Mr. Größenwahnsinnig und Mrs. Bescheidenheit

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Poldi sass im Garten und las in einem Buch. Es war ruhig, lediglich das Plätschern des Wasserfalles und das Zwitschern der Bäume waren hier draußen zu hören. Von drinnen erklang leise Klaviermusik, die sie angemacht hatte. Es war ein absolut entspannter Nachmittag.
Sie war völlig in ihrem Buch versunken, als sie die Klingel hörte. Verwundert schaute sie auf. Wer war das denn jetzt. Poldi legte das Buch weg, stand auf und ging ins Haus und zur Haustür. Kurz schaute sie auf den Bildschirm, der dort hing und erkannte sofort den schwarzen Van von Paul. Jetzt war sie wirklich verwundert, denn eigentlich wußte Paul, dass Jeremy um diese Zeit arbeitete. Trotzdem öffnete sie das Tor und kurz darauf blieb Pauls Auto in der Einfahrt stehen.
„Hey Poldi!" rief Paul ihr zu und sprang aus dem Auto.
„Hej Paul. Was verschlägt dich denn hier her?" fragte sie verwundert. „Jeremy ist noch am Set."
„Ich weiß, ich hab ihn gesehen, als er ankam."
„Okay?!" Jetzt war sie wirklich verwundert.
„Schau nicht so verwirrt, er weiß das ich her komme."
„Ach so? Glaubt er ich langweile mich?"
„Tust du... aber jetzt bin ich ja da!" Er schob sie ins Haus und Poldi war noch verwirrter.
Paul grinste lediglich und schloss die Tür hinter sich. Dann rieb er sich vergnügt die Hände.
„Irgendwie machst du mir gerade Angst!" sagte Poldi skeptisch und Paul lachte.
„Irgendwie hat Jeremy das selber gesagt aber am Ende hat er mir das OK gegeben."
„Das OK für was?!" fragte Poldi skeptisch nach.
„Ich bin ab heute euer Weddingplaner!" sagte Paul stolz und grinste vergnügt.
„Und das soll gut gehen?" Jetzt war Poldi wirklich skeptisch.
„Hey!" Empört stemmte Paul die Arme in seine Hüfte und sah sie an. „Wenn eure Hochzeit niemand in die Hand nimmt, wird das nie was."
„Weder Jeremy noch ich haben es wirklich eilig damit." Konterte Poldi.
„Ach was... innerlich wünscht du dir nichts mehr als Mrs. Renner zu sein."
„Bin ich doch schon, dank euch und einem Trip nach Las Vegas!"
„Ach das zählt nicht."
„Jeremy sagt es zählt sehr wohl."
„Ja für die Behörden vielleicht aber nicht für uns und jetzt keine Widerrede. Es wird jetzt geplant! Hol den Laptop."
„Ich glaube ich hab keine andere Wahl oder?"
„Nope!" Paul grinste und sah sie an.
„Also schön.... Setz dich so lange!" sagte Poldi und ging die Treppe hoch.
Paul holte sich noch schnell ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich dann auf die Couch. Wenig später am Poldi mit ihrem Laptop wieder und stellte ihn auf den Tisch.
„So.... womit wollen wir dann anfangen, Mr. Weddingplaner?" fragte sie dann und schaute auf Paul.
„Kleid!" sagte Paul entschlossen und begann auf dem Laptop zu tippen.
„Dann wird Bina sauer sein, wenn ich das ohne sie mache!"
Paul schaute zu ihr und zog eine Augenbraue hoch. „Siehst du sie irgendwo?"
„Äh, nein?"
Paul nickte und schaute wieder auf den Bildschirm. Poldi seufzte und kannte die Antwort, ohne dass Paul etwas sagte. Sie würde sich wohl geschlagen geben müssen.
„Und Jeremy weiß von dem Ganzen hier?!" Sie war noch immer unsicher, denn eigentlich wollte sie nichts ohne ihn planen.
„Jawohl und er hat sogar gesagt, wir können seine Kreditkarte benutzen wenn wir nicht übertreiben."
Poldi sah ihn an. Das klang schon wirklich sehr nach Jeremy.
„So meine Liebe... wie stellst du dir dein Kleid vor?"
„Ich hab keine Ahnung?"
„Ach was... willst du eher wie ne Prinzessin sein oder eher..."
„Schlicht!" sagte Poldi sofort. Sie stand nie gerne im Mittelpunkt und bei der eigenen Hochzeit musste man das auch nicht zwingend.
Paul schaute sie an. „Also kein Cinderella-Outfit."
„Nein! ... Ich will am Strand heiraten, also sollte es dazu passen."
Paul grinste. „Aha, die Dame hat doch Vorstellungen."
„Nicht viele."
„Damit können wir arbeiten. ... Also schlicht und strandtauglich. .... Ne A-Linie oder doch eher Meerjungfrau."
„Weder noch. A-Linie geht wieder in Richtung Prinzessin und ich will auch nicht wie ne Wurst in der Pelle aussehen."
Paul lachte.
„Also schlicht und locker."
„Genau."
Paul öffnete eine Seite und schaute durch die angebotenen Kleider. „Wie sieht es aus mit Glitzersteinchen?"
„Ja... und etwas Spitze."
Paul nickte und gemeinsam schauten sie über die Kleider.
„Sowas?" Paul deutete auf ein weißes Kleid mit tiefen Ausschnitt und einer Rückenansicht aus Spitze, das ab der Hüfte in lockerem Tüll nach unten fiel.
„Ja, kommt der Sache schon näher, bis auf diesen riesen Ausschnitt."
„Da hat dann jeder was von."
„Eben... aber es geht mir da um Jeremy."
„Der hat dann die Hochzeitsnacht."
Poldi lachte. „Du bist auch nicht glücklich, wenn du ihn nicht necken kannst oder?"
„Ich darf das als bester Freund." Er zwinkerte ihr zu und schaute wieder auf den Bildschirm.
Nach einiger Zeit sagte Poldi dann: „Das ist ganz hübsch." Sie deutete auf ein Kleid aus einem weißen Satinstoff, das locker am Körper des Models hing. Das Dekoltee war nicht ganz so tief und am Brustbereich waren einige Glitzersteinchen und Stickereien zu sehen. Am Rock waren ebenfalls Stickereien und etwas Spitze zu sehen. An der Seite war eine kleine Schleife.
„Das ist jetzt mal sehr schlicht!" stellte Paul verwundert fest.
„Ich will nichts Pompöses."
„Ja aber so? Das ist nichts für Hollywood. .. Das ist vielleicht etwas für eine Hochzeit in Deutschland, da wo du her kommst, aber nicht von hier."
„Paul..."
„Nein nix da. Jeremy sagte mir schon, dass du ausweichen wirst weil du so bescheiden bist, aber das soll auch deine Traumhochzeit werden an die du dich ewig erinnern sollst."
„Sag mir wenigstes was sowas kostet wie das."
Paul klickte auf das Angebot. „4.500 Dollar!"
„Bitte!?" sprachlos starrte Poldi auf Paul und dieser sah sie verwundert an.
„Was denn, dass ist für den Anbieter echt billig. ... Gut es ist im Sale.. und..."
„Billig?"
Paul stöhnte und lies kurz Kopf und Schultern hängen. „Du bist anstrengend."
„Sorry Paul, aber 4.500 Dollar ist eine Menge Geld für ein Kleid, das ich nur an einem Tag tragen werde. Auch wenn Jeremy dir vielleicht was anderes gesagt hat, aber nein, das ist definitiv zu teuer."
„Schätzchen... das ist nicht teuer. Du musst hier in Hollywood in anderen Dimensionen rechnen. ... Schau dich hier bitte mal um... oder geh raus in den Fuhrpark und schau dir an, was dein Zukünftiger besitzt. Wir können auch gerne einen Abstecher zum Flughafen machen, damit du den Jet noch mal siehst... und DANN reden wir über Teuer und Billig in den Augen von Jeremy Renner. ... Weiß du eigentlich wie viele Maßanzüge dein Mann oben im Schrank hängen hat, die er höchstens einmal anhatte?"
„Das hat doch damit nichts zu tun.... Das ist ja sein Geld also kann er damit machen was er will."
„Richtig... und er will das du eine Traumhochzeit hast mit allem was dazu gehört." Eindringlich sah er sie an und Poldi seufzte leise. Hier durfte sie wirklich keine Wiederworte geben. Also würde sie sich auf Pauls Planungen einlassen und später noch mal mit Jeremy sprechen. Natürlich war ihr klar, dass nach dem Flop mit der Hochzeit mit Sonni Jeremy die nächste Hochzeit öffentlich machen würde. Vor allem nach dem was alles erzählt wurde, seit dem es klar war, wen Jeremy heiraten wollte. Es würde schon eine Hollywood-Hochzeit werden, die auch sicherlich größer ausfallen würde, als andere Hochzeiten, denn Jeremy war nun mal kein unbeschriebenes Blatt und von seinem Vermögen wußte sich jeder in der Stadt Bescheid. Allerdings hatte sie auch schon öfters das Wort Geizhals über seinen Namen gelesen und das wollte er wahrscheinlich damit ausradieren. Denn von Geiz konnte Poldi selber nichts spüren.
„Also schön... ich versuche die Preise auszuschalten, aber bevor wir irgendetwas planen wird Jeremy informiert und er muss, in meiner Anwesenheit, das OK dazu geben!" sagte Poldi ernst und Paul nickte grinsend. Poldi ahnte sofort, dass Jeremy anscheinend dies schon getan hatte, denn es kam keinerlei Wiederworte von Paul. „Aber Paul... eine Bitte..."
„Ja?"
„Ein Kleid würde ich mir gerne in ein Geschäft aussuchen. Verschiedene Möglichkeiten testen und mich dann entscheiden. ... Und vor allem hätte ich gerne Scarlett und ... eventuell auch Bina gerne dabei. Sowas macht man irgendwie mit seinen besten Freundinnen oder?"
„Okay, den Einwand kann ich verstehen... Dann... machen wir jetzt ne Gästeliste."
„Das klingt schon besser." Lächelte Poldi und Paul öffnete das Word-Programm auf dem Laptop. „Und anschließend kreieren wir Einladungskarten."
„Das ist ne Idee!" sagte Poldi und lächelte. Gästeliste und Einladungskarten klangen in ihren Ohren definitiv nicht so teuer wie ein Kleid um die 5000 Dollar. Damit konnte sie leben.
„Gut... fangen wir bei dir an... Wer soll definitiv dabei sein." Sagte Paul und schrieb über das Dokument groß Gästeliste. Dann sah er sie an.
„Die Frage ist eher, wer kann sich mal eben ein Ticket nach LA inklusive Unterkunft leisten."
Paul schaute sie regungslos an und schwieg und sie verstand seinen Blick nicht wirklich.
„Was?" fragte Poldi verwundert.
„Du bist anstrengend!" sagte er ernst, was Poldi noch mehr verwirrte.
„Wieso?"
Paul zog sein Handy aus der Tasche und wählte kurzerhand Jeremys Nummer, der sich auch kurz darauf auf der anderen Seite meldete.
„Hey Jer, hast du einen Moment?"
„Klar, bin noch in der Maske... was gibt's?" sagte dieser.
„Ich bin bei deiner Frau...!" sagte Paul ernst und sah zu Poldi. „Die ist verdammt anstrengend!"
Jeremy lachte. „Ich hoffe du meinst das jetzt eher als Scherz mein Freund. ... Also, was ist los."
„Ich versuche hier eine Hochzeit zu planen, aber sie schaltet ihre Bescheidenheit nicht aus!"
Jeremy lachte erneut. „Ja, deswegen liebe ich sie."
„Keine gute Kombination, wenn du mich fragst. Mr. Größenwahnsinnig heiratet Mrs. Bescheidenheit. Das passt nicht, Jeremy!"
„Doch das passt."
„Ja aber wie soll ich da planen können, wenn sie ständig auf Preise achtet."
„Gib sie mir bitte." Sagte Jeremy ruhig und Paul gab das Handy weiter an Poldi.
„Hej Sweetheart!" sagte Poldi lächelnd.
„Hey Honey... Wo genau ist denn das Problem, hm?" fragte er sanft.
„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Wir sitzen vor der Einladungsliste und Paul wollte wissen, wen ich einladen möchte. Ich hab daraufhin lediglich gesagt, dass ich überlegen muss wer sich ein Ticket nach LA überhaupt leisten kann. Von Deutschland aus ist das nicht gerade billig."
Jeremy lachte.
„Okay da liegt das Problem!" sagte er dann.
„Ich verstehe nicht..."
„Schatz... bitte lass Paul das machen. Er hat für alles mein Okay bekommen und du kannst einladen wen du möchtest. Über Flugtickets und Hotelzimmer unterhalten wir uns wenn die Liste steht."
Jetzt verstand Poldi. „Jeremy... weißt du dass das echt teuer wird?"
„Und?"
„Jeremy...."
„Hör mal... Sonni und ich haben damals heimlich geheiratet... Nur sie und ich und unsere Eltern, sowie eine Handvoll Freunde. Es waren höchstens 10 Leute anwesend. Keine Presse, nichts. Wir hatten einen kleinen Bereich im Paradise gebucht und ein keines Drei-Gänge-Menü vorbereitet. Ein Kleid bekam sie auch und neuen Schmuck, Schuhe... halt das was eine Braut brauch... und am Ende war ich 50.000 Dollar ärmer. Aber es war okay. Ich hab es aus Liebe getan und nicht ein Dollar hab ich damals bereut."
„Aber heute tust du es!"
„Das ist eine andere Geschichte."
„Und wenn ich auch so eine Geschichte werde?"
„Bin ich um eine Lektion reicher. ... Honey... Es soll deine Traumhochzeit werden und ich vertraue Paul da, dass er mein Vermögen nicht komplett unter die Menschheit verteilt. Kauf das Kleid das du möchtest, such dir deine Gäste aus, hab Spass. Und wenn Paul meint, er müsse einen Champagner aus dem Keller holen und mit dir auf all diese Planungen anstoßen, dann soll er es tun. Nur eine Bitte habe ich...."
„Und die wäre?"
„Die Ringe würde ich gerne mit dir gemeinsam aussuchen."
Poldi lächelte. „Ich denke das bekommen wir hin."
„Na also. ... So und jetzt genieß das was Paul mit dir macht. Kaum jemand bekommt so eine Chance und dann auch noch mit dem besten Weddingplaner der Stadt. Genieß es und schalte den Kopf aus."
„Einfacher gesagt als getan."
„Ich weiß, aber ich bin mir sicher du schaffst das und später erzählst du mir von allem."
Poldi atmete tief durch. „Okay!" sagte sie dann.
„Du schaffst das. ... Ich liebe dich!"
„Ich dich auch! Bis später."
„Bis später
Jeremy legte auf und reichte Paul das Handy zurück.
„Und?" fragte er mit einem deutlichen, siegessicheren Grinsen im Gesicht.
„Ja du hast gewonnen. Kopf aus und planen."
„Sag ich doch! ... Also los... wen willst du einladen..."
Poldi atmete tief durch und begann dann gemeinsam mit Paul die Gästeliste zu erarbeiten.

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