Kapitel 38

396 22 16
                                    

Völlig geschafft von dem stressigen Tag hatte ich mich nach dem Abendessen in mein Zimmer zurückgezogen und versuchte, die nächsten paar Tage vorzuplanen, aber wegen den ganzen plötzlichen Notdiensten war das gar nicht so leicht. Und dann fiel mir noch etwas wieder ein. Vielleicht sollte ich den Abend ja endlich mal für was sinnvolles nutzen. Und nach ein paar Minuten überlegen entschied ich mich dazu, das auch zu machen. Hätte ich aber nicht, wenn ich gewusst hätte, was da noch auf mich wartete...

Aber zuerst musste ich mich natürlich erkundigen, ob überhaupt jemand da war. Also hatte ich mir kurz darauf auch schon meinen PDA geschnappt und versuchte, Kusanagi-San zu erreichen. Glücklicherweise auch erfolgreich.

"Hallo? Homra hier" War irgendwie klar, das er sich so melden würde. Das wurde mir auch klar, als ich feststellte, dass ich ausversehen nicht die private Nummer gewählt hatte und ihn somit auf beruflicher Ebene angeklingelt hatte. Ups... "Guten Abend, Kusanagi-San", begrüßte ich ihn und musste grinsen. "Ah, Yumi-Chan, du bist es. Ich wollte dich sowieso noch anrufen und fragen, wann du vorbeikommst", meinte er und ich hörte an der Tonlage schon raus, dass er mindestens genauso gute Laune hatte.

"Also Wenn's geht, komme ich gleich nochmal kurz rum. Ich hab sowieso nichts zu tun und auf eine dritte Nachtschicht bin ich jetzt nicht so scharf, wenn ich ehrlich bin", meinte ich und stellte schnell auf Lautsprecher, um mich nebenbei ein wenig hübsch zu machen und meine Haare etwas ordentlicher zu kämmen.  "Klar, gerne. Es ist auch nicht so viel los", meinte er und ich grinste fröhlich vor mich hin. Wieso ich so gut drauf war, wusste ich selber nicht.

"Klasse! Also dann bis gleich!", meinte ich fröhlich und nachdem wir uns dann gegenseitig voneinander verabschiedet hatten, legte ich wieder auf und schnappte mir eine kleine Tasche, für den Fall der Fälle, dass ich etwas brauchte oder aber es so eine kritische Situation gab, dass ich trotzdem gebraucht wurde. Abmelden musste ich mich nicht so wirklich, Seri-Chan Bescheid zu sagen sollte ausreichen, immerhin war ich nach wie vor eine erwachsene und selbstständige Frau.

Kaum hatte ich die Tür hinter mir zugeknallt und abgeschlossen, tauchte Seri-Chan im Flur auf. Ich glaube, das war wohl etwas zu laut... "Wo willst du denn um diese Uhrzeit noch hin?...", fragte sie verwundert und ich sah ihr an, dass ich wohl nicht die einzige war, die diese Nachtschichten so fertig machten. Aber das war irgendwie auch verständlich. Das letzte mal waren wir auch bis halb drei mit Kämpfen beschäftigt. Und ich hatte nach wie vor den Verdacht, dass dies das Werk von Nagare Hisui war.

"Ich gehe rüber zu den Jungs. Kusanagi-San hat für mich etwas nachgeforscht und das muss ich noch abholen. Kannst du dem Vorsteher Bescheid sagen, falls er fragt?", bat ich sie und lächelte leicht, als sie mir nur schweigend zustimmte. Man die arme war echt müde. Und den anderen ging es ja auch nicht besser. Kein Wunder, dass wir die ganzen Idioten nicht im Griff hatten.

"Danke. Und du ruhst dich am besten noch etwas aus, wenn du willst richte ich Kusanagi-San Schöne Grüße aus", versprach ich ihr und ließ sie dann in Ruhe. Wir brauchten wohl echt Unterstützung, so konnte es nicht weitergehen.

Mit diesem Gedanken schlich ich mich - leise, weil ich wollte die anderen nicht auch noch aufwecken - aus dem Gebäude und machte mich dann auf den Weg zur Bar Homra. Im Gebiet der Roten war es ungewöhnlicherweise ziemlich ruhig, andererseits... hier hatte Mikoto das Sagen und vorhin hatte er ja auch wieder eine Gruppe von Idioten verprügelt. Hoffentlich war er nicht da, aber irgendwie... Wusste ich jetzt schon, dass ich mir die Hoffnungen sparen konnte.

Entspannt öffnete ich die Tür der Bar und begrüßte Kusanagi-San freundlich. Es war wirklich ziemlich ruhig. Neben Totsuka-San, Anna-Chan und ihm war irgendwie keiner da. Selbst Mikoto nicht. Seltsam... Ich beschloss, mich nicht weiter damit zu beschäftigen und setzte mich an die Theke. "Einen schönen Abend wünsche ich dir, Yumi-Chan. Du siehst bezaubernd aus", meinte Izumo freundlich. Ich kicherte etwas. "Das ist lieb von dir, Kusanagi-San. Aber sag mal, warum ist hier eigentlich so wenig los?", fragte ich und sah mich verwundert um.

"Der King und die anderen sind los, ein paar Grüne Störenfriede verscheuchen, die ein bisschen genervt haben", erklärte Tatara schmunzelnd. Ich seufzte leise. "Der wird es wohl nie lernen..." Kusanagi-San schmunzelte. "Naja, sieh es positiv, so habt ihr auch etwas weniger Stress", meinte er und Tatara grinste mich an, als wollte er die Worte seines Freundes bekräftigten. Irgendwie hatten sie ja auch recht.

"Ja schon, aber... Vorhin... Es ging ihm nicht so gut, das hab ich gespürt", gab ich zu und seufzte leise. Wahrscheinlich lag es am Zustand seines Damoklesschwertes und das beunruhigte mich sehr. "Du hast es gespürt?", fragte Totsuka-San ungläubig. Ich nickte leicht, sah ihn verwirrt an und legte den Kopf schief, was hatte er denn auf einmal?

"Yumi-Chan hat ein sehr gutes Gespür dafür, Totsuka. Das ist Mikoto und mir auch schon aufgefallen", meinte Izumo nachdenklich. Ich sah verwirrt zwischen den beiden hin und her, war das jetzt so besonders? "Ach so, verstehe", grinste er und wollte noch etwas sagen, kam aber nicht zu Wort, weil jemand ganz bestimmtes äußerst genervt die Bar betrat und die Tür dann wieder mal mit einem lauten Knall ins Schloss fallen ließ, dann setzte er sich aufs Sofa.

"Meine Güte, was ist denn los?", fragte Kusanagi-San verwundert und sah mich dann entschuldigend an. "Schon gut", wehrte ich schnell ab und sah zum Roten König. "Warum fragst du?...", kam die genervte Gegenfrage. Anna lief zu ihm und setzte sich dann neben ihn. Tatara hatte es sich auf dem zweiten Sofa bequem gemacht und lag halbwegs unter der Decke.

"Oh je... Er ist gestresst", stellte Izumo seufzend fest. "Was ist denn passiert?", fragte ich und sah zu Mikoto rüber. "Du bist hier?...", fragte er zurück und schaute kurz zu mir. So wie ich die Situation einschätzte, war er immer noch sauer auf mich, mist... "Ja, ich musste was abholen und hab keine Lust gehabt, mich die ganze Zeit zu langweilen... Aber was ist eigentlich los?", wiederholte ich meine Frage, aber natürlich wich er dieser aus und schien nachzudenken. Der arme. Er machte sich immer noch Sorgen und war angeschlagen, dass spürte ich ganz deutlich.

"King, du brauchst es ihr nicht zu verschweigen, sie merkt es sowieso", meinte Tatara und schaute ihn aufmunternd an. Ich warf dem blonden einen verärgerten Blick zu, konnte er nicht einmal die Klappe halten? "Es ist nichts...", murrte Mikoto und sah nachdenklich aus. Mein Blick folgte seinem und ich erkannte, worüber er sich wieder einmal den Kopf zerbrechen musste. Seine Kraft machte ihm mehr zu schaffen, als ich bisher immer dachte. Er tat mir wirklich leid.

"Du lügst", sagte ich schließlich und sah in die bernsteinfarbenen Augen des Roten Königs, als dieser mit einem Hauch von Überraschung zu mir sah. Ich konnte ganz genau erkennen, dass er sich wirklich nicht besonders gut fühlte und es schien mir irgendwie, als wüsste ich auch ganz genau, was in ihm vorging. Ich konnte seine Sorgen wirklich sehr gut nachvollziehen... "Er hat recht. Ich sehe doch ganz genau, dass es dir nicht gut geht, Mikoto... Und das nicht erst seit heute...", murmelte ich und sah niedergeschlagen woanders hin. Für die Situation vorhin konnte ich ihm Vorwürfe machen, aber nicht dafür, was er alles durchmachen musste oder schon durchgemacht hatte.

"Wie lange?..." Verwirrt sah ich zu ihm, als er mich mit seiner Frage wieder aus meinen Gedanken zurückholte. "Wie lange weißt du's schon, dass du das kannst?", fragte er und ich hörte eine ganz leichte Unruhe in seiner Stimme. Machte er sich jetzt etwa Sorgen um mich? Dabei hatte er doch die größeren Sorgen! Aber ich spürte, dass er nicht locker lassen würde und es unbedingt wissen wollte. "Das... passiert manchmal...", murmelte ich leise und schwieg betreten. Deshalb bekam ich auch nur ganz schwach mit, dass sein Blick wieder auf mir zu ruhen schien. Und doch störte es mich nicht, ganz im Gegenteil sogar.

"Jetzt komm schon her...", brummte er schließlich nach ein paar Minuten, in denen Stillschweigen geherrscht hatte. Ich lief etwas rot an und sah zögernd zu ihm, meinte er das etwa ernst? Und ich dachte immer, er wollte es nicht offen zeigen... oder war das jetzt doch nur ein Spiel? Wie ich es hasste, ihn nicht durchschauen zu können und auch noch jedes mal in Verlegenheit zu geraten, das war Mega peinlich!

Als er jedoch auch noch mit der Frage, worauf ich denn warten würde, einen draufsetzen musste, gab ich mir einen Ruck und setzte mich zu ihm, zumindest wollte ich das - mehr oder weniger - aber ehe ich mich versah, fand ich mich direkt vor ihm sitzend wieder und bemerkte, dass er mich sanft etwas mehr an sich drückte. Ich wurde rot. "Wie viel Zeit brauchst du noch?...", fragte er und sah zu mir runter. Jetzt verstand ich. Mit einem Lächeln schloss ich meine Augen und lehnte mich an ihm an. Diese starke und angenehme Wärme zu spüren tat mir gut und ließ mich entspannen. "Ich bin ganz nah dran, Mikoto... Ganz nah dran...", murmelte ich, bevor ich auch schon wieder tief und fest schlummerte. Ich konnte es schaffen... und das werde ich auch!...

☑[K] Zwischen Chaos, Ordnung & der Liebe✅Where stories live. Discover now