1. Die Erbin

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Gegenwart

Mit einem Keuchen schreckte Felice auf. Ihr Atem ging schnell und unregelmäßig. Kalter Schweiß hatte sich auf ihrer Stirn gesammelt. Ihr Kopf war gegen das Fenster gesunken, an dem dicke Regentropfen ihre Bahnen zogen. Eine Weile lang beobachtete sie wie die Landschaft an ihrem Fenster vorbeiflog. Das sanfte Schaukeln des fahrenden Zuges wirkte beruhigend.

Nur ein Traum! Nur ein Traum! Das war bloß ein Traum! sagte sie sich selbst immer wieder, um sich zu beruhigen.

Felice versuchte ihren Atem zu kontrollieren und ihren Pulsschlag zu beruhigen. Trotzdem saß ihr der Nachhall des Traums immer noch in den Knochen. Das was sie gesehen hatte, war tatsächlich passiert. Vor fast fünf Jahren. Sie war elf Jahre alt gewesen. Gedankenverloren strich sie sich über den rechten Ärmel ihrer Jacke.

>>Hey! Du bist endlich wach!<< hörte sie eine freundliche Stimme neben sich gerade sagen. Vorsichtig setzte sich Felice auf.

>>Wie lange war ich weg?<< >>Seid wir aus London raus sind und das ist bestimmt schon ein paar Stunden her.<< Lily sah sie mit ihren leuchtend grünen Augen an.

>>Die Servierhexe war auch schon da. Ich hab dir eine Flasche Kürbissaft mitbestellt.<< >>Danke.<< sagte Felice matt. Sie nahm die Flasche entgegen und trank sie gierig in einem Zug aus. Sie hatte entsetzlichen Durst.

Lily hatte sich wieder hinter einem ihrer neuen Schulbücher vergraben, sodass Felice in Ruhe aus dem Fenster sehen konnte. Ihr rechter Unterarm kribbelte unheilvoll. Jetzt, nach Jahren, war die Wunde die ihr Vater ihr damals zugefügt hatte längst verheilt und vernarbt, aber dank des Fluchs den ihr Vater damals auf die Wunde legte, war sie gezwungen, den Schmerz immer wieder von neuem zu durchleiden, immer dann, wenn er Astor etwas antat.

>>Wo ist eigentlich Severus?<< fragte sie plötzlich. >>Ach, keine Ahnung. Hängt wahrscheinlich mit seinen „Freunden" ab.<< sagte Lily eingeschnappt. Sofort ließ Felice das Thema fallen. Offenbar hatte Lily wieder einen Grund sauer auf ihn zu sein.

>>Ich brauch ein bisschen Bewegung, bin bald wieder da.<< Damit stand sie auf und verließ das Abteil. Draußen stand sie aber dann wie blöd im Gang herum, unschlüssig wohin sie eigentlich wollte. Ziellos lief sie den Gang entlang, die meisten Schüler waren in ihren Abteilen, aber manche standen draußen herum und versperrten den Gang. Sobald Felice in Hörweite kam verstummten die meisten Gespräche und unsichere Blicke wurde ausgetauscht. Nur die Leute die Felice näher kannten, begrüßten sie freundlich, wenn sie sie sahen.

Die Tür eines Abteils wurde geöffnet und jemand kam so schnell heraus geeilt, dass Felice beinahe mit ihm zusammengestoßen wäre. >>Tut mir leid.<< sagte sie schnell und erkannte erst dann, dass es sich um Remus Lupin handelte, der ein Buch in den Händen hielt. Erschrocken sah er sie an. Er hatte schon den Mund geöffnet um etwas zu sagen, als James Potter seinen Kopf aus dem Abteil steckte.

>>Grindelwald! So allein unterwegs? Was verschafft uns die Ehre?<<

>>Na du weißt doch, Potter. Nach diesen entsetzlich langen Ferien habe ich dich einfach unfassbar vermisst.<< schleuderte sie zurück.

>>Moment. Du bist hier und Schniefelus habe ich grad noch wo anders gesehen. Das bedeutet ja zwangsläufig das Evans... Sirius, komm mit!<< James zwängte sich an ihr vorbei, dicht gefolgt von Sirius Black, und rannte, als ob sein Leben davon abhinge, den Gang hinunter in die Richtung aus der Felice gerade gekommen war. >>Hey wartet auf mich!<< Peter Petigrew kam nun ebenfalls aus dem Abteil und lief den anderen beiden hinterher. Verwirrt blickten Felice und Remus ihnen hinterher.

Die Erbin GrindelwaldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt