10. GRAYSON

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„Wieso wehrst du dich nicht?“, fragte er irgendwann.

Ich wusste nicht, was ich hier tat, warum ich mit ihm herum saß und mich mit ihm unterhielt als sei er mein Freund. Immerhin war er ja nur zu mir gekommen, um mir eine reinzuhauen, was er aus Mitleid aber anscheinend doch nicht tun wollte.
Mitleid. Das war es, warum er mich nicht auslachte und wegging.
Bestimmt erzählte er morgen in der Schule rum, dass ich von meinem Stiefvater geschlagen wurde und dann konnte ich mich darauf gefasst machen, ausgelacht zu werden.
Toll! Asher hatte echt ein super Timing.

„Willst du, dass ich wieder gehe?“, hörte ich ihn etwas später. Vermutlich stellte er die Frage, weil ich seine nicht beantwortet hatte. Oder er wollte einfach gehen. Konnte ich verstehen. Ich war ihm immerhin egal.

„Mach, was du willst“, gab ich bissig zurück. Es passte mir gar nicht, dass er mich in diesem Zustand sah, dass er wusste, wie schwach ich war, dass er immer mehr von meinem wahren Ich kennenlernte.

Statt aufzustehen, streckte er jetzt seine Füße aus und überkreuzte diese entspannt.
„Was tust du da?“, fragte ich misstrauisch und sah ihn zum ersten Mal, seit wir auf dieser Bank saßen, richtig an.
„Ich chille auf dem Spielplatz“, antwortete er schulterzuckend.
„Du bist 19. Das ist pervers.“ Er lachte kurz, vermutlich wegen meiner ernsten Stimme und ich musste tatsächlich lächeln, während ich ihm dabei zusah, wie er sich amüsierte. Irgendwie wusste ich, dass er sich nicht über mich lustig machte, sondern wirklich über meine Worte lachte.
„Was du heute in der Schule abgezogen hast, war pervers“, gab er dann zurück und grinste mich an.

Im Schein des Mondes wirkte er noch geheimnisvoller als sonst, aber irgendwie auch offener. Vielleicht lag es an der ganzen Situation. Daran, dass, wenn er nicht geklingelt hätte, mein Stiefvater mich vermutlich totgeschlagen hätte, nur weil es auf seiner Arbeit nicht gut lief.
„Dir hat es doch gefallen“, sagte ich etwas verspätet und wollte eine Augenbraue hochziehen.
Allerdings entschied ich mich für das falsche Auge und es zog sich ein Schmerz durch mein ganzes Gesicht.

Mein Lächeln verging sofort, genauso wie seines. Er rutschte näher zu mir und sah sich mein Auge genauer an. Vermutlich hatte ich ein Veilchen, das diese Schmerzen auslöste.
„Das sieht echt nicht gut aus“, meinte er dann abschätzend und sah mich ernst an. „Soll ich dich ins Krankenhaus bringen? Das da...“ Er zeige auf meine Stirn, die noch immer blutete, was kein Wunder war, wenn man bedachte, dass mein Stiefvater meinen Kopf gegen die Steintreppen des Hauses gedonnert hatte. „...sieht aus als müsste es genäht werden.“

Ich schüttelte den Kopf, während ich ihn musterte. Er sah einfach perfekt aus. Keine Schramme, keine Schwellung, kein Blut, nicht so wie bei mir. Ich wollte ehrlichgesagt gar nicht wissen, ob ich eher aussah wie ein Gollum als ein Mensch.

„Warum starrst du mich so an?“, fragte er irgendwann. Er war noch immer nicht zurück gerutscht, sodass ich seinen warmen Atem in der kalten Nacht spüren konnte.
„Du siehst gut aus“, erklärte ich, was ihn zum Grinsen brachte. „War das ein Flirtversuch?“
Ich zucke mit den Schultern. „Die Wahrheit“

Sein Grinsen wandelte sich in ein leichtes Lächeln. Mein Blick huschte kurz zu seinen Lippen. Als ich mich zwang wieder in seine Augen zu sehen, erkannte ich, dass er ebenfalls meine Lippen musterte, doch vermutlich schaute er nur auf meine blutende und geschwollene Unterlippe.

„Bist du immernoch nicht schwul?“, fragte er nach einer Zeit und diesmal war ich es, der lächelte. „Nein, du?“ Er schüttelte den Kopf und sah wieder in meine Augen.
„Wieso fragst du das ständig?“, wollte ich wissen. Okay, ich hatte ihn heute Nachmittag auch gefragt, aber nur, weil ich ihn geärgert hatte. Immerhin hatte er einen Ständer gehabt... Wegen mir... Also bitte.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Where stories live. Discover now