Kapitel zehn- Familientreffen

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Bald schon hielt das Auto vor einem kleinen bescheidenen Haus. Vor Mittwoch hatte er gedacht, er würde dieses Haus nie wieder betreten. Jetzt könnte er kommen und gehen, wann er wollte. Auch wenn es nie mehr sein richtiges Zuhause sein würde, wäre er stets willkommen. „ Drin wartete der Rest. Mach dir bitte keinen Stress. Du musst nicht sofort was sagen. Sie werden es schon merken.", meinte seine Mutter. Er stieg aus, nahm seine Tasche und den Rucksack aus dem Kofferraum. Vor dem Rest hatte er jetzt weniger Angst. Sie würden sich sicher für ihn freuen. Warum auch nicht? Sie waren seine Familie, sie würden ihn nicht im Stich lassen. Stegi war einfach nur zu negativ eingestellt der ganzen Sache gegenüber. Für ihn war nunmal klar gewesen, dass er sich an sonst keinen Alpha binden würde. Seine allgemein negative Einstellung zu dem Thema hatte sein Denken wohl ordentlich beeinflusst und verdreht. Er würde das ruhig angehen und dann wird das schon. Seine Mutter schloss auf, ließ ihm den Vortritt. Im Wohnzimmer hörte er jemanden aufspringen und auf ihn zu rennen. Schon stolperte ihm sein Bruder in die Arme und umarmte ihn bis zum zerquetschen. „ Stegi ich will nicht, dass du gehst. Bleib bitte hier.", flehte er sofort. Niedlich war es ja schon. Sein kleiner Bruder, der gerade in der Pubertät war und in seiner Geschwister sind doof Phase. „ Kann ich nicht. Aber ich komm dich besuchen. Und du kannst jeder Zeit auch zu mir kommen, wenn du magst.", beruhigte er seinen kleinen Bruder. So anhänglich hatte er ihn das letzte Mal vor fünf Jahren erlebt. „ Wie denn? Da draußen find ich dich doch niemals.", gab Colin traurig von sich. Stegi gan ihm einen Kuss auf den Kopf und drückte ihn dann leicht von sich weg. Wieder sah er Tränen in einem Augenpaar schimmern. „ Ach Colin. Du wirst mich nicht suchen müssen. Lässt du mich erstmal den Rest begrüßen und dann erzähl ich dir was. Einverstanden?" Betrübt nickte er und trottete ins Wohnzimmer. Bis dahin kam Stegi nicht mal. Sein Vater trat ihm noch im Flur entgegen. „ Lass dich drücken mein Schatz." Sein Vater zog ihn ohne große umschweife in seine Arme. Da Stegi gut einen Kopf kleiner war, konnte er seinen Kopf gegen die Brust legen. Es tat ihm unheimlich gut. Nicht zuletzt auch, weil er seinen Eltern so nah stand. Er hatte sich zurückgezogen. Jetzt wieder ihre Nähe zu spüren, machte ihn einfach glücklich. Erfüllte seinen Körper mit Freude und Erleichterung. „ Ich hab dich lieb.", hauchte Stegi gerade so laut, dass er es hören konnte. Stumme Erwiderung kam von seinem Vater, in form eines weiteren Kusses. Davon würde er wohl noch einige bekommen. Aus der Umarmung kam er gar nicht mehr richtig raus, den er wurde sofort in eine neue gezogen. Seine Großeltern. „ Alles gute zum Geburtstag Stegilein. Ich hoffe, ihr habt da schön gefeiert." „ Ein bisschen.", schmunzelte er. Was all zu großes hätte er auch nicht gewollt. So ruhig war es viel entspannter gewesen. Und die Aufmerksamkeit aller wollte er dann auch nicht haben. Reichte, wenn er in der Schule die nächsten Wochen angestarrt wurde. „ Gut. Ich hab deinen Lieblingskuchen gebacken. Geburtstag ohne Kuchen geht doch nicht." Stegi freute sich riesig, was man an dem leuchten in seinen Augen sah. Seine Oma backte immer noch die besten Kuchen. Gleichzeitig musste er aber auch anfangen zu lachen. Und das so richtig heftig. Er wusste selbst nicht warum. Irgendwie fand er die Vorstellung witzig, dass alle wahrscheinlich dachten, er habe sich so sehr dagegen gewehrt. „ Keine Sorge Omi. Kuchen gab's schon, aber an deinen kommt der nicht ran.", kam es mit unterdrücktem lachen in der Stimme von Stegi. Der verdutzte Blick in den Gesichtern aller war aber das beste. Seine Zurückhaltung brach und er fing einfach nur hemmungslos an zu lachen. Ihm kamen dabei sogar die Tränen. Oh man. Dieses Gespräch war er auch ein paar mal im Kopf durchgegangen auf der Fahrt hier her. Doch keins hatte so angefangen. Als er sich langsam wieder beruhigte, wischte er sich die Tränen aus den Augen. „ Sie wollten mir unbedingt was schenken. Und da ist spontan der Kuchen entstanden. Tobi, Veni und Tim haben mir also nen einfachen Schokokuchen gebacken. Für mehr hat's nicht gereicht. Sonst wäre wohl die Küche abgefackelt." Das war ne gute Überleitung zum eigentlichen Thema. Beim Namen Tim sollte bei jedem was klingeln. Tat es scheinbar auch. „ Wir reden hier aber schon vom selben Tim, oder?", wollte sein Großvater nun wissen. „ Also ich weiß nicht, wie viele Tims ihr kennt, aber ich kenn nur einen." Damit war klar, dass es sein Tim war, mit dem er schon mal zusammen war. Der Tim, den damals schon alle als Schwiegersohn haben wollten. Jetzt bekamen sie ihn auch. Welch Ironie. Aber ehrlich, er wollte keinen anderen Alpha als Tim. Gleichzeitig implizierte es, dass sie wieder miteinander sprachen. „ Also habt ihr das Kriegsbeil begraben?", fragte sein Vater verwundert. „ Nur ich. Tim hatte nie eins. Aber ja, ich hab die Kurve bekommen und mich an ihn..." Das letzte wort blieb ihm im in der Kehle stecken. Warum bekam er das nicht über die Lippe? So schwer war es nun auch nicht. Es war natürlich kein Grund sich zu schämen. Wenn er zurück dachte, hatte er es nicht mal Tobi gegenüber über die Lippen gebracht. Diesmal war es aber nicht da, um ihm zu helfen. Das tat jetzt einfach seine Schwester, indem sie den Satz für ihn vervollständigte. „ Gebunden." Wenn er dachte, vorhin hatten alle schon schockiert geschaut, dann war das nichts im Vergleich zu jetzt. Gerade sein Bruder schien wirklich aus allen Wolken zu fallen, als er das hörte. Doch dann fing er an zu quietschen und sprang Stegi in die Arme. Überrascht legte er die Arme ruckartig um ihn, damit er nicht fallen konnte. Gleichzeitig trat er mit dem Fuß einen Schritt nach hinten, um das Gleichgewicht zu halten. Nun spürte er auch ein zweites paar Arme, welches sich von hinten um ihn legte. Sein Vater. „ Ich hab gewusst, dass du Tim doch noch verzeihst. Die beiden wussten es wohl schon." Sein Vater deutete mit einem nicken in Richtung Faye und Lucy. „ Aber auch erst seit ein paar Minuten. Er ist auch erst auf dem Parkplatz damit rausgerückt. Hat's wohl bei allen ziemlich lange verschwiegen. Stegi Logik halt." Ja, aber es war nunmal ein heikles Thema. Da konnte man ihm keinen Vorwurf machen. Letztlich hatte er durch dritte immer mit der Sprache rausgerückt. Früher oder später jedenfalls. Und für ihn war es auch nicht leicht seinen neuen Status als gebundenen Omega anzuerkennen. Jetzt bekam er das erst so richtig zu spüren. Auch wenn bei Tim alles so blieb, wie er es jetzt kannte, würde es in der Gesellschaft anders sein. Das konnte er nicht verhindern und davor hatte er Angst. „ Ist doch egal. Hauptsache unser kleiner Stegi kommt gut unter." Umständlich ließ er sich nun auch von unseren Großeltern umarmen, da Colin ihn immer noch umklammerte.

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWhere stories live. Discover now