Kapitel 44: Nachwirkungen

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• Fenja •

Mein Schlaf ist scheinbar nur von kurzer Dauer, wecken tut mich aber der intensive Geruch nach frischem, leckeren Blut. Ich lasse alles stehen und liegen, was in der Summe nichts ist, aber egal, und greife ohne Rücksicht auf Verluste nach dem Trinkschlauch, den Vittorius mir vor die Nase hält.

Bluttrieb funktioniert: Check.

„Trink so viel du willst, Fenja. Ich habe reichlich Nachschub", höre ich Vittorius' nicht gerade gering besorgte Stimme.

Ich ignoriere aber alles um mich herum, ich schließe sogar meine Augen und kann endlich einfach trinken. Ich nehme nur am Rande wahr, wie Jaron sich hoch erschrocken um mich kümmert und Benedikt ihm dabei hilft. Mein körperlicher Zustand muss grauenhaft sein, immerhin habe ich um die vier Monate Qualen und Folter hinter mir. Und einen Blutmangel.

Bei dem Gedanken kommen mir unweigerlich die Tränen und mein Körper beginnt unaufhaltsam zu zittern. Die Vampire um mich herum müssen umkommen vor Sorge, aber es geht mir so enorm schlecht, dass mich das nicht kümmert.

Ich habe Jaron nun wieder.

Aber ich habe ihn zu spät wieder.

Ich habe keine Ahnung, wie lange mein Zustand anhält und wie oft jemand versucht zu mir durchzukommen, aber als ich das nächste Mal wieder bewusst etwas wahrnehme, hänge ich tief in Jarons Armen vergraben in einem kleinen Zimmer mit eher spartanischer Einrichtung.

Genau eine Sekunde lang sehe ich mich in diesem Raum um. Und das ist schon eine Sekunde zu viel.

Voller Panik stemme ich mich nun gegen Jarons festen Griff, ich will einfach nur raus aus diesem Raum und aus dieser Zelle! Nicht noch einmal in so einem kalten und einengenden Raum!

„Fenja, Liebes! Bitte beruhigende dich doch! Du bist in Sicherheit! Sieh nur, Vittorius ist auch hier. Unser Vampirvater! Shhh! Fenja! Ruhig! Bitte, Liebes. Ich bin doch da! Fenja! Fenja? Fenja!", redet Jaron ziemlich schockiert auf mich ein.

Eine gefühlte Ewigkeit versucht Jaron mich zu beruhigen, es funktioniert hier aber gar nichts von dem, was er versucht.

„Ich nehme mir Clarissa, wir bauen einfach ein Lager vor dem Haus auf. Ich sage Sorin und Val Bescheid", höre ich Vittorius' ruhige Stimme an Jaron gewandt.

Jaron hebt mich sofort in seine Arme, Clarissa scheint tatsächlich zu schlafen. Sie sieht aber auch ziemlich schlecht aus, ich sehe immerhin Sorins Umhang um ihren Körper gewickelt. Vittorius hat sie auch direkt in seine Arme gehoben, mit verhaltenem Blick ist er kurzerhand verschwunden.

Dann bemerke ich Benedikt, er folgt uns und hat die Umgebung genau im Blick. Wie von Sinnen brülle ich aber drauf los und versuche Jaron abzuschütteln, um schnell von diesem Ort weg zu kommen.

Erst als Jaron mit mir aus diesem Haus, was vermutlich einem ehemaligen Bauerngehöft angehört, hinaus geht, halte ich inne.

„Shhh, ganz ruhig. Sieh nur, ich bin es, Jaron. Dein zukünftiger Gemahl, Fenja. Und dein Hauptmann Benedikt ist auch da, um auf dich aufzupassen. Dir passiert nichts und du musst dich um nichts kümmern", redet Jaron mir nun gut zu.

In langsamen Schritten gehen wir behutsam weg vom Bauerngehöft und Benedikt errichtet uns ein kleines Lagerfeuer am angrenzenden Waldrand. Umgestürzte Baumstämme dienen Jaron als Rückenlehne, er lässt sich mit mir dort nieder und streicht kontinuierlich mit seinen Vampirkrallen über meine Kopfhaut und meinen Rücken.

Dann nehme ich eine weitere Hand wahr, Vittorius sitzt genau neben uns und drückt Clarissa mit einem Arm fest an sich. Und mir legt er seine Hand auf die Wange, mit ein paar leisen „Shhh" Geräuschen beruhigt er meine panische Grundstimmung zusammen mit Jaron.

Kronprinz Silas IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt