einem immer größer werdenden Schmerzen in meinem Herzen.

ZwangsheiratTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang