2.12. ASHER

4.1K 261 56
                                    

Als ich aufwachte, dachte ich, der Teufel würde in meinem Kopf eine Party feiern.
Ich hatte Schmerzen, mir war schwindelig und kotzübel.
Vermutlich hatte ich gestern Nacht mit Isaak durchgemacht, ich hatte keine Ahnung.

Erst nach einer geraumen Zeit, schaffte ich es, die Augen zu öffnen. Das war nicht mein Zimmer. Oder Isaaks.
Es war alles in Weiß gehalten, sah steril aus und irgendwie roch es auch so.
Ich ahnte schon, wo ich war. Im Krankenhaus. Wer weiß, vielleicht hatte ich mal wieder eine Alkoholvergiftung oder hatte mich geprügelt. Kein Wunder, dass ich mich an nichts erinnerte.

Ich blieb also gelassen und drückte routinemäßig auf den Knopf, um nach einer Schwester zu rufen. Nach ein paar Minuten kam sie dann auch und brachte einen ganze Meute an Ärzten mit. Ich drückte auf einen weiteren Knopf, damit sich das Bett nach oben bewegte, sodass ich sitzen konnte.
Die Ärzte versammelten sich vor meinem Bett und schauten mich an, ich schaute sie an. Wieso so viele von denen?

„Also Leute, wieso bin ich diesmal hier?“, fragte ich irgendwann gerade heraus. Vielleicht hatte ich mir beim Football den Kopf gestoßen. Das konnte sein.
„Sie sind drei Wochen im Koma gelegen, aber der Druck auf ihr Gehirn ist zurückgegangen und die Hämatome konnten wir beseitigen.“

Koma?
Hämatome im Hirn?
Veraschen die mich?
Drei Wochen?

Äh okay und wieso das Ganze?“, fragte ich dann dümmlich.
„Sie wurden zusammengeschlagen, aber das kann ihnen ihr Freund wohl besser erklären, wir sind nur für die Behandlung zuständig“
Daraufhin fragte er mich, ob ich Schmerzen hätte und verschrieb mir nach meiner Antwort Schmerzmittel. Die Ärzte meinten, sie müssten meinen Krankheitsverlauf noch mindestens eine Woche überwachen, würden jetzt aber meiner Familie bescheit sagen, dass ich aufgewacht war. Ich nickte das nur ab, dann gingen sie wieder und ich begann nochmals zu schlafen.

Als ich das nächste Mal aufwachte, spürte ich ein Gewischt auf meinen Füßen und sah hin. Ashley und Isaak lagen dort, ebenfalls schlafend. Ich machte kurzen Prozess und kickte beide aus dem Bett.
Isaak fiel vom Stuhl, Ashley fiel mir ihm den Hals.

„Oh mein Gott, es geht dir gut, ich kann es einfach nicht glauben! Mach sowas nie wieder!“, sie plapperte, aber ich überhörte das meiste. Ich hörte ihre Sorge und wollte nicht, dass es ihr schlecht ging, also streichelte ich über ihren Rücken.

Irgendwann setze sich Isaak auf meine Bettkante, Ashley ließ mich los und Isaak umarmte mich ebenfalls.

„Was ist denn überhaupt passiert?“, fragte ich, nachdem er mich wieder losgelassen hatte.
„Wir wissen es nicht“
„Wie ihr wisst es nicht?“ Ich sah beide verwirrt an.
„Wir waren nicht dabei, als es passiert ist“, erklärte mein bester Freund.
Ich nickte verstehend. Ich wollte noch etwas sagen, aber ich hörte, dass die Tür aufflog.
Isaak sah dorthin, ich erkannte niemanden, weil es um die Ecke war.

Dann stand er auf, um Platz zu machen. Ich fragte mich, wer da wohl kommen würde, aber dann hörte ich schon schnelle Schritte.

Im nächsten Moment saß Grayson Clade auf meiner Bettkante und küsste meine Stirn.
Komplett perplex starrte ich ihn an. Was zur Hölle?

„Oh Gott, Ash es tut mir so leid, das musst du mir glauben. Ich werde nie wieder zulassen, dass dir was passiert“ Er redete schnell und panisch, ich begriff nicht mal, was er überhaupt hier machte.
Irgendwann wurde es mir zu viel, ich hob die Hand, damit er die Klappe hielt.
„Hast du mich etwa hier rein befördert?“, fragte ich ihn aggressiv. Wieso sollte er sich sonst entschuldigen? Wieso tat er es überhaupt?

„Erinnerst du dich nicht?“, fragte er dann und sah mich mit einem seltsamen Ausdruck an.
Irgendwie so... liebevoll... Ist ja eklig.

„Ehm nein, ich hatte ein Schädelhirntrauma, du Ochse. Jetzt sag mir gefälligst was passiert ist“, fauchte ich ihn an.
Er machte mich durch seine bloße Anwesenheit aggressiv, das war schon immer so.

„Also ich hab dir ja von der Sache mit meinem Job erzählt und als ich dich zur Arbeit gebracht habe, ist dann Nico aufgetaucht und der meinte, er müsse mich bestrafen, weil ich mich geweigert habe zur Arbeit zu gehen und dann hat er dich geschlagen...“
Je mehr er redete, desto verwirrter wurde ich. „Äh, alles klar, wieso schlägt mich irgendein Typ, weil du nicht zu deiner Arbeit gehst und wieso bringst du mich zur Arbeit? Und was ist mit der Schule?“ Ich stand auf dem Schlauch. Hatte ich echt so viel gesoffen?
Gray biss die Zähne zusammen. „Ash, wir sind seit einem viertel Jahr aus der Schule draußen“, sagte er einfühlsam.

Ich lachte. „Willst du mich verarschen? Ich bin 16, natürlich gehe ich noch zur Schule. Wenn das irgendein Prank sein soll, dann ist er echt schlecht. Wie hast du Isaak und Ashley dazu überredet mitzumachen? Und die Ärzte?“

Grayson riss die Augen auf, Ashley schlug sich die Hand vor den Mund, Isaak stürmte mit den Worten „Ich hole eine Arzt“ aus der Tür.

Und ich lag hier so herum und fühlte mich verarscht.

Dann sah ich, dass Graysons Augen glasig wurden. „Junge, fängst du jetzt an zu heulen? Verpiss dich einfach, dein Prank hat nicht funktioniert“ Ich verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Grayson hatte aber anderes im Sinne, denn er fuhr über meinen Unterarm und wollte meine Hand nehmen, aber ich schlug ihn weg.
„Was fällt dir ein, mich anzufassen? Verpiss dich!“, schrie ich. Es ekelte mich an, dass er mich so seltsam ansah und dass er mich angefasst hatte.
Grayson gab aber nicht auf, sondern legte die Hand an meine Wange, er wollte etwas sagen, aber ich schlug ihn weg. „Bist du jetzt zu einer verdammten Schwuchtel mutiert oder was? Hau endlich ab!“

Er zuckte zusammen und stand dann vom Bett auf, schüttelte den Kopf. „Ash, tu mir das nicht an“, hauchte er schmerzerfüllt.
Ich verzog das Gesicht. „Was willst du hier, Mann?“ Er nervte mich, er machte mich aggressiv, er verwirrte mich. Wir prügelten uns täglich und wir hassten uns, also was sollte das ganze jetzt plötzlich?

Bevor noch mehr passieren konnte, ging die Tür wieder auf und ein Arzt kam mit Isaak rein. Er leuchtete in meine Pupillen, schien dann zufrieden und stellte sich vor das Bett.
Grayson stand hinter ihm und starrte mich an.
Ashley hatte  noch immer die Hand auf dem Mund und zitterte, Isaak wirkte als einziger noch einigermaßen normal.

„Erzählen sie mir doch mal etwas über sich“, forderte der Arzt dann. Ich zog die Augenbrauen zusammen.
„Mein Name ist Asher Sutton, ich bin 16, Capitain der Footballmannschaft. Meine Schwester heißt Ashley, mein bester Freund Isaak, mein Vater ist ein Säufer und meine Mutter ist mit Grayson fucking Clades Vater abgehauen als ich sieben war. Und jetzt chille ich hier in einem Krankenhausbett und komme mir mehr als nur verarscht vor.“
Der Arzt nickte nur und notierte sich etwas auf seinem Block.

„Also hier liegt eine Amnesie vor, die die letzten vier Jahre ihres Lebens umfasst“
Meine Augenbrauen wanderten nach oben. Was laberte der da?

Er schein zu verstehen, dass ich es nicht kapierte, denn er sprach weiter. „Sie sind 20 Jahre alt und arbeiten in der Forschungsabteilung von Gouvernement security. Durch ihr Schädel-Hirn-Trauma wurden Areale in ihrem Hirn verletzt, wodurch ihnen Erinnerungen abhandengekommen sind. Ich lasse ihnen die Nummer eines Psychologen da. Wichtig ist jetzt, dass sie und ihre Familie zusammen halten“ Er blickte mich einfühlsam an. Ich

Ich begann zu lachen. „HAHA, sehr lustig. Wisst ihr was? Es gab noch nie einen schlechteren Prank als den hier. Sowas von unglaubwürdig“ Ich lachte, doch keiner lachte mit.
Stattdessen verabschiedete sich der Arzt und Isaak setzte sich auf meine Bettkante. „Ash“ Er sah mich eindringlich an. Ich verstummte. „Wir verarschen dich nicht.“ Dann schluckte ich hörbar. Und glaubte ihm. Ich

„Ich bin 20? Hab ich ein Auto? Hab ich ein Haus? Wie war mein Abschluss? Wieso hab ich kein Sportstipendium? Welches Jahr haben wir überhaupt? 2020?“
Isaak seufzte und begann mir etwas über mein Leben zu erzählen.

Irgendwann stürmte Grayson wortlos aus dem Zimmer, Ashley ihm hinterher. Das passte mir natürlich nicht, doch bewegen konnte ich mich nicht richtig, weshalb Ich es sein ließ und mich lieber auf mein Leben konzentrierte, von dem ich keine Ahnung hatte.

Niemand kennt uns wirklich (BoyxBoy)Where stories live. Discover now