Kapitel 7

7.2K 322 14
                                    

Reese

Jake bringt mich zu seinem Pick-Up, setzt sich aber zu meiner Verwunderung nicht hinters Steuer, sondern setzt sich mit mir auf dem Schoß auf den Beifahrersitz.
„Was ist...", höre ich die Stimme von Henry fragen, doch sie wird von einem heftigen Kopfschütteln von Jake unterbrochen.
Still weinend klammere ich mich noch immer an ihn. Die Fahrt verläuft ohne weitere Gespräche und als wir bei uns zu Hause angekommen sind, trägt mich Jake ins Haus.
„Ich werde den restlichen Tag hierbleiben, du kannst nach Hause gehen.", ruft er dem blonden Lockenkopf Henry zu.
„Okay Mann, bis morgen.", sagt er und verabschiedet sich.
Jake geht mit mir hoch ins Bad und setzt mich auf den Toilettendeckel ab.
Mein Blick ist starr auf das Nichts fokussiert.
Nur nebenbei bemerke ich wie Jake aus seinem T-Shirt, aus seinen Schuhen, aus den Socken und seiner Hose steigt. Vor mir kniet er sich hin und zieht mir meine Schuhe und Socken aus. Sachte nimmt er seine schwere Lederjacke, die mich so wunderbar mit seinem Duft eingelullt hat von meinen Schultern.
Er nimmt mich bei der Hand und steigt mit mir unter unsere große Dusche. Ich lasse alles mechanisch über mich ergehen, nur am Rand bekomme ich mit, wie er meine Boxershorts runterzieht und sich mit mir zusammen unter den warmen angenehmen Wasserstrahl stellt. Ruhig nimmt er etwas Shampoo in die Hand und gibt etwas auf meinen Kopf und Körper, ehe er anfängt meine Locken ein zu seifen. Ich schließe meine Augen und genieße seine wohltuenden Bewegungen, die er auf meinem Kopf ausübt.
Vorsichtig streicht er durch mein Gesicht, über die Augenbrauen, in der Mitte runter zu meiner Nase, über meine Wangen, wo er anfängt kleine kreise mit seinem Daumen zu ziehen. Leise seufze ich auf und lehne mich nach vorne, verlange nach mehr. Ich spüre seinen heißen Atem auf meiner Stirn, wo er mir einen sachten Kuss gibt und dann an der Seite runter, hinter mein Ohr wandert, wo er weitere kleine Küsse platziert.
Leicht beißt er in mein Ohrläppchen, was mich auf keuchen lässt.
Was macht er da?, frage ich mich schwach. Mit seiner Nase streicht er meinen Kiefer entlang und wandert dann von der Mitte weiter hoch, wo seine Nase auf meine trifft.
Ich spüre, wie seine Zunge über meine Lippen leckt und er dann auf keucht. „Oh Reese...", seufzt er.
Mit einem verkrampften Gesichtsausdruck geht er einen Schritt zurück und atmet tief ein und aus. „Ich lege dir ein Handtuch raus und koche dir einen Tee.", sagt er monoton und steigt aus der Dusche. Verdattert starre ich ihm hinterher. Habe ich gerade eben nur geträumt?

In meinen Gedanken vertieft wasche ich das Shampoo von meinem Körper und steige aus der Dusche.
Habe ich mir diese Spannung zwischen uns nur eingebildet?
Doch auch wenn es so war, er ist mein Bruder, es ist falsch!
Als ich in meinem Zimmer bin ziehe ich mir frische Klamotten aus dem Schrank an. Gemütlich schlüpfe ich in eine Jogginghose und einen großen blauen Pulli. Unsicher begebe ich mich nach unten und suche nach Jake. In der Küche finde ich ihn auf, müde lässt er seinen Kopf hängen und stützt sich mit den Armen an der Theke ab.
Behutsam lege ich meine Hand auf seine Schulter, bemüht ihn nicht zu erschrecken. Innerlich bete ich das dieser merkwürdige Moment in der Dusche, keinen schlechten Einfluss auf unsere Beziehung haben wird.
Ich könnte es mir einfach nicht vorstellen ohne ihn zu sein. Er zuckt leicht zusammen und sieht mich dann an. „Alles gut?", frage ich ihn zurückhaltend. Kurz räuspert er sich und stellt sich dann aufrecht hin. Mit seiner großen rauen Hand streicht er über meine warmen Wangen.
„Was dir angetan wurde Reese, ist unverzeihlich. Bitte sag mir wer dich so leiden lässt. Ich kann das nicht länger mit ansehen. Es zerstört dich und du bist viel zu gutherzig, als dass du das nicht zu sehr an dich ranlässt. Bitte Reese, egal was du versuchst vor mir zu verstecken, würde mich niemals so sehr verletzen, wie die Tatsache, dass du mich belügst.", flüstert er.
Wenn er doch nur wüsste, er würde es nicht verstehen, er würde aufhören mich so zu sehen. Vielleicht würde er auch aufhören mich zu lieben und das würde ich nicht überleben.
„Ich kann nicht. Es tut mir so schrecklich leid... Bitte frag mich nicht was sie gegen mich verwenden würden. Ich halte das schon aus, wirklich!", sage ich und schaue ihn dabei tief in die Augen. „Wie du wünschst, aber ich werde nicht aufhören diejenigen zu suchen, die dir das antuen und dann werden sie leiden!", sagt er bestimmt.
Lächelnd sehe ich ihn an, es ist einer der besten Eigenschaften von Jake.
Er ist einfach immer für einen da. „Geh hoch und pack eine Tasche für 2 Tage.", Jake deutet nach oben und schaut kurz auf seine Uhr.
„Wieso?", verwirrt sehe ich ihn an. „Wir fahren weg.", schmunzelnd packt er mich bei den Schultern und schiebt mich Richtung Treppe.
„A-Aber was ist mir der Schule?", mit großen Augen sehe ich ihn an.
„Dort habe ich eben angerufen und dich für den Rest der Woche entschuldigt.", erzählt er mir.
Schnell gehe ich nach oben und ziehe eine alte Sporttasche aus meinem Schrank. Es ist schon ewig her, dass wir weg gefahren sind. Das letzte Mal sind wir mit Dad zum Grand-Canyon gefahren. Es kommt mir vor, als wäre das ewig lang her. Ich vermisse ihn wirklich sehr, der Unfall kam so überraschend und hat uns alle geschockt. Wäre Jake nicht da gewesen, hätte mich die Trauer verschlungen.
Schon immer habe ich große Verlustängste, besonders als meine Mutter gestorben ist. Ich war gerade mal vier Jahre alt gewesen. Jake war damals 7 Jahre älter als ich. Ich möchte mir gar nicht vorstellen wie schlimm das für ihn war, denn ich kann mich an diese Zeit kaum noch erinnern. Traurig lächelnd betrachte ich das Bild auf meinen Nachtschrank, wo meine Mom mich auf dem Arm hat, mein Dad neben ihr steht und Jake breit in die Kamera lächelt.
Seit dem Tod unseres Vaters lächelt er nur noch selten, was wirklich schade ist, denn er hat so ein schönes Lächeln. Als ich meine Tasche fertig gepackt habe, gehe ich nach unten und laufe Richtung Auto, wo Jake gerade dabei ist seine Tasche und anderes Zeug auf die Ladefläche zu schmeißen. Aufgeregt und extrem neugierig reiche ich ihm meine Tasche und starre ihn an. Seine Mundwinkel verziehen sich zu einem kleinen grinsen. „Vergiss es Reese, ich werde dir nicht verraten, wo es hingeht." Schmollend setze ich mich ins Auto und verschränke meine Arme. Jake steigt zu mir ins Auto und hält mir eine Schachtel hin. „Was ist das?", verwirrt sehe ich ihn an.
„Ein Handy, da du deins letztens verloren hast, habe ich dir ein neues besorgt.", sagt er und schnallt sich an. Hocherfreut packe ich das Handy aus. „Vielen Dank, Jake!"

Die erste halbe Stunde reden wir nicht viel, da ich komplett darin vertieft bin mein Handy ein zu richten.
Ich schreibe Willow eine Nachricht, dass ich diese Woche nicht mehr kommen werde und schieße wie ein kleines Kind Fotos, um zu sehen, wie die Qualität ist.
Kopfschüttelnd beobachtet mich Jake, doch ich blende es einfach aus, denn das Handy ist gerade echt wichtig. Mich hat es zwar nicht gestört kein Handy zu haben, aber es hat schon so seine Vorteile.
Nach zwei weiteren Stunden hält Jake plötzlich an und ich sehe nach oben. Ich fasse es nicht, was ich dort sehe.

Show Me...Where stories live. Discover now