25. ASHER

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Grayson beobachtete mich den gesamten Tag in der Schule akribisch und ließ mich kaum aus den Augen.
Ich versuchte es zu ignorieren und meine Konzentration auf den Unterricht zu lenken, aber das war verdammt schwer. Ich musste immer wieder an das Gespräch denken, an das ich mich nicht mehr erinnern konnte.
Hatte ich ihm vielleicht gesagt, was ich fühlte und er sah mich deshalb so an, als sei ich ein Alien?
Widerte es ihn an, dass ich auf ihn stand?
Dass ich mehr von ihm wollte?

Ja, ich wollte mehr von ihm. Ich gestand es mir ein. Aber ich durfte das nicht. Es war falsch.
1. Er war ein Typ.
2. Er war ein Player, Fuckboy, Badboy und was es noch alles für Bezeichnungen gab.
3. Er stand nicht auf Männer.
4. Er würde mich auslachen.
5. Falls er mich nicht auslachen würde und ich vielleicht sogar dazu kommen könnte, ihn irgendwann mal zu küssen oder sogar mehr, würde es nur noch schlimmer werden, wenn er dann mit der nächst besten Tussi in die Kiste stieg.
6. Ich würde meiner Schwester das Herz brechen, wenn ich zugeben würde, dass ich Gray mochte. Sie würde nie mehr ein Wort mit mir sprechen, genauso wie Isaac.
7. Mein Ruf. Mein Image. Ich konnte mich nicht als Schwulen outen. Ich wusste nicht mal, ob ich wirklich schwul war oder bi, oder pan, ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nur, dass ich in Grayson fucking Clade verknallt war und das nichts Gutes mit sich brachte.

Nach der Schule hatte ich Candy wieder nachhause gefahren. Ich war sehr dankbar, dass sie mich nicht rausgeschmissen hatte letzte Nacht. Das würde nicht jede tun. Aber sie war nicht so wie die anderen Bitches in der Schule. Candy vögelte sich zwar auch durch die Klassenräume, aber sie hatte ein Herz. Ich konnte verstehen, wieso Gray mit ihr befreundet war.

Naja, auf jeden Fall fuhr ich dann wieder nachhause und traf auf Issac, der Ashley in seinem Auto heimgebracht hatte. Beide saßen am Küchentisch und sahen mich vorwurfsvoll an, als ich rein kam. Ich wusste, das würde ein erstes Gespräch werden, also stöhnte ich gequält und setzte mich zu ihnen.

„Wo warst du letzte Nacht?“, begann Isaac mit dem Verhör. Ein Wunder, dass er mich in der Schule nicht damit genervt hatte. Vermutlich hatte er das, nur ich war eben zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt gewesen.
„Ich war bei Candy“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Hast du sie flachgelegt?“ Isaac grinste mich anzüglich an, erntete dafür einen Schlag von meiner Schwester und wurde dann wieder ernster. Es wunderte mich ehrlich gesagt, dass ich selbst im betrunkenen Zustand anscheinend keine Erektion bekommen hatte, aber das lag vermutlich daran, weil ich Frauen einfach nicht mehr geil fand. Trotzdem hätte sich da unten etwas tun müssen, immerhin hatte ich schon seit Wochen keinen Sex mehr gehabt und war somit mehr als untervögelt.

Als meine Schwester mit der flachen Hand auf den Tisch schlug, erschrak ich und sah sie vorwurfsvoll an.
„Erschrick mich doch nicht so, du Furie!“, brüllte ich, während ich mir die Hand an mein pochendes Herz hielt.
Sie sah mich wütend an. „Anders hörst du mir ja nicht zu! Ich will jetzt wissen, wieso du Clade so verprügelt hast, er hat immerhin nichts gemacht“
„Er hat dich geküsst!“ schrie ich zurück, woraufhin Isaac scharf die Luft einzog. Tja, das hatte er wohl noch nicht gewusst.
„Das hast du mir nicht erzählt“, warf er Ashley vor.
Sie warf die Arme in die Luft. „Weil es egal ist. Das ist immerhin kein Grund, wieso Ash so auf Clade losgegangen ist.“
  „Er hat dich geküsst“, erklärte ich wieder, doch diesmal nicht mehr so laut.

Ich konnte dieses Bild einfach nicht aus meinem Kopf loswerden und das tat verdammt weh. Er soll mich so küssen.

„Er hat mich nicht geküsst, ich habe ihn geküsst. Außerdem ist das doch nichts Schlimmes. Ich weiß, dass er nichts von mir will. Es war nur ein Kuss.“
Nein, für mich war es das nicht. Für mich war es der Beweis, dass die Sache mit Gray und mir immer nur ein Traum bleiben würde.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Where stories live. Discover now