Wesen aus Schatten (überarbeitet)

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Das laute Brüllen meines Motors schaffte es kaum, das Pochen meines Herzens zu übertönen, als ich über die nächste Kreuzung raste und hoffte, dass ich jetzt nicht noch Probleme mit der Polizei bekam. 

 Mit einer Hand kramte ich mein Handy aus der Hosentasche, wählte die Nummer von Zuhause, stellte auf Lautsprecher und ließ auf meinen Schoß fallen.

Warum brauchte mein Handy nur so lange um den Rufaufbau zu starten?
Okay! Ja! Ich hatte Angst um meine kleine Schwester. Warum hatte ich mich von Cassy nur zum Party machen überreden lassen? Mary hatte mir zwar versprochen niemandem die Türe zu öffnen und beharrt, schon ein großes Mädchen zu sein. Aber das war sie eben doch nicht.

 Warum hatte ich sie nur alleine gelassen? Die Reifen drehten durch, als ich um die Ecke bog und das Heck brach aus. Sofort lenkte ich dagegen und brachte den Wagen wieder in eine sichere Position.
Endlich hatte mein Handy die Verbindung hergestellt und tutete friedlich. In mir drinnen herrschte das komplette Gegenteil. Ich machte mir solche Sorgen.
Abrupt brach das Tuten ab und die Stimme meiner kleinen Schwester stöhnte durch den Apparat. 

"Talia?", fragte sie leise und ich hörte, dass sie weinte.
"Mary? Was ist los?", brüllte ich gegen den Motorenlärm an.
"Ich weiß es nicht. Ich glaube hier ist jemand im Haus! Ich war in meinem Zimmer und dann hab ich diese Geräusche gehört und hab mich versteckt. Ich hab Angst, Ta!"
Die Art wie sie meinen Spitznamen aussprach, sandte tausend Alarmzeichen durch meinen Körper.

"Es wird alles gut Mary! Ich bin in zwei Minuten bei dir, okay? Wo hast du dich versteckt?" Meine Angst um sie war also berechtigt gewesen. Woher wusste der komische Kerl aus dem Club von dem was hier passierte? Meine Hände verkrampften sich um das Lenkrad.
Meine Mutter hatte genug zu tun mit ihrem Job im Krankenhaus und zwei Kindern, die nicht immer ganz einfach waren. 

Deswegen war meine Mom auch nicht zu Hause. Sie hatte Nachtschicht. Oh Mein Gott! Es ist alles meine Schuld!
Ich drückte das Gaspedal durch und fuhr mehr über den Kreisverkehr, als daneben auf der Straße.
"Ich bin hinter Omas altem Kleiderschrank im Dach. In der Luke dahinter.", erklärte sie heiser, wurde aber immer wieder von ihren eigenen Schluchzern unterbrochen.

"Okay! Das ist gut, da sieht man dich nicht! Ich bin gleich da. Ich lege jetzt auf, okay?" In diesem Moment fuhr ich in meine Straße. Es handelte sich um nur noch knapp 800 Meter bis ich auf unserem Grundstück stand.

"Okay.", flüsterte Mary. "Ta?"

"Ja?"

"Beeil dich! Bitte!"

Was sie sagte brach mir fast das Herz. Ich riss mich zusammen. 

"Mach ich.", versprach ich und legte auf.

Es waren nur noch 600 Meter.
Wenn ihr etwas passierte, würde ich mit das niemals verzeihen können.

500 Meter.
Was hatte der Typ aus der Disco damit zu tun?

400 Meter.
Angst kroch in mir empor, während ich die letzte Kurve nahm.

300 Meter.
Ich konnte unser Haus sehen.

200 Meter...
Die Haustüre stand offen!

100 Meter...
Dahinter war es dunkel!

50 Meter...
Ich fuhr mit meinem Dodge in den Vorgarten. Die Blumen meiner Mutter waren mir dabei egal.

10 Meter...
Ich öffnete die Autotür, ließ den Motor an und sprang heraus.

5 Meter... 

Hinter der offenen Haustüre war es stockdunkel. 

Meine Kehle schnürte sich zu. Ich griff in meine Schuhe und zog mein Taschenmesser raus. Ja, ich hatte ein Taschenmesser in den Schuhen. Immer! Für solche oder andere Fälle. Es gab mir Sicherheit. 

Schwingen der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt