Kapitel 42: Auf der Flucht

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• Fenja •

„Wir haben auf den Weg hier her Speisen zu uns nehmen können, aber ja, mein Gemahl sperrt mich oft in den Keller und verwehrt mir das Essen. Ich ... weiß mir nicht anders zu helfen, ich muss fort von hier", sprudelt es unter leisen Tränen aus Clarissa heraus.

Um Himmels Willen, das ist so überzeugend, dass ich es ihr fast selbst abkaufe. Dabei würde Sorin unter keinen Umständen seine Gemahlin jemals im Keller einschließen. Und schon gar nicht hungern lassen!

„Meine gute Freundin und ich teilen das Leiden. Sie ist bereits sehr traumatisiert und hielt es ebenso nicht aus", setzt Clarissa noch einen nach.

Was soll's, ich kann noch einen drauf setzen. Ich fange nun ebenfalls an zu weinen und man kann nicht mal mehr mein zittern übersehen.

Das ist dem Wirt tatsächlich direkt echt unangenehm, er sieht uns besorgt an.

„Kommt erstmal mit in das Zimmer", sagt er nun verhalten.

Schweigend folgen Clarissa und ich dem Wirt, ich hoffe so sehr, dass das keine Falle oder dergleichen ist. Ich bekomme zunehmend Angst und mein vampirisches Herz schlägt mir bis zum Hals. Auch Clarissas beruhigende Ausstrahlung hilft da nichts, ich komme nicht mehr klar.

Jaron, ich brauche dich!

Bitte komm mich doch endlich holen!

Jaron, bitte!

Der Wirt öffnet einen Raum etwas weiter abseits, zu dem wenig vom Lärm des Gastbetriebes unten hoch dringt. Es ist fast schon angenehm ruhig hier, ob dies auch das Zimmer ist, was er uns ursprünglich geben wollte?

„Hört mal, ich verstehe euch wirklich, aber ich rate euch dringend davon ab auf diese Schiffe zu gehen. Haben eure Männer euch über die hiesige Politik aufgeklärt?", hakt der Wirt behutsam nach und schließt die Tür.

„Aus einem abgeschlossenen Keller bekommt man wenig bis nichts von der Außenwelt mit", antwortet Clarissa mit belegter Stimme.

Nun, gelogen ist es nicht. Aber wir haben auch absolut keinen Schimmer vom Land und den Leuten hier, die Bauweise der Häuser sah schon ein wenig fremdländisch aus, wenn ich recht darüber nachdenke.

„Nun der Cousin des Königs dreht völlig am Rad, er will allen ernstes diesen Vampirkönig herausfordern", berichtet der Wirt.

„Nein, echt? Nicolai?", grätscht Clarissa enorm geschickt dazwischen.

Mit genau dieser Nachfrage wirkt es so, als seien wir tatsächlich einheimische Leute, nur weil wir diesen Namen kennen.

„Ja, genau der. Nicolai versammelt die Ländereien auf der anderen Seite des Meeres, Gerüchte reden von einer riesigen Flotte, die demnächst auf die vampirischen Ländereien zusegeln werden. Lasst mich euch einen Tipp geben: Wenn ihr wirklich mitfahren wollt, um von euren Männer los zu kommen, sucht sofort das Weite da drüben. Hinter den Vampirländereien gibt es noch ein paar nicht-vampirische Ländereien. Dieser wahnsinnige Nicolai sieht es wohl nur auf Vampire ab. Aber ich an seiner Stelle wäre äußerst vorsichtig. Es hält ihn aber nicht davon ab, unseren guten König bequatschen zu wollen. Schade, dass er seine besten Tage hinter sich hat und Nicolai vermutlich bald die Krone an sich reißen wird", plaudert der Wirt nun drauf los.

Ein paar Sätze tauschen wir noch mit dem Wirt, ehe er uns alleine lässt. Das Schiff zu Kai fährt morgen mit dem Sonnenaufgang los, wir müssen nur unbemerkt bis dahin kommen. Ich kauere mich auf dem Sofa zusammen und habe alle Mühe jetzt nicht den Verstand zu verlieren.

„Bald sind wir bestimmt zuhause. Jaron wird sich um dein Blutproblem kümmern, dann kannst du dich fallen lassen. Halte durch, Fenja", raunt Clarissa mir zu, während sie mir ihre zarten Arme um die Schultern legt.

Kronprinz Silas IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt