Kapitel 61

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Im Moment wollte ich mich am liebsten nicht mehr von ihm trennen, aber leider war es damit noch nicht getan. Mikoto hatte jetzt seine ganze Kraft zurück, wenn nicht sogar noch ein bisschen mehr, aber noch immer lief der farblose König frei herum und bedrohte nicht nur Homra, sondern eigentlich alle Clans. Und Mikoto war nach wie vor richtig sauer auf ihn. "Was hast du jetzt vor?", fragte ich und sah zu ihm hoch. "Gute Frage... Eigentlich nur warten, bis dieser Mistkerl von alleine rauskommt oder ihn zwingen, rauszukommen", meinte er knapp.

"Und wenn wir ihm eine Falle stellen? Ich meine... Das Mädchen, von dem er Besitz ergriffen hat, trifft keine Schuld, Mikoto", meinte ich vorsichtig. "Hm und wenn schon... " "Nichts da und wenn schon. Das meine ich ernst, wir müssen uns was einfallen lassen!", meinte ich etwas genervt über seine Reaktion.

"Überlasst das einfangen mir. Ich bin der Inhaber der Macht des Ersten Königs, der Silberne und unsterbliche König. Ich werde ihn einfangen und in meinem Körper festhalten, dann könnt ihr ihn erschlagen, ohne jemand unschuldigen zu töten, Roter König", schlug Shiro-San vor. Ich sah ihn geschockt an, Mikoto hingegen grinste leicht. Die Idee gefiel ihm, soviel sah ich ihm sofort an.

"Aber Shiro-San!", versuchte ich dazwischen zu gehen, doch er ließ mich nicht ausreden. "Keine Sorge, Kazuki-San... Es ist ausschließlich der Farblose König, den er erschlagen wird, ich selbst werde weiterleben", meinte der Silberne König zuversichtlich. So wirklich begeistert, geschweige denn überzeugt war ich trotzdem nicht und auch der Vorsteher war alles andere als zufrieden mit diesem Plan. Letztendlich hatten wir aber keine andere Wahl, denn ansonsten würde definitiv jemand unschuldiges mit sterben müssen.

"Suoh, muss das unbedingt sein?", fragte der Vorsteher seufzend nach. Ich konnte ihn verstehen, die Bürde, die Mikoto auf sich nehmen wollte, hätte ihn bis eben noch das Leben gekostet und trotzdem wollte dieser sturkopf nicht hören, geschweige denn sich einmal vernünftig zeigen. "Ja das muss unbedingt sein, Munakata...", entgegnete der rothaarige ruhig und doch ernst. Diese beiden würden sich wohl nie verstehen, Freund und Feind zugleich und doch waren sie so verschieden. Wie Fushimi-San es schon mal sagte, diese zwei waren wie Feuer und Eis und vermutlich würden sie das auch immer bleiben.

"Vorsteher, das hat keinen Sinn...", seufzte ich. So war Mikoto leider. Ich wusste, dass er sich einfach für seine Jungs verantwortlich fühlte und gerade Totsuka-San war ja ein sehr enger Freund von ihm, aber trotzdem... Wieso musste er bloß so unglaublich doof sein? Und wieso gelang es mir nicht, diesen Idioten davon abzuhalten?

"Ich weiß. Und doch hoffte ich, eine vernünftige Antwort zu bekommen", entgegnete der Vorsteher nur und ich spannte mich unbewusst an, als die zwei sich gegenseitig angriffslustig anfunkelten. Wehe einer der beiden kam wieder auf die dumme Idee, den Kampf fortzusetzen, mir war auch egal, wer, ich würde trotzdem eingreifen. "Lass gut sein... Ich hab es nicht auf dich abgesehen, also belass es dabei", brummte Mikoto und beendete damit die Auseinandersetzung, worüber ich gerade wirklich froh war.

Shiro-San ergriff wieder das Wort. "Nun gut... Da wir jetzt festgelegt haben, wie wir den farblosen König aufhalten wollen, schlage ich vor, dass wir den Plan in die Tat umsetzen. Alle anderen sollten auf jeden Fall einen gewissen Abstand zu Suoh und mir aufbauen, damit ihr nicht verletzt werdet", meinte er ruhig. "Ich komme mit euch, Shiro-San", meinte ich und löste mich aus der Umarmung des Roten Königs, welcher mich nicht gerade vertrauensvoll ansah, aber ich konnte es ihm nicht verübeln, ich wusste, was ihn beunruhigte.

"Keine Sorge, Mikoto. Der Kerl kriegt mich nicht, hat er schon mal erfolglos versucht", meinte ich selbstsicher. "Wehe du lässt dich von dem angreifen", meinte er ernst, doch ich hörte klar und deutlich die Sorge in seiner Stimme. "Keine Sorge...Ich verspreche es dir", meinte ich und drückte ihn nochmal an mich, bevor ich Shiro-San zurück zur Treppe und diese anschließend runter folgte. Es war dennoch überraschend, dass ich weiterhin die Auren wahrnahm.

Vielleicht war mir diese Gabe ja geblieben und hatte nichts mit der Macht des Roten Clans zu tun? Das würde allerdings bedeuten, dass ich entweder tatsächlich eine Strain war, es nur nie wusste oder aber diese verfluchte Dresdner Schiefertafel trotzdem weiterhin darauf bestand, mich zum nächsten Roten König zu machen, sollte Mikoto zurücktreten. Und darauf hatte ich keine Lust.

"Shiro-San? Wie gedenkt ihr, gegen den Farblosen König vorzugehen? Er wird sicher versuchen, über euch die Kontrolle zu erlangen", gab ich zu bedenken und durfte mittlerweile vorangehen, denn auf mein Gespür konnte ich mich sowieso immer verlassen und der silberne König tat dies offenbar auch. "Eine gute Frage... Ich werde ihn ruhig angreifen lassen. Sobald er das Mädchen freigelassen hat, bringst du sie bitte weg von hier. Sie hat bereits viel durchgemacht und ich versichere dir, dass der Rote König auch kommen wird, sobald er den Farblosen König erschlagen hat", schmunzelte der älteste aller sieben Könige.

"Ihr wisst, dass ich trotzdem große Angst um ihn habe, richtig?... Naja... das ist auch nicht verwunderlich, ich habe bis hierhin ausschließlich für ihn gekämpft und mich selber dabei eher außer Acht gelassen. Mikoto... Er ist einfach jemand, den ich niemals sterben lassen möchte", seufzte ich. Shiro-San legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. "Hab keine Angst, er wird kommen. Ich verspreche es dir, bei meiner Macht als Erster König" Daraufhin musste ich schmunzeln, obwohl das total doof klang. "Und wehe nicht, dann könnt ihr was erleben", drohte ich gespielt, aber Shiro-San schmunzelte nur. Den Rest des Weges schwieg ich.

Ich konnte die ganze Zeit an nichts anderes außer Mikoto denken. Erst ein ohrenbetäubender Lärm riss mich aus meinen Gedanken und ich hielt mir erschrocken die Ohren zu. "Was zum Teufel ist das!?", fragte ich verärgert und sah mich um, bis ich schließlich die blöde Ziege auf einem Baum erblickte. Sofort war mein Kampfgeist geweckt, den Krach ignorierte ich und zog mein Schwert. "Kazuki-San" Isana hielt mich davon ab, den farblosen König anzugreifen und schüttelte den Kopf. "Überlass das mir. Kümmere dich bitte um die Schülerin", meinte er und zwang mich damit, mich brav an die Seite zu stellen und zu warten.

Erstaunlicherweise hatte er den Farblosen König innerhalb von ein paar Minuten reingelegt und eingefangen, aber ich wusste sofort, dass er ihn nicht lange unterdrücken können würde. Ich musste mich beeilen und das Mädchen in Sicherheit bringen, bevor sie etwas sah, was sie nicht sehen sollte, geschweige denn unabsichtlich in die Konflikte mit hinein geriet. Somit nahm ich sie sanft an die Hand und führte sie von der Insel zu Kuroh und Neko, die ungeduldig auf Shiro-San warteten, aber sich bereit erklärten, auf das Mädchen acht zu geben.

Obwohl ich eigentlich auch warten sollte, konnte ich einfach nicht anders und lief wieder zurück auf die Insel, in Richtung der wunderbar warmen Aura von Mikoto. Ich wollte in seiner Nähe sein, auch dann, wenn er den Farblosen König töten würde. Es war mir völlig egal, wie gefährlich das war, ich ließ mich nicht aufhalten. Ich hatte einfach zu viel Angst, obwohl ich eigentlich wusste, dass er nicht sterben würde, aber trotzdem ließ die ganze Sache mir keine Ruhe. Vermutlich war das einfach so, wenn man verliebt war und ganz genau wusste, was für Konsequenzen so ein Königsmord mit sich brachte.

☑[K] Zwischen Chaos, Ordnung & der Liebe✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt