Kapitel 43

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Einige Tage später war es dann soweit. Ich hatte Angst vor der kommenden Konfrontation mit dem Roten Clan und wollte eigentlich auch nicht gegen Mikoto und die anderen kämpfen, doch meine Aufgabe war es nun mal, für Recht und Ordnung zu sorgen, die Pflicht einzuhalten, die uns als Schwertträgern auferlegt war. Gleichzeitig verspürte ich tief in meinem Herzen noch einen anderen Antrieb, einen Wunsch, der mich wieder stärkte und mich meine Müdigkeit vergessen ließ. Ich würde es auf jeden Fall verhindern, dass es so kam, wie Saruhiko es vermutete. Ich musste es einfach versuchen!

Dieser Gedanke hielt mich auch im Wagen davon ab, einzuschlafen. Die Unruhe war einfach zu groß. Mikoto... Ich war mir sicher, dass er auch wieder irgendetwas von mir wollte. Irgendwie... spürte ich das einfach. Und auch das beunruhigte mich. Wer wusste schon, was der vorhatte. Überrascht sah ich nach rechts, als mir Akiyama-San eine Hand auf die Schulter legte und mich aufmunternd ansah. Dann schlich sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen und ich nickte leicht. Er hatte bestimmt recht. Wir waren stark. Und wieder ausgeruht. Homra hatte keine Chance. Und ich wollte es einfach verhindern.

"Geht es dir gut?... Du siehst müde aus", fragte Akiyama-San besorgt nach. Mist, so wies aussah, reichten die paar Stunden schlafen vorhin nicht ganz aus. Aber was soll's. "Keine Sorge. Behalts für dich", zischte ich ihm leise zu und sah ihn bittend an. Der Vorsteher sollte das nicht wissen, sonst saß ich schneller wieder im Wagen, als man bis zehn zählen konnte. Mein Kollege sah mich besorgt an, nickte aber und sagte  nichts mehr dazu. Dafür war ich ihm echt dankbar.

Kaum hielt der Wagen schließlich am Tower, hechtete ich hektisch aus dem großen Auto und wäre am liebsten sofort reingerannt, um die Roten wieder nach Hause zu schicken. Aber... das ging natürlich nicht, zumal ich von Munakata-San aufgehalten wurde. "Hab Geduld, Kazuki-San. Vielleicht lässt sich die Situation friedlich lösen", meinte er ruhig. 'Friedlich, ja klar... Tut mir leid, Vorsteher, aber Mikoto hasst dich' seufzte ich in Gedanken und nickte schweigend.

So kam es, dass wir ruhig und mit mehreren Leuten des Spezial Angriffstrupps das Gebäude betraten und allein anhand des Zerstörungsgrades ahnte ich schon, was hier los war. Das waren mindestens drei Sprenglöcher in den Wänden, dieser Idiot... Aber ich hatte recht, friedlich würde das hier definitiv nicht von Statten gehen.  Zumindest hatte ich den Glauben daran verloren, als ich gesehen hatte, was der Rote König und sein Clan hier angerichtet hatten.

"Eine wandelnde Naturkatastrophe, wie es von Suoh zu erwarten war...", seufzte Munakata-San und ging voran. Awashima-Kun und ich folgten ihm und je näher wir dem Gebäude kamen, desto stärker wurde die Unruhe in meinem Herzen. Konnte ich Mikoto wirklich dazu bringen, diesen Unsinn sein zu lassen?...

"Kazuki-San..." Erschrocken sah ich auf, als der Vorsteher mich plötzlich einfach angesprochen hatte. "Ich werde dir die Möglichkeit geben, mit ihm zu reden. Aber wenn das nichts bringt, müssen wir härtere Maßnahmen ergreifen. Gib dein Bestes", meinte er. Dieser Blick... Ich nickte leicht und atmete tief durch. Sein Vertrauen ehrte mich sehr, doch gleichzeitig wusste ich irgendwie auch, dass er wohl ahnte, wie ich mich gerade fühlte.

"Ich danke euch, Vorsteher. Euer Vertrauen ehrt mich sehr", sprach ich ihm meinen Dank auch aus, es war das mindeste, das ich tun konnte. "Schon gut. Sollte es nicht gelingen, kehrst du unverzüglich zu uns zurück", meinte er und gab mir dann zu verstehen, dass ich mich beeilen sollte. Viel Zeit hatte ich also nicht, diese 'wandelnde Naturkatastrophe' aufzuhalten. Aber ich wollte nicht aufgeben. Also lief ich auch schon los, kaum hatte er zuende gesprochen, und stellte schnell fest, dass die gesprengten Wände auch gut als Wegweiser dienten, wie praktisch.

Weil ich so schnell lief, wie ich nur konnte, stellte ich erst viel zu spät fest, dass ich wohl mitten in eine Diskussion zwischen diesen Mafiaheinis und dem Roten Clan geplatzt war. Ups... Aber was soll's, daran war jetzt nichts zu machen.

"Blaujacken. Die trau'n sich echt hier- Au! Hey, Mikoto-San, was soll denn das?", beschwerte Yata-Chan sich direkt, als er einen unfreundlichen Spruch loslassen wollte und dafür von Mikoto eins auf die Rübe bekam. Der hatte mich ja schnell erkannt. "Du musst mal genauer hinsehen, Yata-Chan", meinte Kusanagi-San schmunzelnd und schenkte mir ein freundliches Lächeln.

Der Skater rieb sich den Kopf und musterte mich erstmal. Dann verstand er auch. "Yumi-Chan, du?" Ich nickte nur und ließ meinen Blick zu Mikoto schweifen. Wenn ich es nicht schaffte, ihm diese Schnapsidee auszureden... Ich schüttelte innerlich den Kopf und verdrängte den Gedanken. Es musste einfach klappen.

"Was willst du hier?...", fragte Mikoto und ich vernahm teilweise eine gewisse Genervtheit, aber auch Sorge und Wärme in seiner Stimme. Er sorgte sich also wirklich um mich... und dann veranstaltete er so einen Mist? Das passte irgendwie nicht zusammen. Noch weniger passend fand ich allerdings, dass sie allen ernstes Anna-Chan mitgenommen hatten. Sie war doch viel zu jung dafür!

"Das kann ich dich fragen. Was soll das? Du hast gefühlt das halbe Gebäude zerstört", meinte ich nicht unbedingt mit bester Laune. Das ging wirklich nicht. "Ist doch nicht dein Problem...", meinte er nur und... desinteressiert, wie ich fand. Vollidiot.

"Eben doch... Aber was soll's. Zieht euch zurück, ich bitte dich. Der Vorsteher... Hat gesagt, dass er euch das nochmal durchgehen lässt, wenn ihr jetzt keinen Streit provoziert, sondern friedlich abzieht", erklärte ich ehrlich und hoffte sehr, dass er auf mich hören würde. Allerdings konnte ich mir diese Hoffnungen eigentlich ja sowieso sparen. Und doch war ich irgendwie ganz froh, als er mich sanft an sich drückte und ich vergrub mein Gesicht in seiner Brust. Ich ahnte, dass er vermutlich spüren konnte, wie unwohl ich mich fühlte.

Mikoto seufzte leise und sah zu mir runter. Wie ich es hasste, dass ich so klein war, dass könnt ihr mir glauben... Gegenüber diesem König kam ich mir echt klein vor. Und genau genommen war ich das ja auch. Aber wenigstens war Anna-Chan wesentlich kleiner wie ich.

"Yumi... Das geht nicht", brummte er und ich hätte ihn am liebsten gleich  angemeckert, aber zumindest einen Grund wollte ich haben. Einen logischen Grund. "Und warum nicht?", murmelte ich leise und ließ seine angenehme Wärme auf mich wirken. Es war beruhigend. "Du wirst es verstehen..."

Ich seufzte leise. Tolle Antwort, echt. Aber so wies aussieht, konnte ich nichts mehr daran ändern. "Mikoto... Ich warne dich. Tu bitte nichts unüberlegtes...", meinte ich ernst, ließ ihn los und wollte mich dann schon umdrehen und zurückgehen. Es wäre sehr schlecht, wenn der Rote Clan entweder vor oder zeitgleich wie ich im Empfangsbereich auftauchen würde. Doch so direkt wurde aus meinem Plan nichts, was ich ganz kurz darauf auch schon feststellte.

Von jetzt auf gleich fing mein Herz an, wie verrückt zu schlagen, als würde es aus meiner Brust herausspringen wollen und ich realisierte zuerst gar nicht, was gerade passierte, bis ich mich wieder gefasst hatte und es verstand. Ich wurde rot. Knallrot. Aber... Gleichzeitig verspürte ich auch ein wohliges Gefühl und schloss langsam die Augen. Ich konnte es einfach nicht fassen. Aber es war echt, dass wusste ich mittlerweile und erwiderte ganz vorsichtig den sanften Kuss von Mikoto.

Ich war auch immer noch knallrot wie eine Tomate, nachdem er mich wieder losgelassen hatte und sah verlegen und ziemlich rot zu ihm hoch. Und das vor den anderen Jungs, das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Also zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das er das wirklich getan hatte... Doch gab mir dies zumindest auch ein gutes Gefühl, denn jetzt wusste ich, dass er die Gefühle, die ich für ihn entwickelt hatte, tatsächlich erwiderte. Und das beruhigte mich sehr. Aber gleichzeitig... verunsicherte es mich auch... Aber allein die Tatsache, dass er gesagt hatte, er würde auf mich zählen, machte mich dennoch wieder stärker.

"Na sieh mal an, in der Situation? Mutig, mutig, Casanova", musste Kusanagi-San seinen Freund und mich direkt aufziehen. "H-halt die Klappe!", stotterte ich immer noch knallrot, während der Rote König ihm einen genervten Blick zuwarf. "Früher oder später hätten es doch sowieso alle erfahren, also nerv nicht", setzte der rothaarige dann auch noch einen drauf.

Yata-Chan war mindestens so perplex wie die anderen, weil sie das wohl kaum von ihrem König erwartet hatten, und Anna-Chan lächelte einfach nur, genau wie Kusanagi-San. Nur... hatte ich jetzt ein riesengroßes Problem. Wie zur Hölle sollte ich bitte meinen Job erledigen, wenn er sowas machen musste!? Das durfte doch einfach nicht wahr sein!

☑[K] Zwischen Chaos, Ordnung & der Liebe✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt