75| Sei nicht sauer, Bruderherz

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Sadie

Ich erzählte Lee alles, in dem Moment, in dem ich Zuhause ankam. Denn am Ende des Tages war er immer noch mein großer Bruder. Die beiden mussten es mir versprechen, weil ich Angst hatte, er würde sauer werden. Nicht auf mich, sondern auf die Harringron und die Leute dort. Aber er wurde es nicht. Er sah mich an während ich alles erklärte, zog mich fest in seine Arme und beruhigte mich, als ich zum zweiten Mal an diesem Tag zusammen brach.

Er sagte mir, dass wir das schon schaffen würden, egal wie es ausgeht. Dass ich niemals allein wäre. Und auf einmal fühlte ich mich erbärmlich. Ich schämte mich für meine Tränen. Ich hätte stärker sein sollen, als dass mich die Situation so aus der Fassung bringen konnte. Ich war erwachsen, verdammt! Dennoch hatte ich Angst wie ein kleines Kind.

„Du musst dein Date nicht absagen.", sagte ich, während Lee mir ein Taschentuch reichte. „Ich kann dich doch so nicht allein lassen.", blieb er standhaft und das schlechte Gewissen verbiss sich tief in mir. Lee freute sich auf diesem Abend schon länger wie ein kleines Kind. Auch, wenn er es niemals zugeben würde. Auch Ezra schien heute Morgen ganz angespannt.

Und nun war alles ruiniert. Nein, das würde ich nicht zulassen. Ich griff nach seiner Hand und sah ihm tief in die Augen. „Du wirst gehen, und dir einen schönen Abend machen, verstanden?"
„Aber-"
„Kein aber. Moe kommt gleich rüber. Wir wollten uns sowieso Plötzlich Prinzessin ansehen." Lee nickte verstehend.

Ich weiß nicht, wann wir diese Tradition etabliert hatten, aber immer, wenn einer von uns beiden sich schlecht fühlte, tauchten wir bei dem jeweils anderen auf und wir schauten einen kitschigen Film. Moe war anfangs von der Filmwahl nicht sehr begeistert, aber seit ich ihn gezwungen habe, mit mir Natürlich Blond angesehen habe, ließ er es still über sich ergehen.

„Also mach dir keine Gedanken. Ich schreib dir, sobald wir die Neuigkeiten bekommen." Lee rieb sich über die Stirn. Ich weiß, dass er gerade Wegs dabei war, alles abzusagen, weil er mich nicht allein lassen wollte. Deswegen sah ich ihn ermahnend an und er nickte ergeben.

Nur weil mein Abend ruiniert war, hieß es nicht, dass seiner es auch sein muss.

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Moe feuerte gerade das Popcorn in der Mikrowelle an, als wäre er ein Football Coach, als das Telefon läutete. Das ganze Haus wurde mucksmäuschenstill, während ich denn Hörer abnahm. „Hallo?"

Als ich den Hörer wieder auflegte, waren meine Knie weich. Meine komplette Familie stand um mich herum, wartete auf das Urteil, das man über mich gefällt hatte. Auf die alles verändernde Entscheidung. „Und?", fragte Moe nervös, während ich mir über das Kinn fuhr.

Mein Herz raste, während Mr Lorringons Sätze immer noch in meinem Kopf herumgeisterten.
„Ich", ich konnte es immer noch nicht fassen.
„Ich muss einen Monat nachsitzen. Aber da mein Drogentest negativ zurückkam, sehen sie es als zu drastisch mir mein Stipendium wegzunehmen." War das überhaupt möglich? „Mr Lorrington meinte, er konnte sie mit einem Plädoyer zu meinen Gunsten überzeugen. Sie haben mir geglaubt, dass mir jemand was anhängen will! Ist das zu fass-?" Moe war der erste, der mir um den Hals fiel, dann folgte Lee. In wenigen Sekunden befand ich mich in der Mitte, einer Gruppenumarmung.

„Manchmal", begann Lee und ich hörte ihn nur gedämpft. „gewinnen wir auch." Ich dachte eigentlich meine Augen wären ausgetrocknet, nach dem ganzen Heulen, aber meine Sicht verschwamm erneut.

Drogen in meinem Spind hätten eigentlich mein Ende bedeuten sollen. Die Tatsache, dass man zu meinen Gunsten entschied, dass man mir glaubte, grenzte für mich an ein Wunder, für das ich nicht dankbarer sein konnte. Ich schuldete Mr. Lorrington etwas. Er hatte es irgendwie geschafft, sie zu überzeugen. Und Ezra... Ich hatte seit der Schule nichts mehr von ihm gehört, aber ich war mir sicher, dass er auch hinter den Kulissen ein paar Fäden gezogen hatte.

Stille Freudentränen liefen mir über die Wange, als die Mikrowelle das fertige Popcorn ankündigte. Lee war der Erste, der sich aus der Gruppenumarmung löste. Er klopfte mir aufmunternd auf die Schultern.

„Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich muss jetzt lernen wie man eine Krawatte bindet."

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„Nein, so rum.", sagte ich und versuchte Lees Knoten von einer Krawatte zu richten. Frustriert fuhr er sich durch die Haare, die vor einer halben Stunde noch ordentlich nach hinten gekämmt gewesen waren. Hätte er nicht darauf bestanden, sie sich selbst zu binden, würde er schon aussehen wie ein Gentleman.

„Teufelswerk.", murmelte als wir wieder am Anfang waren und er erneut begann den Knoten zu binden. „Du weißt, dass es auch so Ansteck-Dinger gibt, ne?", mampfte Moe, mit einem Mund voller Popcorn. Es war kurz vor 8 und in 10 Minuten würde Ezra kommen, um ihn abzuholen. Es war fast schon niedlich, wie sich mein Bruder versuchte herauszuputzen. Die Seite von ihm war neu und sie stand ihm unheimlich gut.

Wir standen in der Mitte des Wohnzimmers und ich versuchte ihm es zu erklären, aber langsam dachte ich, er ist ein hoffnungsloser Fall. Moe und Lizzy hatten sich auf die Couch gesetzt und beobachteten das ganze Spektakel.

Es war 3 Minuten nach 8 als er endlich einen anständigen Knoten hatte. Er war ein wenig schief, aber es war ein Knoten. Er strich sich das Hemd glatt und betrachtete sich im Spiegel. „Warum bist du eigentlich so nervös, man?", fragte Moe und verteilte ein paar Körner auf dem frisch gesaugten Teppich. „Ist ja nicht so, als wäre das euer erstes Date. Und flachgelegt hast du ihn auch schon. Hoffe ich zumindest." Ich warf ein Kissen Richtung Moe, damit er endlich die Klappe hielt. Ich traf stattdessen das Popcorn.

„Ich soll mich schick anziehen.", erklärte Lee und Moe rümpfte die Nase. „Das nennst du schick?"
Ein erneutes Kissen. Er wich aus. „Was ist heute dein Problem, Green? Haben die Kissen dir etwas getan, oder bin ich es?" Ich machte eine Geste, dass er endlich die Klappe halten sollte. Konnte er den nicht die Situation lesen? „Was? Ich sag doch gar nichts!"

Seufzend setzte ich mich neben Moe und griff in die halb leere Schüssel. Es war ein hoffnungsloser Fall.

Bad Influence [BxB]Where stories live. Discover now