Kapitel vierundzwanzig- Mathe

62 8 2
                                    

Die Couch durch die Gegend zu schieben war wesentlich einfacher. Trotz dass sie recht schwer war, ließ sie sich leicht an die gewünschte stelle ziehen. Für den Rest ging er drum rum und schob sie an die Wand. Zum ziehen eignete sich das Regal nicht, daher musste er sich auch hier dagegen stemmen. Erstmal zog er es aber von der Wand weg. Es wackelte bedrohlich, fast, als fallen sie Seitenwände gleich in sich zusammen. Doch es hielt stand, bis Tim es vor der Couch hatte. Die Couch verschwand komplett dahinter, ließ aber durch die Ecke, wo der Rest ausziehbar war, noch ein wenig Platz, um irgendetwas hinzustellen. Die Lampe schob er einfach in die Ecke und steckte sie erstmal ein. Dann war alles hier jetzt erstmal fertig. Zeit zum einräumen blieb ihm nur nicht. „ Timi, kannst du mir bei Mathe helfen. Ich weiß nicht, ob ich das richtig mache." Tim musste sich anstrengen, um nicht gleich nein zu sagen. Mathe war nicht sein Fach, auch wenn er gut darin war. Mit ein bisschen fünfte Klasse Stoff würde er sicher fertig werden. Musste er gezwungen. Sonst hatte sein Bruder morgen keine Hausaufgaben. Er stellte sich neben den Stuhl seines Bruder und ließ sich von ihm ein Blatt unter die Nase halten. Terme umformen und Diagramme Auswerten. Oh wie hatte er das vermisst. Bei ihm hatte es immer geheißen zu ungenau, da fehlt noch was, beschreib mehr und zu detailliert. Ein Glück war das eher selten. Tim begann sich die paar Sätze unter dem Diagramm durchzulesen. Schlecht war es jetzt nicht, aber recht beurteilen konnte er das selbst in der Abschlussklasse nicht. Vielleicht würde er noch auf ein paar spezielle Punkte im Verlauf genauer eingehen, mehr aber auch nicht. Unter den zwei Diagrammen befanden sich noch ein paar bereits umgeformte Terme. Und schon der erste war falsch. Finn hatte seit diesem Jahr extreme Probleme in Mathe. Nicht zuletzt lag es auch an seinem Lehrer, den Tim schon nicht hatte leiden können. Zwar hatte er es verstanden, einfach weil er gut war, aber viel erklärt hatte er nie. Wenn etwas von seinem Stress weg viel, würde er Finn helfen, das nachzuholen, was er nicht verstand. Auch in den restlichen Aufgaben fand Tim mehr und mehr Fehler. Die selben zwei häuften sich. Eigentlich wollte er ihm das gar nicht sagen. Sowas zog ihn immer runter. Andererseits wollte Tim ihn nicht ans offene Messer laufen lassen, falls sie die Aufgaben besprechen würden. „ Schau mal Finn. Du hast leider immer die selben Fehler gemacht. Hast du das Thema überhaupt schon verstanden?" Finn zeigte nicht, dass er enttäuscht war durch Worte. Es war seine Haltung. Die absinkenden Schultern, die nach unten gehenden Mundwinkel. Zögerlich versuchte er zu nicken. Sich bloß nicht seine Schwächen eingestehen. Sanft legte Tim eine Hand an seine Schulter. „ Hey es ist ok. Dein Mathelehrer ist scheiße. Also hast du's verstanden?" Leicht schüttete Finn nun doch den Kopf. Gerade hatte er noch ein bisschen Zeit dafür, bevor morgen dann wieder Schule und Training hatte, Tim setzte sich auf einer Arschbacke auf den Stuhl, legte das Aufgabenblatt umgedreht auf den Tisch und nahm den Bleistift in die Hand. Um es einfacher zu erklären, zeichnete er schnell eine Waage au die Rückseite. „ Du musst dir das wie eine Waage vorstellen, die immer im Gleichgewicht bleiben muss. Deswegen machst du auf beiden Seiten immer das selbe. Das X ist die Variable, die du herausfinden willst und nach der du auflöst. Die Zahl davor, wie viel du davon hast. Wenn es einfacher für dich ist, stell dir vor X sind Äpfel, die du zerschneidest und verschiebst. Du willst, dass dieses X alleine steht. Wenn du was auf einer Seite machst, dann musst du das auch auf der anderen Seite tun, um die Waage im Gleichgewicht zu halten. Probieren wir die erste Aufgabe noch mal zusammen?" Finn sah nicht unbedingt glücklich aus, alles noch mal machen zu müssen. Dennoch war er dankbar für die Hilfe. Er reichte seinem kleinen Bruder den Stift zurück, radierte dafür den Rechenweg weg. Und dabei jeder falschen Aufgabe. Ernüchternde zwei der fünfzehn Aufgaben waren richtig, was Finn leider Lustlos stimmte. Tim sah, dass er keinen Nerv mehr für Mathe hatte. „ Pass auf, wir machen fünf zusammen und den Rest mach ich dir schnell." Er wusste, dass er Finn motivieren musste, sonst schmiss er hin. Ganz sicher sogar. Etwas, was er sich leider bei Tim selbst abgeschaut hatte. „ Ich will das nicht neu machen. Das war so viel Arbeit." Das konnte Tim doch verstehen. Alles nochmal zu machen, wenn man geglaubt hatte fertig zu sein war frustrierend. Kannte er selbst nur zu gut. Ihn hatte Stegi damals in Grund und Boden korrigiert. Bei so ziemlich allem. Manchmal liebte er es, die meiste Zeit hatte er es gehasst. „ Ich weiß. Aber da musst du jetzt nunmal durch. Nächstes Mal machen wir es direkt zusammen, ok?" Ein Laut gemischt aus jammern und seufzen entkam Finn, doch er beugte sich und setzte den Stift auf dem Papier auf. Tim erklärte ihm langsam Schritt für Schritt, was er machen musste und ließ es Finn aufschreiben. Für die Aufgabe dürfte Tim keine drei Sekunden im Kopf mehr brauchen. Aber Finn lernte es ja gerade erst. Ohne protest erledigte er sogar schnell alle Aufgaben mit Tim. „ War doch gar nicht so schlimm. Was möchtest du als Belohnung?" Tim hob nun den Kopf vom Blatt, sah deswegen, dass sie wohl schon eine Weile beobachtet wurden. Im Türrahmen lehnte sein Omega. „ Hey sag doch was." „ Wieso? Ich find es interessant, wie du mit Finn umgehst. Du solltest später was mit Kindern machen." Stegi kam nun zu ihnen rein, immer noch leicht verschlafen. Sofort gab Tim ihm einen Kuss auf die Stirn. „ Leute bitte, ich will das nicht sehen. Ich bin sowieso fertig, ich geh dann mal." Tim und Stegi fingen zeitgleich an zu lachen. In ein paar Jahren würde er wohl auch mit einem Mädchen rum knutschen. Da würde auch keiner von ihnen meckern. Erstmal würde Finn das arme Ding eh vor ihnen geheim halten. „ Lass uns doch den Spaß. Wir machen doch nicht rum." „ Noch nicht." Das war der Moment, an dem Stegis lachen abrupt verstummte. Kein gutes Thema. Stegi versteifte sich am ganzen Körper.

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWhere stories live. Discover now