2.17. GRAYSON

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Seitdem wir miteinander geschlafen hatten, sah Ash mich nur noch selten an. Und wenn er es tat, dann nur mit einem abwertenden Blick. Er hatte mich ausgenutzt, um zu testen, ob er wirklich schwul war und ich hatte mir Hoffnungen gemacht nach meiner Erzählung würde er vielleicht einsehen, dass er mich liebt. Aber dem war nicht so. Im Gegenteil.
Ash ging jeden Tag weg, kam spät abends mit fremden Männern oder Frauen wieder und warf sie vor dem morgen dann wieder raus.
Ich bekam das aber alles mit, weil ich auf dem Sofa schlief, mir jede Abfuhr anhörte, die er erteilte und mir jede Backpfeife ansah, die er kassierte. Doch ich tat nichts dagegen.

Alle wussten, was vor sich ging, doch keiner sprach es an. Das ging Wochenlang so.
Bis ich eines Nachts mitbekam, wie Ash July vor die Tür setzte.
Sie stritten sich, er kassierte mal wieder eine Backpfeife und ich wusste, was passiert war. Ich konnte nicht fassen, dass Ash Isaak das antat, doch wer wusste schon, was Jules ihm erzählt hatte.

Als ich hörte, dass Schritte näher kamen, stellte ich mich schlafend, damit Ash nicht mitbekam, dass ich ihn belauscht hatte.
Ich spürte, wie das Sofa an der Kante leicht nachgab.
Dann fühlte ich, wie etwas durch meine Haare strich.
„Wieso kannst du mich denn nicht einfach aufgeben?“, hauchte Ash.
Dies war das erste Mal, dass ich seine Stimme hörte. Seine richtige Stimme.
Ich musste einfach lächeln.
Dann spürte ich seine leichte Berührung an meiner Stirn, doch im nächsten Moment war mir ganz kalt und Ash war wieder weg.

Dann fasste ich einen Entschluss. Vor ein paar Wochen hatte ich mit Isaak alle Bilder von Ash und mir rausgesucht, ich hatte sie ausgedruckt und jetzt legte ich sie vor seinem Zimmer ab.
Als ich sie durchgeblättert hatte, hatte ich weinen müssen, aber ich war auch zu einem ziemlichen Weichei geworden. Doch, wenn ich ehrlich war, war mir das egal. Vor Ash hatte ich meine Gefühle nie verstecken müssen und ich würde jetzt sicher nicht damit anfangen.

Als es draußen langsam heller wurde, entschloss ich mich aufzustehen. Ich ging ins Bad, ging meiner Morgenroutine nach, machte dann Frühstück für alle im Haus. Zur Not konnten sie es sich ja dann nochmal aufwärmen.

Als ich gerade dabei war meinen Kaffee zu trinken, kam Isaak zu mir und setzte sich.
„Wie geht’s dir?“, begann er das Gespräch.
Ich seufzte. Wie sollte es mir schon gehen? „Ich sehe ihn an und will am liebsten einfach tot umfallen“, beschrieb ich meinen Zustand.
Isaak nickte verstehend. „Weißt du, wenn er sich nicht mehr daran erinnert, dass er dich liebt, musst du eben versuchen, dass er sich nochmal in dich verliebt“, meinte er dann.
Ich hielt nichts von der Idee. „Er liebt mich doch schon, er muss es sich nur eingestehen“
Isaak sah mich ernst an. „Wir wissen, dass das so ist, aber er nicht.“
„Denkst du das wird klappen?“, fragte ich misstrauisch.
„Einen Versuch ist es wert“ Ich nickte zustimmend und somit war es beschlossene Sache. Nur, wie ich das anstellen sollte, wusste ich nicht.

Ich grübelte also so vor mich hin, bis ein verschlafen aussehender Ash in die Küche ging und mit einem Nutellabrot wieder rauskam.
„Wer hat die gemacht?“, fragte er.
Ich lächelte ihn zur Antwort an, aber er verdrehte die Augen. Doch das Brot legte er natürlich nicht weg. Idiot.

„Seid ihr wieder zusammen?“, hörte ich Isaak dann fragen, während er Ash verwundert musterte. Ash schüttelte wild den Kopf, wodurch seine langen Haare hin und her flogen.
„Woher hast du dann die Knutschflecke?“ Isaak zog die Augenbrauen hoch und fasste an Ashs Hals.
Dieser zuckte mit den Schultern. „Vielleicht von Jules“
„WAS?“, fragte Isaak.
„Von Jules“, wiederholte Ash, doch es schien ihn nicht zu interessieren.
„Das ist nicht dein ernst“, meinte Isaak dann.
„Naja, ihr habt gesagt, ich hab mit ihr geschlafen, und weil ich mit nicht mehr daran erinnert hab, ab Ichs eben nachgeholt. Also ja, es ist mein ernst“
„Du hast mit meiner Freundin geschlafen?“, presste Isaak hervor. Er ballte die Hände zu Fäusten, ich sah nur zu.
„Sie ist deine Freundin? Ups, das hab ich wohl vergessen“
Ich lachte ungläubig. Das war doch jetzt nicht sein ernst.
Isaak schien dasselbe zu denken wie ich, denn er riss Ash das Brot aus den Händen und zwang ihn sich anzusehen. „Du hast es nicht vergessen, Ash. Du weißt es ganz genau, aber dass du deine Amnesie als Ausrede benutzt, ist echt unter deiner Würde. Ich komme damit klar, dass du wieder ein 16-jähriges Teenie bist, aber dann sei wenigstens du selbst als 16-jähriger und kein absolutes Arschloch“ Dann ließ er Ash wieder los, stand auf und ging in seine Wohnung hoch.
Ash sah ihm kurz hinterher, setzte sich dann wieder normal hin, und verdrehte die Augen.
„Man ist der eine Pussy geworden“, murmelte er abfällig.

Ich schüttelte den Kopf, stand wortlos auf und ging in die Abstellkammer. Ich musste mich abreagieren und ich wusste auch schon wie.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora