Was immer es kostet

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Gegen Abend kam Jacky in ihrer kleinen 2-Zimmer-Wohnung am Stadtrand von LA an. Es war nichts Besonderes. Die Wohnung lag in der 6. Etage eines Hochhauses, mit den typischen nervigen Nachbarn, tropfenden Rohren und Straßenlärm. Sie hatte sich die Wohnung nach ihrem Geschmack eingerichtet und doch fühlte sie sich hier nicht wirklich wohl. Wenn sie aus dem Fenster schaute sah sie nicht das Meer sondern rauchige, stinkende Schornsteine und auch die Hollywood Hills waren von hier aus nicht zu sehen. Im Allgemeinen erinnerte hier gar nichts an das schillernde Leben der Filmstars. Nein, hier tobte das echte und reale Leben und Jacky hasste es.
Wir gerne würde sie jetzt auch in einer Millionenvilla irgendwo in Beverly Hills sitzen und sich von den Angestellten ein Glas Champagner reichen lassen. Schon immer hatte sie von so einem Leben geträumt und es war ihr Ziel gewesen, dieses Leben irgendwann auch wirklich zu leben. Als Kind hatte sie mit der Schauspielerei angefangen, doch schnell hatte sie gemerkt, dass dieses Geschäft knallhart war und wenn man, wie sie, kaum Talent hatte, hatte man auch keine Chance groß rauszukommen. Also hatte sie sich einen anderen Weg überlegt. Wieso arbeiten, wenn der Mann am Ende ein Weltstar war und Geld genug nach Hause brachte. Aber auch dieser Weg war steinig. Sie hatte eine ziemlich nervige Ausbildung als Friseurin hinter sich, danach an einem kleinen Provinztheater eine Weiterausbildung zur Maskenbildnerin gemacht. Unzählige Bewerbung hatte sie dann an die Filmbranche geschickt. Immer wieder kamen Absagen und dann endlich kam eine Zusage von Marvel. Damals hatte sie überhaupt keine Ahnung von dieser Firma, aber die war ihr auch eigentlich egal. Wichtig für sie war es gewesen, endlich mit den Stars und Sternchen zusammenzuarbeiten. Endlich war sie ihrem Ziel einen Stück weiter gewesen. Allerdings musste sie auch schnell merken, dass die eigentlichen Stars und Sternchen oft sehr seltsam waren. Viele waren auch schon vergeben, sodass sie sich nicht weiter bemühte. ... Und dann hatte sie Jeremy kennengelernt. Er war irgendwie anders als die Anderen gewesen. Er besass eine gute Spur Witz, war dennoch ernst und nachdenklich. Mit ihm hatte sie viele tolle Gespräche in der Maske geführt. Aber auch er war verheiratet gewesen. Warum waren eigentlich immer alle vergeben?
Doch dann hatten sich die Ereignisse überschlagen. Er hatte sich getrennt, war wochenlang kaum ansprechbar gewesen und Jacky hatte ihre große Chance gesehen. Sie hatte sich sehr um ihn bemüht. Hatte ihm Honig um den Mund geschmiert, ihm in allem zugestimmt, ihm kleinere Geschenke gemacht, alles um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ja sogar als er am Set mit Drogen erwischt wurde, hatte sie ihn verteidigt.
Doch am Ende hatte es nichts gebracht, außer, dass er ihr Herz mitgenommen hatte und sein eigenes einer anderen Frau geschenkt hatte.

Mit einem Seufzen ließ sich Jacky auf die alte Ledercouch fallen und schaltete den TV an. Sie schaltete durch die Programme und blieb am Ende bei einer Kochsendung stehen. Kurz sah sie zu und legte dann ihren Kopf in den Nacken und schaute in die Decke.
Sie bekam den heutigen Tag einfach nicht aus dem Kopf.
Endlich, nach einigen Wochen, war Jeremy wieder bei ihnen in der Maske gewesen und er hatte sie völlig ignoriert. Das hätte es vor Monaten nicht gegeben und Jacky schob es auf den Streit im Paradise und somit auf Poldi. Sie musste diese Frau loswerden, doch sie hatte keine Ahnung wie. An Kiwi hatte sie schnell gemerkt, dass sie nicht so einfach zu manipulieren war, aber sie würde es schon schaffen.
Immer wieder dachte sie an das Gefühl, dass sie gehabt hatte, als sie Jeremys Oberarm angefasst hatte. Seine Haut war so warm, seine Muskeln durchtrainiert. Wie gerne hätte sie mehr von ihm gespürt. Doch um das endlich zu dürfen, musste sie seinen lästigen Anhang loswerden. Nur wie.
Immer wieder dachte sie darüber nach.
Kiwi war noch immer sehr naiv in dieser Welt. Sie kannte die dunkle Seite von Hollywood nicht wirklich. Die Dinge, die hinter den hohen Mauern passierten. Drogen, dunkle Geschäfte, Huren. ... All das hatte Kiwi noch nicht wirklich mitbekommen. Am Ende war das auch gut so, denn so konnte Jacky sie für ihren Plan gut gebrauchen. Allerdings spielte Robert da in einer anderen Liga. Sie brauchte also noch jemanden, der ihr helfen könnte, Poldi loszuwerden.
Hatte sie nicht selber erzählt jetzt in der Buchhaltung zu arbeiten? Das sie den Job nur wegen Jeremys Einfluss bekommen hatte, war Jacky klar. Doch Jacky wußte auch, dass Lesley dort arbeitete. Und Lesley war eine Freundin von Jeremys Ex-Frau Sonni. Ob die Beiden allerdings noch immer befreundet waren wußte sie nicht, aber das könnte man ja herausfinden.

„Ich muss diese Hochzeit verhindert... Was immer es kostet...!" sagte Jacky zu sich und schaute zum Fenster.
Die Sonne schien gerade unterzugehen, wenigstens war der Himmel in einem romantischen Orangeton gehüllt. Wie gerne würde sie jetzt mit Jeremy Hand in Hand am Strand entlang spazieren und den Sonnenuntergang gemeinsam mit ihm genießen.
Doch anstelle dessen hockte sie in ihrer Mini-Wohnung und konnte durch die Wand hindurch den Streit ihrer mexikanischen Nachbarn hören.
„Was immer es kostet...!" wiederholte sie. „Jeremy gehört mir... und ich lass ihn mir nicht von diesem deutschen Weib wegnehmen...!"
Ihr Plan nahm langsam in ihrem Kopf Gestalt an und sie grinste leicht.
„Jacky Renner...Bis das der Tod uns scheidet!" sagte sie dann und lächelte. Sie schloss die Augen und dachte über das perfekte Leben nach, dass sie mit Jeremy führen würde.

Spirit of the Hawk - The main attractionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt