21. ASHER

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Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, wurde ich gerade durch ein stürmisches Klingeln an der Haustür wach.
Ich stöhnte genervt, legte mich auf den Bauch und vergrub den Kopf unter meinem Kissen, doch das Klingeln hörte nicht auf.
Es wurde nur schneller und jetzt hörte ich sogar jemanden rufen: „Mach auf, Ash, oder ich trete die verdammte Tür ein!“

Grayson?

Grayson!

Ich strampelte die Bettdecke zurück, fiel dabei aus dem Bett, hievte mich selbst hoch und taumelte zur Tür. Mir war verdammt schwindelig, ich sah schwarz vor Augen, doch ich konnte die Tür erreichen und sie aufmachen, ehe ich zur Seite kippte.
Allerdings landete ich nicht auf dem Boden, sondern würde gerade noch von zwei starken Armen an dem Sturz gehindert.

„Oh, Ash“, hörte ich Graysons Stimme murmeln, spürte, wie ich hochgehoben und irgendwo abgelegt wurde.
Dann hörte ich, wie die Tür wieder zuging und spürte einen kalten Lappen auf meiner Stirn. Das tat gut!

„Gray?“, murmelte ich und öffnete die Augen langsam wieder. Ich sah auf die Decke im Wohnzimmer, musste also auf dem Sofa liegen. Aber das war nicht das Beste. Das Beste war, dass ich auf Grayson lag. Okay, liegen, konnte man das nicht wirklich nennen. Er lehnte mit dem Oberkörper halb liegend, halb sitzend gegen das Sofa, eins seiner Beine lag darauf, das andere war daneben auf dem Boden abgestellt. Mein Kopf lag auf seiner Brust, mein Körper zwischen seinen Beinen und ich wollte mein Leben lang einfach hier liegen bleiben.

Das kalte Tuch auf meiner Stirn wurde ziemlich schnell warm von meinem Fieber, also nahm Grayson es wieder runter und strich durch meine Haare. Ich mochte dieses Gefühl. Ich mochte seine Anwesenheit.

„Was machst du hier?“, murmelte ich, während ich mich etwas weiter an ihn drückte.
Ich wusste, es wiederstrebte meinem Vorhaben, ihm aus dem Weg zu gehen, aber vor meinen Gefühlen davonlaufen konnte ich auch noch, wenn ich wieder gesund war.
„Ich passe auf dich auf“, höre ich seine tiefe, aber angenehme Stimme und seufzte wohlig.

„Du bist gemütlich, Gray“ Ich drückte mich immer weiter an ihn, kuschelte mich richtig rein und rutschte immer wieder von Seite zu Seite.
Er schien nichts dagegen zu haben, bis er irgendwann scharf die Luft einzog. „Ich weiß, dass ich gemütlich bin, aber du musst jetzt aufhören, dich zu bewegen“

Jetzt war ich beleidigt. Gefiel es ihm nicht? Wieso war es denn dann hier?
Er fand mich bestimmt doch hässlich!
Ich drehte mich schmollend in seinen Armen um, sodass ich mein Kinn auf seiner Brust ablegen konnte. „Wieso denn? Magst du mich nicht?“
Ich schob die Unterlippe vor und bekam schon wieder Tränen in der Augen.
Gray lachte leicht, strich mir weiterhin durch die Haare. „Das Problem ist, dass ich dich zu sehr mag. Und ein bestimmtes Teil von mir auch“nicht
Jetzt lächelte ich stolz. Er mochte mich! Wenn ich nicht so erschöpft wäre, würde ich triumphierend die Hände in die Luft strecken.

„Hattest du von mal Sex mit einem Mann?“, fragte ich irgendwann. Er strich die ganze Zeit nur durch meine Haare, obwohl diese vermutlich total eklig und fettig waren, aber ihn schien es nicht zu stören, also interessierte es mich auch nicht.
Nachdem ich die Frage gestellt hatte, legte er seine Hand zu der anderen auf meinen Rücken, schüttelte dann den Kopf. „Du?“

Ich schüttelte ebenfalls den Kopf, ehe ich meine Wange wieder auf seiner Brust ablegte. „Lass uns heiraten und drei Kinder kriegen“, schlug ich dann vor, was ihn zum Lachen brachte.
„Was geben die dir für Medikamente?“, fragte er noch immer lachend.
Jetzt war ich wieder beleidigt. Also stemmte ich meine Hände an seine Brust und drückte mich von ihm weg, setze mich an das andere Ende des Sofas.

„Das ist jetzt nicht dein ernst, Asher“ Er lachte noch immer, war aber total ungläubig.
Was wollte er denn? Ich mochte ihn und konnte mir eine Zukunft mit ihm vorstellen.
Wieso wollte er keine Kinder mit mir?

Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Er sah mich noch eine Weile an, bis er sich neben mich setze und einen Arm um mich legte. „Ich dachte eigentlich, du wüsstest das, aber ich glaube, ich muss dir etwas erklären“
Ich sah ihn neugierig an. Meine Stimmungsschwankungen wurden noch schlimmer, wenn ich krank war, das gab ich zu.
„Ich bin ein Mann, du bist wahrscheinlich auch ein Mann, zumindest, wenn du nicht gerade mit Medikament vollgepumpt und krank bist. Selbst wenn wir beide versuchen würden, Kinder zu bekommen, könnte das nicht funktionieren. Biologisch gesehen. Oder hast du eine Gebärmutter im Arsch?“

Meine Lippen formten ein 'Oh´, bevor wir beide laut zu lachen anfingen. Das hatte ich gar nicht bedacht!
Wir lachten immer weiter, wobei es bei mir eher ein Keuchen war, bis Isaac die Treppe runter kam und sich und gegenüber auf einen Sessel setzte. „Was gibt es denn so lustiges?“, fragte er zwar freundlich, sah Gray aber böse an.

Ich stand langsam auf, damit es mich nicht wieder umhaute und presste mich zu Isaac in den Sessel. „Du bist mein bester Freund“, meinte ich, während ich mich an ihn schmiegte und meinen Kopf auf seiner Schulter ablegte. Er war zwar etwas kleiner als Gray, doch es war auch gemütlich.
„Ich weiß, Ash. Willst du nicht lieber wieder ins Bett?“ Er klang besorgt, während er an meine Stirn fasste, um meine Temperatur zu überprüfen.
Ich schüttelte den Kopf, hob ihn dann und drehte sein Gesicht zu mir. „Ich liebe dich wie einen Bruder.“ Isaac nicke wieder und sagte, er wüsste das. Doch als ich den nächsten Satz aussprach, wechselte sein Blick von weich zu verwundert, belustigt und schließlich wütend. „Aber Gray liebe ich wie die Mutter meiner Kinder“

Gray fing wieder an zu lachen, Isy sah verwundert zwischen ihm und mir hin und her, während ich ihm treu in die Augen sah.

„Was hast du ihm gegeben?“, fragte Issac dann ernst, schob mich von sich und machte sich vor Grayson groß. Dieser erhob sich ebenfalls, konnte jedoch nicht aufhören zu lachen. „Keine Ahnung, was du meinst. Aber ist doch süß wie er sich benimmt“ Ich konnte Isaacs Gesichtsausdruck nicht sehen, dafür aber Gray, der mir zuzwinkerte. Ich grinste dümmlich, musste dann aber husten.
Isaac und Gray sahen mich beide besorgt an, Gray kam auf mich zu. Ich wusste, er wollte mich hochheben, damit er mich tragen konnte, also streckte ich ungeduldig meine Hände nach ihm aus, doch Isaac stellte sich dazwischen.
„Du gehst jetzt besser, Clade. Ich will dich nicht in seiner Nähe sehen und vorallem nicht in diesem Zustand.“
„Wieso sollte ich gehen? Ich will nur auf ihn aufpassen. Außerdem meinte Ashley, ich solle hier sein, damit du nicht das Haus abfackelst.“
Isaac lachte ironisch auf. „Ja klar. Mir egal, was Ashley dir gesagt hat, sie ist nicht da, aber ich bin es, also hau ab.“
Gray blieb einfach stur stehen und sah abwechselnd von Isy zu mir.

Als sich keiner weiter rührte, zwang ich mich wieder auf die Beine, hob mich an Isaac fest, aber nur, um so zu Gray zu gelangen. Dieser merkte, wie unsicher ich auf den Beinen war, also schlag er einen Arm um meine Hüfte, um mir Halt zu geben.

„Ihr wisst hoffentlich, wie schwul das gerade aussieht“, meinte Isaac dann aus hochgezogenen Augenbrauen. Mir traten die Tränen in die Augen, ich begann zu heulen wie ein kleines Kind. „Nur weil ich Gray liebe, bin ich nicht schwul!“, schrie ich, Gray begann wieder zu lachen, Issac sah mich verwirrt an. „Ash, wenn ein Mann einen anderen Mann liebt, bedeutet es das Schwul zu sein. Außerdem liebst du Clade nicht. Du bist einfach nur total high.“

Meine Augen weiteten sich. „High?“, fragte ich dümmlich. Ich wusste ja schon, dass ich mich seltsam benahm, wenn ich krank war, aber so schlimm wie heute war es tatsächlich noch nie gewesen. Isaac zuckte mit den Schultern. „Es gibt nen Grund, wieso Jerome immer Tee im Unterricht trinkt. Ich hab mir auch was von seinem Stoff besorgt und irgendwie muss Ashley dir wohl den falschen Tee gemacht haben. Wie du dich benimmst, ist nämlich nicht mehr normal. Außerdem sind seine Pupillen stark gewietet, also bist du grade drauf.“
„Uh“, stieß ich aus, ehe ich zu kichern begann. „Ich bin high!“ Triumphierend streckte ich meine Hände hoch, was ich dann aber sofort bereute, weil mir schwindelig wurde.

„Willst du mir sagen, Asher hat Fieber, bekommt Antibiotikum und hat jetzt auch noch irgendein Drogenscheiß intus?“ Grays Stimme klang bedrohlich, aber trotzdem irgendwie besorgt, weswegen ich ihn musterte. Er presste die Kieferknochen zusammen und sah Isaac ganz, ganz böse an.
Issac beschwerte sich ebenfalls. „Ich kann nichts dafür, ich habe ihm den Tee nicht gemacht!“ „Aber es war deiner!“,
Gray wirkte plötzlich irgendwie so anders. Es war als wäre er ganz weit weg, seine Stimme drang nur noch wie durch eine Watteschicht an mein Ohr, bevor ich den Halt unter den Füßen verlor und einfach umkippte.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Where stories live. Discover now