Kapitel 41: Delians Vorahnung

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• Delian •

Ich kann es nicht verhindern, mich kurzerhand an Fenix stützen zu müssen. Zum Glück reagiert Fenix sehr schnell und sie legt ihren Arm um meine Taille.

„Sonan! Hol Benedikt!", bringe ich gerade so noch hervor.

Mavie stellt sofort ihre Jagdversuche ein und kommt zu uns, ich spüre ihren besorgten Blick auf meinem Haupt. Sonan ist direkt wie vom Erdboden verschluckt, kommt aber schon bald mit Benedikt wieder.

„Übergib ihn mir, Fenix. Kommt, wir gehen rein", höre ich Benedikts Stimme.

Diese anbahnende Vision ist schlimmer als das, was ich bisher erlebt habe. Ich kann nicht gerade stehen und weiß nicht mehr, wo oben oder unten ist. Benedikt scheint meinen Kopf zu stützen.

Kurz darauf spüre ich eine weiche Unterlage, scheinbar liege ich nun auf einem Bett oder einem Sofa. Um mich herum ist es sehr leise, also ist es vermutlich mein Gemach.

„Sonan, hol irgendeinen Visionsmagier. Das ist zu viel für mich alleine", betont Benedikt besorgt.

Oh wow, das habe ich ihn noch nie sagen hören.

„Ganz ruhig, Delian. Höre auf das Gefühl, du darfst nicht dagegen ankämpfen. Delian, hörst du mich? Nicht aufstehen, ich bin bei dir", redet Benedikt nun auf mich ein.

Ich will ihm echt etwas antworten, aber ich bin definitiv nicht in der Lage dazu klare Sätze zu bilden.

„Jaron, schnell", höre ich dann Benedikts Stimme.

Scheint so, als sei er der nächste erreichbare Visionsmagier Jaron, was nicht unbedingt die beste Wahl ist. Nichts gegen Jaron, aber er distanziert sich oft lieber davon, darum ist auch Benedikt mein Visionsmagie Lehrmeister. Im Notfall hilft Jaron aber immer, das muss ich ihm lassen.

Und scheiße, ich war schon länger kein Notfall mehr. Im nächsten Moment wird alles schwarz um mich herum und ich spüre, wie ich unsanft aus meinem Körper gerissen werde.

Ähm, ok?

• Fenja •

Gerade mal zwei Häuserecken haben wir hinter uns und ich komme bereits um vor Nervosität und Angst. Solange wir unsere Elemente nicht wieder haben und wir noch kein Blut zu uns nehmen konnten, sind wir ein gefundenes Fressen.

Und das will ich nicht, ich will nach Hause!

„Da vorne ist die Schlossmauer", verkündet Clarissa leise.

Die Gute überrascht mich ziemlich, aber mit Sorin als strengen Gemahl scheint man sich so einiges abzuschauen. Und ihr Verlangen ihn wieder zu sehen wächst von Sekunde zu Sekunde, was unserer Flucht nur in die Karten spielt. Ihre Miene ist nun knallhart und vollkommen fokussiert, sie ist rein bei der Sache. Vollkommen egal, dass wir abgemagert, ausgehungert und auf der Flucht ohne Elemente sind. Von der Kälte und dem Schnee, der unsere Nasen, Hände und Füße trotz des Vampirismus gerade rötlich färbt, einmal abgesehen.

Auch Vampire können erfrieren und das sind die ersten Anzeichen. Wenn Jaron und Sorin uns so sehen würden, wäre aber was los. Und dann wäre mir schön warm und ich müsste keinen Durst mehr erleiden.

Auf so leisen Sohlen wie möglich schleichen wir im Schatten des Nebengebäudes nun auf die Schlossmauer zu. So ohne Elemente können wir die aber nicht einfach überspringen oder uns drunter durchgraben. Entweder spazieren wir durch den Eingang oder lassen es, was eine denkbar ungünstige Situation für uns ist.

Warum nur muss dieser blöde Nicolai auch in einem Schloss mit Schlosstor wohnen? Dem frischen, leicht salzhaltigen Geruch der Luft nach zu urteilen sind wir immerhin noch am Meer. Ob und das dienlich sein wird, bleibt abzuwarten.

Kronprinz Silas IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt