Kapitel 20: Die Liebe zwischen Sorin und Clarissa

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• Lucia •

Die frische Meeresbrise weht warm durch mein Gesicht, während der liebliche Geruch vom Früchtetee meine Nase einhüllt.

Ich bin bereit für Großvaters und Großmutters Geschichte!

„Ich wuchs sehr behütet auf, meine Mutter starb damals zwar bei meiner Geburt, aber mein Vater kümmerte sich stets sehr gut um mich. Und er half mir immer aus schwierigen Situationen und half mir, mit mir selbst klar zu kommen. Ich fühlte mich damals schon anders und habe mich auch nicht so verhalten, wie man das von Frauen kennt. Für Vater war das aber immer in Ordnung. Schließlich verstarb er aber kurz nach Runas Geburt, ich war dann mit einer Einjährigen und unserem Adelshaus alleine. Einen männlichen Nachkommen gab es nicht, ich erfand kurzerhand einen Onkel, der momentan aber nicht ins Land reisen konnte. Das lief ungefähr ein Jahr lang gut und ich fälschte die Briefe meines angeblichen Onkels. Dann flog ich bei einem Auftrag innerhalb der Stadt aber auf. Es war dann also einem anderen Adelshaus bekannt, dass mein Adelshaus unter keiner Führung stand. Und dann nutzten sie das aus, um mich erpressen zu wollen. Ich hätte ein Gesuch an Prinz Sorin senden können, er mag zwar als streng und gefühlskalt gegolten haben, aber mir wäre geholfen worden. Nun, ich dachte aber, dass ich das alleine kann und Sorins Hilfe nicht brauche. Also schrieb ich kein Gesuch und begab mich selbst zu den Erpressern in Gefahr, weil ich die ganze Aktion völlig unterschätzt habe", berichtet Großmutter wie bei einer Geschichtsstunde.

Aufmerksam und voller Neugier höre ich zu.

„Ich beschloss zum Erpressertreffen zu gehen und den Herrschaften meine Meinung zu geigen. Ich ging zu der verabredeten Gasse, mitten in der Nacht und ließ Runa bei der Nachbarin. Mit einem Knüppel stand ich da und wollte denen die Seele aus dem Leib prügeln. Letztendlich entwaffneten die mich ohne Probleme und verdroschen mich dann. Der Drahtzieher wollte mich dann auch noch besteigen, aber es war Kilean, der das zufällig bemerkte und den Schmierfink im richtigen Moment von mir zog. Ich bedankte mich bei Kilean, nahm meinen Knüppel und wollte nach Hause gehen, aber wer Kilean kennt, der weiß, dass das so nicht bei ihm abläuft. Er wollte meine Wunden versorgen und mich trösten, dann bemerkte er aber schnell, dass ich das nicht als notwendig empfand und mich gegen seine Hilfe wehrte. Kilean stellte mich zur Rede und ich ging dann in einer Kurzschlussreaktion mit dem Knüppel auf ihn los. Den Knüppel entwendete er mir, dann geleitete er mich nach Hause. Echt peinlich berührt holte ich Runa ab und ging dann ins Haus, natürlich bemerkte Kilean dann, dass ich ohne männliche Führung und mit einem Kleinkind dastand. Als Hauptmann wusste er, dass es meinen erfundenen Onkel nicht gab", sagt Großmutter und hat bei dem Gedanken daran ein richtiges Leuchten in den Augen.

Ich kann mir das bei Kilean und Großmutter echt gut vorstellen, das erklärt auch ein wenig, warum die Zwei sich so nahe stehen und warum sie so vertraut sind.

„Natürlich erstattete Kilean Bericht, sogar bei Sorin persönlich. Nun und der stand dann mit einem Mal bei mir vor der Tür. Er fragte auch nicht nach Einlass, sondern kam einfach rein. Und er verkündete, dass Kilean diesen Haushalt offiziell übernimmt, auch wenn er nie da wohnen würde. So kann ich meine Tochter groß ziehen und muss mich nicht mehr irgendwelchen Männern ausliefern. Sorin hat sogar seine Medizintasche mitgebracht und meine Wunden versorgt, wogegen ich auch Einspruch erhoben habe. Aber du kennst ja deinen Großvater, das hat ihn nicht interessiert. Weißt du, jeder andere Mensch wäre zutiefst dankbar und glücklich gewesen, aber ich habe einfach nur rot gesehen. Ich habe Sorin dann beschimpft und wollte ihn aus dem Haus schmeißen, gleich nachdem er mit den Verbänden und Salben fertig war. Ich habe Runa und mich bedroht gesehen, ich wollte mein kleines Mädchen und mich doch beschützen. Vermutlich wäre da auch bei jedem anderen Landesherrscher Schluss gewesen, aber das war genau der Moment, in dem dein Großvater sich Hals über Kopf in mich verliebt hat. Von jetzt auf gleich. Weil ich seiner Aussage nach diese eine Frau bin, die anders ist. Und weil er anders ist, gehören wir zusammen. Das Zusammenkommen war nochmal ein Akt für sich, Sorin hat viele Versuche unternommen bis ich verstanden habe, dass er es gut meint. Mein Schlüsselmoment war, als er meine zweijährige Runa, die hoch verängstigt am Essenstisch saß, zum essen gekriegt hat. Er sah mich nicht einfach nur als Frau, er sah mich mit allen Facetten und vor allem als Familie. Ich habe es in dem Blick von ihm gesehen, als er neben Runa gekniet und ihr ihre Obstraupe gefüttert hat. Der große Landesherrscher Sorin, der auf die Knie neben einem zweijährigen Menschlein geht", erzählt Großmutter mit tiefer Liebe in der Stimme.

Kronprinz Silas IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt