91| Ein Rennen gegen die Zeit

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Eleanor Rigby
Cody Fry

Ezra

„Fuck! Geh ran. Geh ran..." Ich hatte meinem Vater eine verpasst. Ich hatte ihm wirklich ins Gesicht geschlagen, so fest, dass seine Lippe aufgeplatzt war. Jahrelang war das nur in meinem Kopf passiert, aber ich hatte es endlich getan. Und es hatte sich verdammt Gut angefühlt. Aber die Endorphine in meinem Körper wurden leider von der schieren Panik überschattet, die mich bis auf die Knochen zittern ließ.

Ich lief die Treppen zum Parkhaus hinab, während ich jeden anrief, der Lee davon abhalten konnte, auf dieses verfickte Motorrad zu steigen.

Aber da die ganze Welt mich gerade zu hassen schien, endete ich immer in einer Mailbox. Selbst Annie ging nicht ran! Der einzige, der vielleicht ran gehen würde, war ein 8-jähriger ohne Handy.

Ich stieß die Metalltür auf und rannte durch die Garage auf meinen Wagen zu, während ich erneut Lee anrief. „Bitte, bitte nimm ab!", murmelte ich und schwang mich hinters Steuer. Mein Handy zwischen Schulter und Ohr, raste ich mit heulendem Motor aus der Garage.

„Scheiße.", fluchte ich, als er wieder nicht ran ging. Wann ist er das letzte Mal gestartet? Um wie viel Uhr, war er an der Reihe? Gott, und wenn er heute als erstes dran war? Ich drückte das Gas Pedal durch und raste über eine rote Ampel.

Ich versuchte es bei Sadie, dann Reid. Ich konnte kaum noch atmen und dieses bescheuerte Tuten schien mich auszulachen. Irgendjemand musste ran gehen! Irgendjemand musste ihm von diesem Ding runter ziehen, bevor ....
Ich schlug auf das Lenkrad, als Lizzy mich weg drückte.

Es war kurz vor 22 Uhr und die Straßen waren brechend voll. Wie lang brauchte ich bis zu diesem verlassenen Fabrikgelände? Es war außerhalb der Stadt. Shit, shit, shit. Ich starrte auf die Uhr, während in meinem Kopf verschiedene Bilder aufblitzten.

Ein heulender Motor. Eine feiernde Menge und das Startsignal. Das Geräusch von quietschenden Reifen. Rotes Blut auf schwarzem Asphalt.

Ich umklammerte das Lenkrad so fest das meine Knöchel weiß hervor traten. Was, wenn ich zu spät kam? Was, wenn ich Schuld war...? Was, wenn ich ihn umgebracht habe?

Ich raste durch die Straßen so schnell wie noch nie zu vor, so dass ich nicht sagen konnte, was schneller war. Der Wagen oder mein Herz.

Bitte, Lee. Ich kann dich nicht verlieren.

Die Lichter der Stadt verschwammen zu einem einzigen Schleier und ich hatte das Gefühl, als würde mir langsam die Luft ausgehen. Als würde ich ersticken.

Ich wählte erneut eine Nummer. Ich schaute einen Moment auf das Display. Ohrenbetäubendes Hupen ließ mich aufschrecken und ich schaffte es im letzten Moment, meinen Wagen wieder auf meine Spur zu ziehen. Ich schmeckte Blut.

Ich lauschte. Hoffte das Moe ran gehen würde. Wenn es wirklich einen Gott gibt, soll er dafür sorgen, dass irgendjemand sein beschissenes Handy abnimmt! Die Mailbox gab mir einen weitern Stich in meine Brust.

Der Wind wehte aus dem zerbrochenen Fenster herein und stach mir in den Augen.

Frustriert ließ ich mein Handy sinken und sah gerade noch rechtzeitig die Bremslichter des Autos vor mir. Ich wurde gegen den Gurt geschleudert, als ich es gerade noch schaffte rechtzeitig stehen zu bleiben. „Nein." hauchte ich, als ich das Ausmaß erkannte, dass sich vor mir erstreckte.

Mit zitternden Händen schnallte ich mich ab und stieg aus dem Wagen. Vor mir erstreckte sich eine lange Schlange von Autos und hinter mir schlossen bereits die Nächsten auf. Das konnte nicht wahr sein! Ich war direkt in den Feierabend Verkehr geraten und steckte nun zwischen tausenden Autos fest. Ich schrie auf und meine Hand landete auf meiner Motorhaube. Meine Lungen brannten genauso wie meine Knöchel.

Fuck.

Ich wollte auf die Knie sinken. Schreien. Stattdessen wählte ich seine Nummer erneut. „Bitte.", hauchte ich, da ich nun wusste, dass es meine letzte Hoffnung war. Ich steckte fest und das Kilometer weit von ihm entfernt. Es war, als wäre ich hinter einer Glasscheibe, schreiend, trommelnd, verdammt zuzusehen. „Tu mir das nicht an. Ich flehe dich an."

Hinterlassen sie eine Nachricht nach dem-" Ich taufte mir die Haare, wollte etwas kaputtschlagen. „Lee.", flehte ich in den Hörer. Ich hörte vereinzeltes Hupen, als ich begann zwischen den Autos hindurchzulaufen. „Steig nicht auf dieses Motorrad! Was auch immer du tust, steig-", ich stolperte über meine Worte. Keuchte, als wäre ich einen Marathon gelaufen.

„Deine Bremsen. Sie sind defekt. Du könntest sterben, wenn- bitte.", mit meinen Kräften am Ende, fiel ich mitten auf der Straße auf die Knie. „Ich ... es tut mir so leid. So leid. Ich wollte dir nie weh tun, ich wollte immer nur das du glücklich bist. Das ist alles was ich j-jemals v-v-von dir wollte.", keuchte ich und es war mir völlig egal, dass ich stotterte.

Alles war mir egal. Nur Lee. Er...
„Du musst überleben, h-hörst du? Du darfst nicht fahren, und du w...wirst nicht fahren, hast du mich verstanden?"

Ich griff an meinen Hals, sah nach oben in die Sterne.

„Mein Vater er... er hat dir das angetan. Und mir. Ich wünschte ich hätte es dir einfach erzählt. Bevor es zu spät war. B-Bevor du angefangen hast mich zu hassen." Etwas warmes ran meine Wangen hinab. „Huh, scheiße."

„Ich wollte dich doch nur beschützen, so wie du es für jeden andern tust. Aber nicht mal das hab ich geschafft. Ich ... Bitte verzeih mir." Meine Hände kratzten über den Asphalt. „Verzeih mir."

Ich legte auf und starrte auf die Autos, die mich praktisch umzingelt hatten. Und dann kam mir plötzlich ein Gedanke. Ein Weg ihn zu beschützen. Ein Weg zu verhindern, das er fuhr, wenn es nicht schon zu spät war.

Ein Weg, den ich niemals zurück nehmen könnte. Den sie mir nie verzeihen würden. Aber er würde leben, der Rest war mir egal.

Ich sah kaum was ich tippte, als ich die Nummer eingab. Hörte kaum die Stimme, der Frau die mir antwortete. Endlich jemand der antworte, war alles was ich dachte.

Ich erkannte meine eigene Stimme kaum, als ich die Informationen durch gab und die Stille, die mich umging nach dem ich auflegte, war wie ein Vorwurf. Eine stille Verurteilung.

Es war um ihn zu beschützen.

Sie werden mich verabscheuen.

Er würde leben.

Wenn es nicht schon zu spät war.

Bad Influence [BxB]Where stories live. Discover now