Kapitel 35

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Easier von Mansionair

Jake

Ein Poltern reißt mich aus dem leichten Schlaf und müde sehe ich auf die Uhr. Es ist gerade einmal zwei Uhr morgens. Draußen ertönt ein lautes donnern und der Regen prasselt gegen mein Fenster. Vielleicht hatte jemand im Haus Durst. Seufzend schließe ich wieder die Augen, doch dann höre ich wie sich die Haustür schließt. Sofort bin ich hell wach und stehe auf. Wieso sollte um die Uhrzeit jemand das Haus verlassen?
Vielleicht Grandma?
Aber was sollte sie draußen bei dem Unwetter wollen? Schnell schlüpfe ich in ein paar schwarze Shorts und ziehe mir einen dunkelblauen Pulli drüber, ehe ich mein Zimmer leise verlasse.
Neugierig linse ich in Reese Zimmer und mit einmal knallt mir eine Wolke voller Angst, Verzweiflung, Stress und Hilflosigkeit entgegen. Besorgt sehe ich zum Bett, doch es ist leer und die Laken im ganzen Zimmer verteilt. Sofort breitet sich mein alles einnehmender Beschützerinstinkt aus. Mein Körper ist angespannt und in Alarmbereitschaft. Prompt wird mir klar, dass Reese das Haus verlassen haben muss.
Ohne nachzudenken schlüpfe ich in meine Sneaker und renne die Treppen runter aus der Tür. Wie ein konstanter Faden rieche ich Reese unfassbare Angst, die mich durch den ganzen Garten tief in den Wald führt. Meine Schritte werden immer schneller, bemüht nicht aus zu rutschen. Leuchtende Blitze erhellen den düsteren Wald. Kalt und peitschend schlägt der Regen gegen mein Gesicht. Durch den Regen wird seine Fährte immer schwächer, weswegen ich noch schneller sprinte. Was sucht er hier draußen und warum hat er Angst? Mein Herz zieht sich schmerzhaft in mir zusammen.
„Reese?", brülle ich und hoffe er kann mich hören, doch niemand antwortet mir. Zitternd renne ich weiter und stolpere über einen Baumstumpf.
Der Länge nach fliege ich hin, bin aber sofort wieder auf den Beinen und renne weiter. „Reese!", brülle ich jetzt in meiner Alphastimme, die laut durch den Wald schallt. Schmerzhaft stechen meine Lungen.
Wie kann es sein, dass er so schnell ist?
Ich müsste ihn schon längst eingeholt haben. Wo verdammt bist du, Reese?! Keuchend bleibe ich stehen und schließe die Augen, konzentriere mich voll und ganz auf meine Fähigkeiten.
Sein Duft ist schwach, doch ich nehme ihn noch leicht war. Hören kann ich ihn jedoch nicht. Wie weit bin ich bereits gegangen? Schell renne ich wieder weiter und versuche ihn zu finden.
„Reese!", brülle ich noch einmal, doch wieder bekomme ich nicht eine Antwort. Heftig saust der Wind um meine Ohren und der peitschende Regen sorgt dafür, dass ich kaum etwas erkennen kann. Immer wieder muss ich mir das störende Wasser aus dem Gesicht wischen. Weit springe ich über einen Baumstamm und lande auf den feuchten Ästen am Boden, die laut knacken. Schnaufend laufe ich weiter und weiter. Ich habe das Gefühl im Kreis zu laufen, denn immer wieder schlägt mir mein eigner Geruch in die Nase. Versucht er mich zu täuschen? Plötzlich kommt mir ein Ast entgegen, dem ich nur knapp entkomme. Laut knurre ich auf und versuche noch schneller zu rennen, denn sein Geruch wird etwas intensiver, aber wird ganz klar von Angst übertönt.
Oh Reese, was ist nur geschehen?
Immer deutlicher kann ich ihn riechen. Umso weiter ich renne, umso weniger Bäume werden es. Laut schlägt ein Blitz bei mir in der Nähe ein. Immer wieder wird der Himmel von einem gewaltigen Blitz gesäumt. Ich brülle noch ein letztes Mal seinen Namen. Kaum noch Bäume stehen hier und der Wind peitscht noch viel heftiger gegen meinen Körper.
Abrupt bleibe ich stehen.
„Reese! NEIN!"


Reese
Stunden zuvor...

„Reese...", flüstert jemand und murrend drehe ich mich um. „Reeehhhse", zischt es, was ich nur grummelnd beantworte. „Reheese." „Lass mich.", murmle ich und verkrieche mich noch weiter in der Decke. „Komm mit mir Reese."
„Komm, ich zeig dir einen Ausweg."
„Ausweg?", brumme ich verwirrt.
„Jaah, komm mit mir, Reheese."
„Ich will nicht.", flüstere ich müde.
„Du musst!", knurrt plötzlich die Stimme. Ängstlich reiße ich die Augen auf und mein Herz schlägt schmerzhaft gegen meinen Brustkorb. „Wer ist da?", meine Stimme ist kaum zu hören.
„Du weißt wer ich bin..."
Gehetzt sehe ich mich im dunklen Zimmer um, was nur ab und zu durch einen Blitz erhält wird. „N-Nein.", zittere ich und kann niemanden erkennen.
„Oh Reese. Du wirst jetzt das tun, was ich dir sage.", knurrt eine hässliche Stimme, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt und heftige Panik kriecht meinen Rücken hinauf.
„Du hast keine Wahl, Reeehese.", plötzlich stehe ich im stockdunkeln Wald. Geschockt sehe ich wild hin und her.
„Wo bin ich?". Tränen laufen mir übers Gesicht. „Nach was sieht es denn aus, Reeseee?"
„Was... Was mache ich im Wald?", schlotternd reibe ich mir über die nackten Arme. Mein T-Shirt ist komplett nass und hängt schlapp an mir hinab.
„Bitte, lass mich gehen.", weine ich.
„Oh nein Reese. Du musst noch etwas für mich tun!", befiehlt mir eine männliche Stimme, die mir so erschreckend bekannt vorkommt und doch kann ich sie niemanden zu ordnen.
„W-W-Was?"
„Lauf Kleiner! Lauf!", zischt sie plötzlich hinter meinem Ohr und ich hechte los, keine Ahnung wohin mich meine Beine führen.
Schluchzend renne ich immer weiter, meine Füße schmerzen, doch ich kann einfach nicht stoppen, als wäre ich nicht mehr Herr meines eigenen Körpers. „Renn!", brüllt jemand und ich werde immer schneller. Meine Lunge brennt so unglaublich schmerzhaft. „Bitte!", flehe ich, denn ich kann nicht mehr.
„Renn!", brüllt die Stimme nur wieder. Abrupt breche ich zusammen und fasse an mein wild schlagendes Herz, was sich anfühlt, als würde es gleich zerreißen. Keuchend, stütze ich mich ab und versuche auf zu stehen.
Ich bin auf einem kleinen Hügel.
Bei genauerem betrachten, stehe ich auf einer Klippe. Was mache ich hier?
„Komm näher!", flüstert jemanden und ich erkenne eine dunkle Gestalt am Rand stehen. „Wer bist du?", unbewusst gehe ich auf die Gestalt zu. „Du weißt es ganz genau.", lacht er.
Verwirrt runzle ich die Stirn.
„Wer bin ich Reese? Denk nach."
„I-Ich weiß es nicht."
„Schade.", sagt er auf einmal so kalt und ist verschwunden. Schnell gehe ich dort hin wo er eben noch stand, doch er ist weg. Ängstlich sehe ich nach unten und erkenne den See unter der tödlichen Klippe.
Dort war ich mit Jake schwimmen. Es kam mir vor, als wäre ich Stunden gerannt, wie kann das sein?
„Verlockend nicht?", flüstert jemand hinter mir und schnell drehe ich den Kopf um, doch dort ist niemand.
„Es tut nicht weh.", zischt er. „Was?", frage ich dümmlich. „Der Fall."
„Wieso sagst du das?", mein Blick ist auf die Tiefen gerichtet. „Weil du springen wirst." „Werde ich?", zittere ich ängstlich, denn ich will das nicht.
„Hm... Jaah!", kichert er. „Warum sollte ich?" „Weil du keine Wahl hast."
Tränen strömen über meine Wange und meine Füße tragen mich noch ein wenig näher, obwohl ich dagegen ankämpfe. „Bitte.", fehle ich. „Soll ich dir helfen?", fragt er mich.
„Bitte, ich will das nicht!"
„Oh doch, du willst."
Wieso kann ich ihn nicht sehen?
„Nein. Nein, bitte!"
„Nur noch einen Schritt, Reese, dann ist es vorbei."
„Bitte! Nein!", flüstere ich.
„Spring, Reese! Spring!", brüllt er und meine Füße gehorchen.
„Reese! NEIN!"

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