45. Schmerz der Vergangenheit

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Felice fand ihre beste Freundin, vollkommen aufgelöst im Klo der maulenden Myrte. Weinend hatte sich Lily an der gekachelten Wand zu Boden gleiten lassen und schluchzte. Felice hatte sich schon oft mit ansehen müssen, wie Lily unter Beschimpfungen wie diesen gelitten hatte, doch nie war es so schlimm gewesen wie heute. Der Schmerz, den Severus ihr verursacht hatte, saß tief.

Wortlos ließ Felice sich neben sie fallen und legte einen Arm um sie. Lilys Kopf kippte auf ihre Schulter während sie stumm weiter weinte. Und so saßen die beiden Mädchen lange Zeit dort, schwiegen, während Lilys Schluchzen langsam verebbte und alles was Felice tun konnte war, dass sie neben ihr saß und für sie da war.

Ihr Blick glitt aber immer wieder zu dem gesprungenen Keramik Waschbecken, auf dem immer noch ihr blutiger, aber nun rostrotbrauner, Teilhandabdruck zusehen war.

Kurze Bildersequenzen tauchten wieder vor ihren Augen auf. Ihr Vater an einem düsteren Ort umgeben von Menschen, sich verneigend vor dem dunklen Lord, doch ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. Gedämpfte Stimmen, aber nicht verständlich was sie sagten. Ihre Mutter— falsch, ihre Tante Alexia, vor einem dunklen Spiegel. >>Felice... rette... du musst... alle...<< Ihre Stimme war bloß ein Rauschen, ehe es komplett verschwand.

Felice schüttelte energisch den Kopf um die unheimlichen Bilder zu vertreiben, dabei durchfuhr sie ein scharfer Kopfschmerz. Ächzend legte sie eine Hand an die Stirn und rieb sich dann müde über das Gesicht.

Lily sah besorgt auf. >>Alles okay?<< >>Ja... Ja alles gut.<<, Felice verzog leicht das Gesicht. >>Nur Kopfschmerz...<<

>>Und Nasenbluten.<<, fügte Lily mit vom weinen rauer Stimme hinzu. Sofort sprang sie auf und holte etwas Klopapier aus den nebenan liegenden Klokabine. Verwundert drückte sich Felice das Papier an die Nase.

Nasenbluten.

Schon wieder und dazu diese Bilder und die darauffolgenden Kopfschmerzen. Wenn das nicht bald besser würde, würde sie noch in den Krankenflügel müssen.

Lily und Felice verließen erst, lange nach dem Abendessen und kurz vor der Sperrstunde die Toilette. Und wie durch ein Wunder hatte Myrte sie kein einziges Mal belästigt. Manchmal wusste das Geistermädchen anscheinend doch, wenn es besser war, die Klappe zu halten.

Vor dem Porträt der fetten Dame wurde sie aber bereits erwartet. Severus lehnte mit dem Rücken gegen die Wand und hatte die Augen geschlossen. Kaum jedoch vernahm er ihre Schritte sprang er auf.

>>Lily! Bitte, es tut mir leid!<< Lily blieb ruckartig stehen und Felice lief prompt in sie rein.

>>Was tust du hier?<<, fauchte Felice ihn an. >>Hast du nicht schon genug angerichtet?<<

>>Felice...<<, sagte Lily beschwichtigend. Ihre Augen waren immer noch gerötet was das strahlende grün darin nur noch mehr hervorhob. >>Lass es gut sein, Severus.<<

Mit gestrafften Schultern und ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, stolzierte Lily an ihm vorbei und stieg durch das Porträtloch. Severus sah ihr Hilflos hinterher und wirkte auf einmal ganz klein.

>>Felice... bitte hilf mir...<<, flehte er tonlos. Missbilligend schüttelte Felice den Kopf und kniff die Lippen zusammen. >>Tut mir leid Severus, aber wie ich vorhin schon am See sagte, hast du dir das allein zuzuschreiben.<<

Verzweifelt fuhr er sich durch die langen schwarzen Haare. >>Felice, bitte! Du musst mir helfen!<<

>>So muss ich das? Nachdem du Lily ein Schlammblut genannt hast? Nachdem du mir vorgeworfen hast, nicht besser als mein Großvater zu sein?<< Das er damit ja eigentlich recht hatte verschwieg sie, aber besser. Dumbledore mochte ihr verziehen haben, aber dass sie sich selbst verzieh so weit war sie noch lange nicht.

Die Erbin GrindelwaldsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt