Kapitel 50

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Leyla POV

Traurig begab ich mich mit Cansu nach Hause, nachdem die Beerdigung zu Ende war und alle sich verabschiedet hatten. Ich blieb noch etwas länger dort und weinte am Grab meines Bruders. Der Schmerz nahm einfach kein Ende. Ich vermisste ihn. Ich vermisste Cem so sehr. Mit Tränen in den Augen blickte ich auf die Uhr, während ich Cansu im Arm hielt. Es wird bald dunkel, dachte ich mir. Verwundert blickte ich mich um. Wo war Can? Seit meiner Rede hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Er war spurlos verschwunden. Hoffentlich war mit ihm alles okay. Seufzend brachte ich Cansu in ihr Zimmer und legte sie ins Bett. Ich setzte mich hin und betrachtete sie. Sie war ziemlich erschöpft und schlief sofort ein. Ein leichtes  Lächeln huschte über meine Lippen. Sie ist einfach zuckersüß. Sie ist mein Engel, dachte ich mir zufrieden. Leise schlich ich mich aus dem Zimmer und schloss langsam die Tür. Ich ließ einen kleinen Spalt offen und begab mich dann ins Schlafzimmer. Ahnungslos stand ich nun hier, da ich nicht wusste, was ich tun könnte. Also beschloss ich einfach duschen zu gehen. Ich genoss das warme Wasser auf meiner Haut. Die Dusche tat mehr als gut. Sie ließ mich meine Gedanken und Sorgen für einen kurzen Moment vergessen.

Nachdem ich fertig war, zog ich mir etwas gemütliches an, setzte mich vor den Spiegel und kämmte mir die Haare. Ab da fing auch wieder das Nachdenken an. Und auch wieder  kamen mir die Tränen. Mein Herz fühlte sich so unglaublich schwer an. Es schmerzte. Ein unerträglicher Schmerz. Ich föhnte mir meine Haare und ließ sie so offen. Dann blickte ich auf die Uhr. 20:23 Uhr. Wo bleibt Can?, fragte ich mich. Langsam machte ich mir Sorgen. Auch keine Nachricht oder ein Anruf von ihm. Seltsam. Deshalb beschloss ich ihn einfach anzurufen. Ich wählte seine Nummer. Doch egal wie oft ich es versuchte, er nahm nicht ab. Oh man. Was war nur los? Meine Sorge wurde größer und die Fragen in meinem Kopf häuften sich. Ist ihm vielleicht etwas zugestoßen? Geht es ihm gut? Seufzend begab ich mich in die Küche und machte mir etwas zu essen, da ich Hunger bekam. Ich entschied mich für ein einfaches Sandwich und ein Glas Cola dazu. Die letzten Tage hatte ich nicht richtig gegessen. Auch jetzt bekam ich irgendwie keinen Bissen runter. Dieses Sandwich lag vor mir, doch mein Appetit war irgendwie weg. Ich nahm einen kleinen Schluck Cola und blickte das Glas nachdenklich an. Ich musste etwas essen. Sonst würde ich am Ende wieder wie damals in Ohnmacht fallen. Ich wollte Can keine Probleme bereiten. Ich wollte ihm nicht zur Last fallen. Ständig war er es, der mich gerettet und mir geholfen hat. Der mich beschützt und sich um mich sorgt. Ich wollte aber nicht, dass er meinetwegen sich selbst oder seine Arbeit vergisst. Er ist auch ein Mensch, dachte ich mir etwas schuldbewusst.

Ich bemerkte nicht, dass ich stundenlang an diesem Tisch saß und nachdachte. Dann blickte ich wieder auf die Uhr. Es war einfach schon Mitternacht und meine Sorge wurde somit größer. Wo war Can? Ich blickte auf mein Handy. Weiterhin keine Nachricht und kein Anruf. Wie schnell die Zeit vergeht. Seufzend legte ich das Sandwich in den Kühlschrank und räumte mein Glas weg. Dann schaltete ich das Licht aus und begab mich noch einmal zu Cansu, bevor ich dann schlafen gehen würde. Sie schlief weiterhin tief und fest, weswegen ich beruhigt ins Bett gehen konnte. Doch mit dem Schlafen klappte es nicht. Draußen herrschte ein grauenvolles Unwetter. Deshalb bekam ich Angst. Ich hasste es bei Gewitter alleine zu Hause zu sein. Wäre Can nur bei mir, dachte ich mir traurig. Er würde mich jetzt in seine Arme nehmen, mir sagen, dass alles okay ist, mir sagen, dass er bei mir ist und mich trösten, dachte ich mir und versuchte mich mit diesen Gedanken zu beruhigen. Ich brauchte aber Cans Nähe. Ich brauchte seine beruhigenden Worte. Ich brauchte ihn. Ich konnte einfach kein Auge zu bekommen und dieses Unwetter hörte auch nicht auf. Ich weinte still und hoffte einfach nur, dass Can bald hier sein würde. Nach ein paar Minuten hörte ich dann endlich die rettenden Stimme.

"Ja. Wir hören uns dann", erklang es von unten. Das war Cans Stimme. Can ist hier, dachte ich mir überglücklich. Ein Glück. Ich hörte, wie er die Treppe rauf kam. Ihn allein zu hören, beruhigte mich schon etwas. Er war mein Schutzengel. Er war mein Leben. Langsam öffnete sich die Tür und Can stand vor mir. Er war etwas nass vom Regen und blickte mich eine Weile verwirrt an.
"Leyla. Warum schläfst du nicht?", fragte er mich sanft und kam auf mich zu. Ich weinte noch mehr. Doch dieses Mal aus Erleichterung. Zum Glück war er hier. Bei mir. Er setzte sich langsam auf das Bett und streichelte behutsam meine Wange.
"Was ist los? Warum zitterst du? Geht es dir nicht gut?", fragte er mich besorgt und ich lächelte leicht. Ohne zu zögern umarmte ich ihn sofort schluchzend und wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen.
"Wo warst du so lange? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Bitte, bleib nie wieder so lange weg, ohne mir Bescheid zu sagen", sprach ich mit brüchiger Stimme. Can streichelte meinen Kopf.
"Tut mir leid. Mein Handy hatte keinen Akku mehr und ich hatte keine Möglichkeit, es aufzuladen. Es ist alles gut. Hab keine Angst. Ich bin bei dir", sagte er beruhigend. Ja. Das waren die Worte. Die Worte, die mich beruhigten. Die Nähe, die mir Geborgenheit gab. Liebevoll sah er mich an und wischte mir meine Tränen weg.

"Wo warst du?", fragte ich ihn dann. Er seufzte.
"Nicht so wichtig. Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut. Hast du etwas  gegessen?", fragte er mich dann. Er dachte wirklich an alles. Ich senkte meinen Blick.
"Ich konnte nicht", gab ich zu, woraufhin er wieder seufzte. Oh man. Ich machte es ihm auch wirklich nicht leicht. Er nahm mich an die Hand und führte mich in die Küche. Ich setzte mich an den Tisch, während er den Kühlschrank öffnete.
,,Was möchtest du essen?'', fragte er mich.
,,Da liegt ein Sandwich. Das hab ich mir vorhin gemacht'', erklärte ich ihm, woraufhin er den Teller mit dem Sandwich rausholte und es vor mich abstellte. Dann setzte er sich mir gegenüber.
"Iss", sagte er dann auffordernd und blickte mich an. Seufzend blickte ich nun wieder dieses Sandwich an. Ich hatte einfach keinen Appetit.
"Leyla. Du musst etwas essen. Ich will nicht, dass es dir wieder schlecht geht", sprach er nun etwas sanfter. Er war so unglaublich fürsorglich und ich Idiot schaffte es nicht Mal, ihm zu gehorchen und ein Sandwich zu essen. Ich bin wirklich zum verzweifeln, dachte ich mir hoffnungslos. Mal wieder weinte ich und wollte ihn einfach nicht ansehen.
"Was ist los?", fragte er mich besorgt.
"Ich kann nicht", sagte ich nur unter Tränen und hielt mir die Hände vor mein Gesicht. Doch ich hörte, wie Can aufstand, mir aufhalf und mich in seine Arme nahm.

"Ich vermisse ihn, Can. Warum musste er so früh sterben? Warum er?", weinte ich meinen ganzen Schmerz heraus und vergrub mein Gesicht in seine Brust. Dann entfernte ich mich, als ich mich etwas beruhigt hatte, von ihm. Er blickte mich daraufhin  etwas irritiert an. Nein. Ich wollte ihm keine Probleme bereiten.
"Es tut mir leid", sagte ich leise.
"Leyla", sprach Can in einem traurigen Ton. Doch ich begab mich nur stumm nach oben, ließ ihn einfach alleine und verkroch mich ins Bett. Warum musste ich nur so nervig sein?
Ich bin ein hoffnungsloser Fall, dachte ich mir. Nach ein paar Minuten hörte ich die Tür und ich spürte, wie er sich zu mir ins Bett legte und mich langsam von hinten umarmte. Er zog mich näher zu sich und vergrub seinen Kopf in meinem Nacken. Seine warme, große Hand weilte auf meinem Bauch. Seine warme, sanfte  Berührung und seine Nähe gaben mir wieder ein Gefühl der Geborgenheit. Er gab mir Liebe. Es war so wunderschön.

"Ich liebe dich", flüsterte er dann mit einer brüchigen Stimme und diese Worte machten mich unfassbar glücklich. Auch wenn ich sie oft von ihm gehört hatte, bedeuteten sie mir dieses Mal viel mehr als sonst. Es sollte nämlich nicht nur heißen, dass er mich liebt. Er wollte mir ebenfalls damit sagen, dass er hier ist und mich niemals loslassen wird. Ich schluchzte und drehte mich langsam zu ihm.cLange blickten wir uns in die Augen. Lange genug, um die Gedanken und Gefühle des anderen verstehen zu können. Ich streichelte sanft seine Wange und war mehr als froh, ihn bei mir zu haben. Er ist der einzige, den ich habe, dachte ich mir.
"Ich dich auch", antwortete ich, woraufhin er leicht lächelte. Das Lächeln eines Engels. Er nahm mich dann in seine starken Arme und dieses Mal konnte ich ohne Probleme einschlafen.

ZwangsheiratOù les histoires vivent. Découvrez maintenant