Kapitel 44

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Die Minuten vergingen und ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Klar, Mikoto hatte mich eben echt positiv überrascht, aber... wenn er doch nur einmal auf mich hören würde... "Du solltest zurückgehen, sonst denkt Munakata noch was weiß ich", riss mich die tiefe, raue Stimme des Roten Königs aus meinen Gedanken. Ich sah zu ihm hoch und konnte einfach nicht anders, als mir noch eine Umarmung zu erlauben. Es war einfach ein wunderbares Gefühl, die Nähe und Wärme von ihm zu spüren.

"Ich weiß... Ich brauche fünf Minuten, aber... Ich bitte dich, lass es sein", murmelte ich und ließ von ihm ab. Hoffentlich hörte er zumindest ein einziges Mal auf mich... Aber ehrlich gesagt glaubte ich das nicht. Trotzdem fühlte ich mich nicht sehr wohl dabei, wieder zurück zu gehen und mich innerlich und auch äußerlich auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten. Mikoto... es tat mir leid, aber ich würde keine Rücksicht nehmen können. Ich seufzte leise, als mir dies bewusst wurde.

Bevor ich wieder den Empfangsbereich betrat, riskierte ich aber nochmal einen Blick auf den Brief, den mir Kusanagi-San zugesteckt hatte. 'Du darfst ihn erst aufmachen, wenn Mikoto es dir sagt... was hat das zu bedeuten?' überlegte ich im Stillen. Nach ein paar Minuten versteckte ich den Umschlag aber lieber wieder und ging zu meinem König.

Munakata-San erwartete mich zwar, doch sein Blick sagte mir alles. Er hatte es schon verstanden, ohne das ich es ihm erklären musste. Die Roten würden sich nicht zurückziehen und wir mussten sie aufhalten. Das war unsere Pflicht. Die Pflicht von Scepter 4, dem Blauen Clan.

Awashima-Kun sah mich mitfühlend an, aber ich gab ihr schnell zu verstehen, dass ich kein Mitleid wollte. Nicht jetzt. Jetzt mussten wir uns konzentrieren, für private Dinge war keine Zeit. Ich hatte meine Hand fest um den Griff meines Säbels gelegt und sah ernst und abwartend nach oben. Von dort würden sie kommen. Und schließlich war es soweit...

Allein die nächste Explosion verriet mir schon, dass er offenbar immer noch in Zerstörungslaune war. Dabei hatte ich ihm doch gesagt, er sollte es lassen... Aber was soll's, so war er eben, wenn eine seiner Freunde bedroht wurde. Unruhig sah ich zu ihm und stellte etwas überrascht, aber auch erleichtert fest, dass einer seiner Jungs, sowie Anna-Chan fehlten. Offenbar hatte er zumindest daran gedacht, sie vorher in Sicherheit zu wissen. Und das würde sie auch sein, denn mir war die Loyalität der Jungs ihm gegenüber sehr bekannt. Vor allem bei der Laune, die er momentan hatte.

"Scepter 4 betreten die... Bühne. Was sollen wir tun, Mikoto?", fragte Kusanagi-San schmunzelnd und sah zu uns runter. Na warte... Ob verliebt oder nicht, ich gab mich nicht wegen sowas geschlagen. Deshalb wunderte es mich auch nicht, dass Mikoto seinen üblichen Befehl uns gegenüber aussprach und natürlich keine friedliche Situation im Sinn hatte. Manchmal störte mich seine gewalttätige Ader extrem. Auch jetzt gerade. Ich wollte nicht gegen ihn kämpfen müssen, verflixt nochmal!

Noch unangenehmer wurde die Situation allerdings, als er dann auch noch einfach so ohne nachzudenken vom Geländer zu uns herunter sprang. Das war Wahnsinn, der hatte echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Und ausgerechnet dieser Idiot war derjenige, in den ich mich verliebt hatte. Verdammt.

"Alle Mann, zieht die Säbel!", befahl Awashima-Kun. Sie hatte wirklich schnell reagiert und auch der Vorsteher schien schon zu wissen, was Sache war. Ein Jeder von uns zog also unserem Ritual gemäß sein Säbel, so auch Fushimi, sie und ich, und nahm seinen Platz ein. Munakata-San war der letzte, der sein Schwert zog und die blaue Aura um uns wie einen Schutzschild frei werden ließ. Das beeindruckte den Roten König allerdings nicht mal ansatzweise.

Mikoto funkelte den Blauen König angriffslustig an und ließ auch seine Aura frei, die so ziemlich alles in Brand setzte und sogar Glas Lampen zum schmelzen brachte. Glücklicherweise schirmte die Aura von unserem König uns ab und wir wurden nicht von der unangenehmen Hitze erfasst. Trotzdem bekam ich ein mulmiges Gefühl, als die anderen Jungs von Homra sich zu ihrem König gesellten. Es wurde also gleich ernst. Und doch spürte ich etwas seltsames. Mikoto's Feuer tat mir überhaupt nicht weh.

Ich hatte allerdings keine Zeit, darüber nachzudenken. Meine Gedanken wurden durch das klirrende Geräusch des Säbels von Munakata-San unterbrochen, als dieser die Aura des Roten Königs abblockte und es anschließend seufzend wegsteckte. Was war denn jetzt los?

Noch verwirrender wurde die Situation direkt danach. Der Vorsteher hob seine Hand. "Ich komm allein klar...", meinte er und schritt dann auf den Roten König zu. Mikoto schmunzelte nur und sagte nichts. Die Aura von ihm verschwand und seine Jungs machten die Flatter. Was hatte er bloß vor? Und warum ganz alleine?...

Schließlich blieb Munakata-San direkt vor Suoh stehen. Ich traute meinen Augen und Ohren nicht, als ich genau verfolgte, was da eigentlich abging und zuckte zusammen, als ich die Worte des Vorstehers hörte.

*Sicht Mikoto*
"Auf Berufung der Übereinkunft 1.2.0. nehme ich dich in Gewahrsam. Erhebst du Einspruch?", fragte mein Gegenüber mich und sah weder zufrieden noch verärgert aus. Aus dieser Brillenschlange wurde ich echt nicht schlau. Aber was soll's... Es hatte seine Gründe, warum ich das jetzt machen musste. Yumi würde es erst später begreifen, aber... Ich musste es tun. Es ging nicht anders.

"Momentan wohl eher nicht... Wie du willst", bekam er eine gelangweilte Antwort. Ich hatte ja sowieso nicht vor, abzuhauen. Noch nicht. Aber die nächste Zeit würde nicht einfach werden und spätestens in zwei Wochen blieb mir keine andere Wahl, als auszubrechen. Hoffentlich hat Kusanagi, Yumi den Umschlag mitgegeben...

Ich war mir zwar nicht sicher, ob sie sich noch daran erinnern konnte... Aber ich hatte es nie vergessen, seitdem Yumi mir den Tag anvertraut hatte, an dem sie Geburtstag hatte. Auch Wenn's teilweise Kusanagi's Idee war, war es eine ziemlich gute. Und so lange wollte ich nun auch wieder nicht bei den Blauen Hunden festhängen. Fürs erste sollten die Jungs jetzt aber besser zurechtkommen, immerhin würde Munakata keine Wahl bleiben, als den Babysitter zu spielen. Na das konnte ja heiter werden...

Meine Gedankengänge wurden von Munakata unterbrochen, weil dieser verdammte Trottel nicht aufpassen konnte. "Zieh nicht so...", murrte ich genervt, aber ganz offenbar war er nicht der beste darin, anderen Leuten fesseln anzulegen. Und ich vermutete, dass ich recht hatte, denn ein paar Minuten später gab er auf und seufzte. Pech gehabt.

"Mach ja keinen Unsinn... Los komm. Ich habe nicht ewig Zeit und muss den Schaden wieder in Ordnung bringen, den du angerichtet hast", meinte der Blaue König und ich konnte einfach nicht anders, als zu Grinsen, als ich mitbekam, wie genervt er war. So geht's mir nämlich auch, wenn ich deine Visage sehen muss, Munakata... 

"Vorsteher, ich werde ihn zum Wagen bringen" Schon etwas überrascht sah ich zu Yumi runter. War das ihr Ernst? Dabei sollte sie eigentlich wissen, wie misstrauisch der Blaue König war. Ich konnte mir leider sehr gut vorstellen, dass er von unserer Beziehung erfahren hatte. Aber... vielleicht war es auch besser so, dass sie schon wieder todmüde war, sah ich ihr nämlich an. Und das gefiel mir überhaupt nicht. Dieser Vollidiot von einem König war wirklich zu nichts zu gebrauchen.

"Einverstanden... Komm bitte so früh wie möglich wieder zurück, Kazuki-San, Enomoto und Benzai werden dort die Aufsicht übernehmen. Und du richtest keinen Schaden mehr an, ist das klar?" Der letzte Satz von ihm ging hundertprozentig an mich, aber ehrlich gesagt war mir das sowieso egal...


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Was ist wohl drin in diesem geheimnisvollen Umschlag, von dem die ganze Zeit geredet wird? Schreibt gerne eure Vermutungen in die Kommis!^^♡

☑[K] Zwischen Chaos, Ordnung & der Liebe✅Where stories live. Discover now