42. Kapitel

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Ich konnte nicht

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Ich konnte nicht. Ich konnte sie einfach nicht anrufen. Es ging nicht. Die Möglichkeit war zwar da und ich hatte die Nachrichten, die sie mir gesandt hatte, auch gelesen.

Sie war zu gut. Ihr Herz war zu groß. Ich sollte mich wirklich bei ihr melden. Schließlich sollte ich mich an unsere Abmachung halten, doch es tat weh. Ich konnte kaum noch atmen. Ich wollte Noè nicht zeigen, wie es mir ging. Aber eigentlich spielte es auch gar keine Rolle mehr, denn sie durfte ab morgen vorbeikommen.

Ich hatte es wirklich knapp eine Woche durchgezogen und war noch immer clean. Wurde es von Tag zu Tag einfacher? Nicht wirklich, nein.

Ich meine, ich musste nicht mehr alle paar Stunden kotzen und der Drang war zurückgegangen. Mein Körper kam langsam wieder ohne das Zeug klar, doch mein Kopf. Dieser drohte zu explodieren.

Tu es! Wag es! Diese Gedanken. Sie waren keine neutralen Begleiter mehr. Sie schrien mich förmlich an. Schlafen war mittlerweile auch ein Ding der Unmöglichkeit geworden.

Genau deswegen spazierte ich den Flur runter, um es mir im Gemeinschaftsraum bequem zu machen. Fede hatte Nachtschicht, weshalb ich mir das leisten konnte. Er wusste, dass ich es ab und zu brauchte, umherzugehen.
Und schließlich hatte ich das ja auch getan, als ich noch frei gewesen war.

Es fiel mir schwer, an einem einzigen Ort zu bleiben. Ich musste die ganze Zeit unterwegs sein, sonst würde ich in mir selbst untergehen. So hatte Kelly es beschrieben. Die Antidepri-Dinger brachten mir noch nicht wirklich was. Bei manchen dauerte es anscheinend etwas länger, bis sie zu wirken begannen. Im Moment spürte ich noch nichts, was mir recht war. Gut so.

«Du schläfst nicht, was?» Ich zuckte zusammen und erkannte Sina, die ihr Haar rosa gefärbt hatte. «Kommst aber früh darauf.» Sie lachte auf. «Stimmt schon. Bist bis jetzt so ziemlich jede Nacht an mir vorbeigegangen.» Jup...

Sie hockte meistens im Flur und zeichnete in ihrem komischen Buch rum. «Warum pennst du nicht?» Sie klappte ihr Buch zu, hatte den Stift vorher aber hinein geklemmt. «Mein Großvater hat mehrmals versucht, mich in meinem Schlaf zu ersticken, als ich noch klein war. Du?»

Fede hatte mir einen Hoddie mitgebracht, der mir gerade echt das Leben rettete. Ich drohte zu erfrieren. Ich zog mir die Kapuze über, um den Durchzug, der immer durch den Flur jagte, von meinem Hals fernzuhalten.

Aber auch, weil ich dieser Sina nicht in die Augen schauen konnte, während ich ihr sagte, was mein Grund war. «Wurde anscheinend vergewaltigt und träume jetzt immer davon.» Sie nickte verständnisvoll. Was auch immer sie damit meinte. «Das ist scheiße. Mein Beileid.» Ich winkte ab und erlitt einen Schüttelfrost.

«Warum hast du den?» Sie deutete auf meinen Schlauch. «Also, ich weiß, dass du nichts isst. Aber warum?» «Hab Anorexie.» Sie stand auf und schüttelte leise lachend ihren Kopf. «No shit.» Sie lief mit mir mit, was wohl hieß, dass ich heute Nacht nicht allein durch die Abteilung wandern würde. «Hatte ich auch mal. Kam von den Depressionen.»

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