Kapitel 29

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Als ich am nächsten Morgen wieder aufwachte, dauerte es ein paar Minuten, bis ich erkannte, wo ich mich befand. Müde analysierte ich meine Umgebung. Ein Raum, oder besser gesagt Zimmer. Nein warte... Ich wurde rot. Mikoto's Zimmer. Moment mal... Ich setzte mich auf und stellte fest, dass ich auf einem Bett saß, aber hier war ich doch nicht eingeschlafen... Ich überlegte, was war gestern Abend passiert? Nach ein paar Minuten erinnerte ich mich wieder und aus dem leichten rot in meinem Gesicht wurde ein knalliges rot. Das er das wirklich getan hatte. Unfassbar. Aber es hatte sich zu echt angefühlt, als das es nur ein Traum gewesen sein konnte.

Aber... Wenn er das wirklich getan hatte... Bedeutete das etwa, dass er meine Gefühle, die ich für ihn entwickelt hatte, erwiderte? Oder war es nur ein Spiel?... Da ich so sehr ins Nachdenken vertieft war, bekam ich nicht mit, wie sich die Tür öffnete und Mikoto den Raum betrat. Erst als er mich ansprach, schreckte ich hoch und sah peinlich berührt zu ihm und dann weg, dann ließ ich mich wieder nach hinten fallen und seufzte.

"Kannst du nicht einmal warten, bis man sagt, dass du reinkommen kannst?...", fragte ich ein bisschen genervt und schaute still an die Decke. Mikoto sagte nichts und setzte sich zu mir. "Hast du mich gestern hierher gebracht?...", fragte ich nach ein paar Minuten und sah aus dem Augenwinkel zu ihm hoch. "Ja... Ich wollte dich nicht aufwecken...", brummte er und schaute zu mir.

Ich seufzte leise. "Mikoto... ganz ehrlich, warum hast du das gestern getan? Du hättest mich auch so beruhigen können, also raus mit der Sprache", meinte ich ernst. Der rote König schwieg für eine Weile und ich wusste nicht so recht, wie ich die Situation beurteilen sollte und setzte mich auf. Aber bevor ich wusste, wie mir geschah, wurde ich plötzlich von einer angenehmen Wärme umhüllt und wurde rot. Suoh hatte mich mal wieder an sich heran gezogen und strich mir sanft durch die Haare. Als hätte er nur darauf gewartet, na vielen Dank auch.

"Ich muss zur Arbeit... Lass mich bitte los", meinte ich vorsichtig und stellte überrascht fest, dass er sofort reagiert und mich losgelassen hatte. Was war denn mit ihm los? Normalerweise musste ich ihn ja zwingen, mich loszulassen, aber... Was solls, ich sollte nicht so viel darüber nachdenken. Aber eine andere Sache wollte ich jetzt geklärt haben, wer wusste schon, wie das sonst endete. "Danke... Was ist denn los?", fragte ich leise.

"Kannst du... nicht bleiben?..." Verwirrt sah ich ihn an. "Wie bitte?", fragte ich verwundert und legte den Kopf schief. Was meinte er denn damit? "Du hast mich ganz genau verstanden... bleib hier... bitte" Bei dem letzten Wort sah ich ihn überrascht an. Ich hatte es vorher noch nie, wirklich noch nie mitbekommen, dass er mal um etwas gebeten hatte. Aber warum? Ich überlegte kurz. "Kann es sein, dass es was mit gestern Abend zu tun hat?", fragte ich vorsichtig und wurde wieder rot, als er das tatsächlich schweigend bestätigte.

Es dauerte ein paar Minuten, bis ich wusste, was ich jetzt sagen konnte. "Verstehe... Dann verrate mir doch endlich, warum du das gestern getan hast", bat ich ihn und lehnte mich an dem roten König an. Mikoto seufzte leise. "Das ist es ja gerade... Ich weiß es nicht. Aber... in diesem Moment hatte ich es für richtig gehalten", meinte er. Ich schwieg. Ich hatte Angst, ihm diese eine Frage zu stellen oder ihm zu sagen, was ich für ihn empfand, aber früher oder später musste ich es sowieso tun.

"Mikoto, ich... Also..." Schon wieder. Ich traute mich nicht. Verdammter Mist. "Du musst dich nicht hetzen...", meinte er vorsichtig. "Jetzt reicht's, halt die Klappe. Ich liebe dich, verdammt nochmal!", fuhr ich ihn verärgert an und wurde im nächsten Moment auch schon knallrot. Wie dumm und peinlich konnte man bitte sein? Und warum musste es mir auf so eine peinliche Weise rausrutschen? Zu meiner Überraschung war Mikoto weder verärgert noch sonst was. Im Gegenteil. Es war das allererste Mal in meinem Leben, dass ich den roten König von einer ganz anderen Seite wahrnahm. Sentimental und fürsorglich. Das hätte ich niemals für möglich gehalten.

Ich seufzte leise und lehnte mich wieder an ihm an. Sanft strich er mir über den Rücken und ich verspürte wieder dieses starke Kribbeln im Bauch. Trotzdem ließ ich ihn machen. "Das war mir bewusst... Schon seit damals, als wir beide noch Schüler waren", meinte er schließlich. "Aber du hast mich doch immer ignoriert... Warum jetzt? Ich verstehe es nicht..." Ich seufzte leise. Die Erinnerungen an damals hinterließen oft Spuren, aber irgendwie hatte ich heute keine Probleme damit.

Mikoto schüttelte den Kopf. "Nein... nicht so wirklich. Aber... Ich wusste  nicht, ob du nicht Angst bekommen würdest, verstehst du? Weil..."
"Weil du die Macht des roten Clans, nein, die Macht, die einst Genji Kagutsu innehatte, nun selbst innehast. So ist es doch, habe ich recht?", beendete ich seinen Satz. Mikoto nickte nur, sagte aber kein Wort. Aber... Was hatte das nur zu bedeuten? Was bloß?

"Und was wirst du tun?", fragte ich vorsichtig. Der rote König seufzte leise. "Ich weiß es nicht... Aber vermutlich Munakata erstmal aus dem Weg gehen", meinte er. Mir stockte der Atem. Sollte das etwa heißen, dass er keinen Kampf gegen mich führen wollte, oder was steckte dahinter?... Diese Fragen machten mich noch wahnsinnig. Und doch wollte ich endlich eine Antwort. Eine klare und entgültige Antwort. Ich hatte keine Lust mehr darauf, ständig im Dunkeln zu gehen und nicht sehen zu können, was für eine Antwort sich am Ende der Dunkelheit, der Unwissenheit, befand, die auf mich wartete.

Ich nahm meinen Mut zusammen und sah zu ihm. "Mikoto... kannst... kannst du das nochmal machen? Ich will Klarheit. Gewissheit. Verstehst du, ich... Ich habe Unbehagen, was die Zukunft mit sich bringt", meinte ich ernst. Der rote König war davon wohl sehr überrascht, dies erkannte ich an seinem Blick. Und trotzdem... fesselten mich diese wunderschönen Augen einfach... Ich konnte es nicht verhindern. "Bist du sicher?... Es war nicht... nicht so klug, entschuldige...", meinte er leise. Das tat weh. Ich seufzte leise, wusste jetzt aber mehr und das beruhigte mich. Und doch wurde es Zeit, dass ich diesen Ort verlassen, und mich auf den Rückweg zu meinem Clan machen würde. Obwohl... ich mir nicht mehr so sicher war, ob Scepter 4 nicht doch nur noch eine Arbeitsstelle für mich war, trotz allem, was ich bei Scepter 4 erlebt hatte...

☑[K] Zwischen Chaos, Ordnung & der Liebe✅Where stories live. Discover now