Kapitel eins- Hiobsbotschaft

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Scheiße. Das war das erste, was Tim durch den Kopf ging, als er das hörte. Stegi würde durchdrehen, wenn er das hörte. Und er würde sich selbst die Schuld daran geben, weil er nichts von seiner Bindung erzählt hatte. Er würde völlig fertig sein. „ Laut der Ärzte ist es halb so schlimm, wie es sich anhört. Ich hab gedacht, ich sag es erstmal dir, damit du selbst entscheiden kannst, ob und wie du es Stegi sagst. Du triffst eher den ruhigen Ton, als ich." Den Ton traf er jetzt auch nicht mehr so gut, wie Tobi. Aber den konnte er jetzt nicht auch noch wecken. Gerade auch, weil er läufig war. Er konnte es ihm schon irgendwie schonend beibringen. „ Ich werd's ihm sagen. Überlassen sie das mal mir. Wir kommen klar. Irgendwie zumindest.", gab Tim etwas fassungslos und wehleidig von sich. „ Falls du noch was brauchst, komm einfach zu mir." Nickend und mit einem nicht verständlich gemurmelten Danke zog Tim sich in sein Zimmer zurück und schloss die Tür. Der kleine lag noch friedlich schlafend im Bett. Ein Anblick, von dem er sich schnell verabschieden kann. Wie brachte er Stegi das nur bei? An schlaf konnte er danach nicht mal mehr denken. Vor dem Brett ging er in die knie und streckte die Hand nach Stegi aus. Doch er zögerte. War es nicht besser, bis morgen zu warten? Nein das auf keinen Fall. Solche Informationen konnte und durfte er nicht verschweigen. Gerade nachdem er schon einmal Stegi verletzt hatte. Am besten sagte er einfach, was Sache war. Sanft legte er eine Hand an Stegis Wange, strich vorsichtig mit den Fingerkuppen über die blasse Haut. Stegi zog leicht die Nase kraus, blieb sonst aber ruhig liegen. Tim wollte ihn definitiv nicht wecken. In dem schwachen Mondlicht, was durch's Fenster schien, suchte er unter der Decke nach seiner Schulter und rüttelte sanft daran. Leicht murrte der kleinere und drehte sich auf den Rücken. So würde er nichts erreichen. Also beschloss er die Taktik zu ändern. Leicht stützte er sich mit den Armen neben Stegis Kopf ab und küsste ihn sanft auf die Stirn. So langsam schien Stegi wach zu werden, zumindest entnahm er das dem murmeln. „ Stegilein bitte. Es ist wichtig." „ Es ist viel zu früh.", quengelte Stegi verschlafen und drehte sich auf den Bauch. Tim hauchte ihm weitere Küsse in den Nacken, während er mit einer Hand muster auf Stegis Rücken malte. Es brauchte sine Zeit, bis Stegi sich endlich wieder auf den Rücken drehte und die Augen aufschlug. Mehrmals blinzelte der kleinere, bis er ihn endlich klar zu sehen schien. So klar, wie es im dunkeln nun mal möglich war. „ Was ist? Falls es dir nicht aufgefallen ist, es ist mitten in der Nacht." Eigentlich wollte Stegi genervt klingeln, doch es klang einfach nur zerknautscht und müde. Tim setzte sich nun neben Stegi hin und hielt die Arme auf, in die sich der blonde bereitwillig kuschelte. „ Ich wurde gerade von Herr Huber geweckt. Es gibt Probleme bei dir daheim. Nichts schlimmes, oder etwas worüber du dir sorgen machen musst. Ich wollte dir das nur nicht vorenthalten." Er gab Stegi einen Moment, um das erstmal aufzunehmen und zu verarbeiten. Doch die Zeit nahm Stegi sich nicht. „ Was ist los? Und wer ist betroffen? Mom, Dad oder Faye?" Bevor Stegi noch weiterreden konnte, hielt er ihm einen Finger an die Lippen, um ihn daran zu hindern, seine hysterischen Gedanken weiter auszuformulieren. „ Bitte beruhig dich. Es ist nichts schlimmes. Deine Mutter liegt im Krankenhaus. Nervenzusammenbruch. Meist dauert das nur ein paar Stunden und geht dann wieder vorbei. Passieren tut da nichts. Es ist einfach gesagt eine Überreaktion des Körpers auf mehrere Stress- und Belastungsfaktoren. Sie wird wahrscheinlich morgen früh schon wieder entlassen." Die eigentlich erwartete Reaktion des blonden blieb aus. Er lag wie versteinert in Tims Armen, bewegte sich kein bisschen mehr. Sein Blick geradeaus an die Wand gerichtet. Doch dann fingen die Tränen bei Stegi an zu fließen. Unaufhaltsam und immer mehr. Behutsam zog er Stegi fester in die Umarmung. Eine Hand legte sich an Stegis Hinterkopf, die andere an seinen Rücken. Sanft fuhr er Stegi durch die verwuschelten blonden Haare und hauchte Küsse an Stegis Stirn. Stegis Schluchzen nahm immer mehr zu und wurde leider auch lauter. So dauerte es nicht lange, bis einer der Alpha davon wach wurde. „ Geht's bitte leiser? Andere versuchen hier zu schlafen.", maulte eine verschlafene, tiefe Stimme mehr als nur genervt. „ Hab Nachsicht. Seine Mutter liegt im Krankenhaus. Und sonst können wir gerade nirgendwo hin." Er drückte Stegi beruhigend fester an sich und fing an ihm auch noch über den Rücken zu streichen. Ein Lattenrost knarzte und man konnte das Rascheln einer Bettdecke hören, sowie leise Schritte auf dem Parkett. Durch ein neues Gewicht senkte sich die Matratze leicht weiter ab. Wahrnehmen tat Stegi das alles nicht. Was er plötzlich spürte, war eine dritte Hand, die an seiner Schulter lag. Verheilt hob er den Kopf an und schniefte leicht. „ Es geht ihr sicher gut. Wir haben im Dorf super Ärzte. Weist du, es hilft, wenn man einfach versucht zu schlafen, wenn man im Moment eh nichts machen kann. Morgen kannst du dann zu ihr." „ Ich will aber jetzt zu ihr.", schluchzte Stegi und wischte die neu aufkommenden Tränen weg. Doch sofort liefen neue nach. Solange er nicht von seiner Mutter gesagt bekam, dass alles ok war, war es das nicht. Schlimm genug, dass er dran schuld war, dass sie diesen Nervenzusammenbruch hatte. Er hätte es gleich sagen sollen, dann wäre das alles nicht passiert. Aber er war zu feige gewesen und hatte allen leid zugefügt. Unnötig. Was war er eigentlich für ein Feigling. „ Stegi du bist nicht schuld. Nochmal es sind mehrere Faktoren. Vielleicht war das einer, aber allein hätte das nie gereicht. Ok? Außerdem sind deine Punkte genauso berechtigt. Das kann jeder nachvollziehen. Pass auf. Wir gehen raus, damit wir nicht stören und du rufst Faye an." Schniefend nickte der blonde. Tim zog ihn an sich und stützte Stegi leicht, bevor er sich mit ihm im Arm erhob.

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWhere stories live. Discover now