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«Jungkook«

Ich hatte kaum einen Durchblick von dem, was mit mir geschah, denn soweit wir, nach einer Blitztour durch die Straßen Seouls von dem Hotel bis hin zum Entertainment Gebäude, angekommen waren, schleifte mich Manager Kang in Richtung des Büros des CEOs. Sein Griff an meinem Arm war hart und schroff, es tat weh, weshalb ich ein wenig dagegen ankämpfte, doch er ließ sich nicht beirren.

„Hyung, bitte...! Lass mich nur kurz duschen, ich f-fühle mich so dreckig-"

„Vergiss es, Jungkook. Du kommst jetzt sofort mit. Wenn du schon etwas Dummes anstellst, sorgst du gefälligst auch dafür, dass es wieder geradegebogen wird!", unterbrach er mich mit drohender Stimme.

Wimmernd und verzweifelt ließ mich also in das Büro ziehen, wo der CEO bereits wenig begeistert zu scheinend wartete. Bei meinem überforderten Anblick runzelte er grimmig die Augenbrauen. Dieses Mal stand er und ging auf mich zu, als Manager Kang mich inmitten des Zimmers losließ.

„PD-nim...", begann ich, jedoch bebte meine Stimme so sehr, und ich fühlte mich dermaßen ausgelaugt, dass nichts Weiteres zustande kam als sein Name.

„Wieso, Jungkook? Ich dachte, dass ich die Sache deutlich gemacht habe, und dass wir uns geeinigt hätten", presste er hervor, die Ader an seiner Schläfe zeigte, wie er versuchte seinen Zorn in Grenzen zu halten.

„Aber ich habe es d-doch getan...! PD-nim, letzte Nacht habe ich genau das gemacht, was Sie eigentlich von mir erwartet haben!" Ich hatte meine Arme empört erhoben und sie am Ende wieder entmutigt herunterhängen lassen. Ja, was war hier eigentlich los? Wieso war jeder wütend auf mich und warf mir vor, dass ich die Abmachung nicht eingehalten hatte? Fakt war doch, dass ich es über mich ergehen gelassen hatte, und nun einfach mein Leben leben wollte. War das wirklich zu viel verlangt?

Der CEO stemmte seine Arme in die Hüfte und trat noch einen Schritt näher an mich heran, woraufhin mein erster Instinkt war, einen nach hinten zu gehen. Jedoch gab es irgendwann keinen Weg mehr zurück, weil Manager Kang bereits das andere Ende meines möglichen Fluchtweges besetzte. Ich schluckte schwer, wie so oft in letzter Zeit.

„Ich weiß nicht, was du mit wem und wann getrieben hast, aber eins ist mir durchaus bewusst. Und das ist, dass Produzent Jang, zu dem ich seit einigen Jahren in einer guten Beziehung stehe, sich bei mir höchstpersönlich beschwert hat, mein Nichtsnutz von einem Möchtegern Rookie Idol sei nicht wie verabredet bei ihm gewesen!" Er war immer lauter geworden, bis er mir schließlich nur noch ins Gesicht schrie, sein Zeigefinger tippte dabei immer wieder provozierend gegen meine Brust, und das nicht besonders sanft.

Die Worte nisteten sich allmählich in meinen Kopf ein, und plötzliches wurde mir alles klar. Es traf mich wie ein Schlag in die Magengrube, dementsprechend bekam ich auch das Bedürfnis mich übergeben zu müssen. Ich konnte es einfach nicht fassen, was mein Verstand mir versuchte zu erklären, weshalb ich einige Male den Kopf schüttelte, als würde diese heftige Bewegung verhindern, dass die Worte ihre Wirkung zeigten.

„D-Das...-"

„Verdammte Scheiße, Jungkook, ich habe dir eine Möglichkeit gegeben und du hast einfach darauf geschissen. Ich möchte dich erst einmal für ein paar Tage hier nicht mehr sehen. Sollte ich es nicht schaffen wieder einen guten Draht zu diesen einflussreichen Männern wiederherzustellen, wird es auch zukünftig kein ‚Wir' und ‚Uns' mehr geben", sagte er zornig und schickte mich mit einer gleichgültigen Handbewegung davon.

Manager Kang folgte mir nicht aus dem Büro, also kehrte ich den beiden mit zusammengebissenen Zähnen den Rücken. Auf dem Weg durch das Gebäude, der sich plötzlich nach den zwei Jahren so entfremdet anfühlte, gab ich mir Mühe meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu legen. Nein, Jungkook, du darfst die Bedeutung deines Einfalls nicht an dich heranlassen, sprach ich wie ein Mantra immer und immer wieder zu mir selbst.

Und obwohl ich dadurch nicht ausdrücklich daran dachte, schmerzte dennoch etwas in meiner Brust. Nicht nur das, mein Hinterteil fühlte sich nach wie vor verkrampft und stechend an, was mir mein Leid nicht verringerte. Ich humpelte durch die kalten Gänge des Entertainments, niemand kam mir entgegen, niemand befand sich in der Nähe, um mein schmerzverzerrtes, tränenüberlaufendes Gesicht zu sehen.

Mit meinem Ärmel fuhr ich blind über mein Gesicht, schob jedoch nur die Nässe und den Rotz hin und her, statt tatsächlich irgendetwas wegzuwischen.

Bevor ich dazu in der Lage war das Gebäude wirklich zu verlassen, es könnte immerhin das letzte Mal sein, machte ich einen gequälten Abstecher zu den Toiletten, in der zum Glück ebenfalls keine Menschenseele vorzufinden war. Ich zwang mich mit leicht gebeugtem Rücken zu den Waschbecken und stützte mich an ihnen ab. Meine Hand drehte an dem Wasserhahn und ich begann das kühle, fließende Wasser in meinen beiden Handflächen zu sammeln, um es schließlich in mein Gesicht zu schaufeln.

Diesen Vorgang wiederholte ich einige Male, bevor ich das Wasser abstellte und mich zwang in den Spiegel vor mir zu schauen. Mein ganzes Gesicht war nass, selbst die Haare auf meiner Stirn hingen mir durchnässt in die Augen, die rot hervorstachen. Mein Hemd war noch immer am Kragen oben offen, und mit zittrigen Fingern begann ich weitere Knöpfe aufzumachen.

Die Flecken an meinem Hals zogen sich bis hinunter zu meinem Schlüsselbein. Ich hielt erschrocken den Atem an. Selbst meine Brustwarzen waren leicht gerötet.

Der schwarzhaarige Mann hatte nichts anbrennen lassen. Ein Fremder, der mich berührt hatte, dem ich mich hingegeben hatte, weil ich bereit war, für diese Karriere alles aufzugeben, selbst meine Ehre, mein Stolz und...meine Unschuld. Und letztendlich war alles für nichts. Weil der Mann, mit dem ich gestern Nacht geschlafen hatte, nicht der richtige gewesen war.

Wie konnte das passieren? Eine Verwechslung? Etwa die Zimmernummer? Welche hatte Manager Kang mir genannt? Nicht 405? Nein...es war 406...!

Ich zischte fluchend auf und trat gegen den Mülleimer, der zum Opfer meiner Frustration und meines Schmerzes wurde. Der Inhalt, Papier und anderer Dreck verbreitete sich auf den gesamten Toilettenboden, doch das war das Letzte, an das ich einen Gedanken verschwenden konnte.

Nicht besser ergehend als vor dem Besuch aufs WC humpelte ich hinaus und begab mich an die frische Luft. Ich blieb direkt vor dem Eingang stehen, ein, zwei Meter von der Tür entfernt und blickte, ohne konkretes Ziel nach vorne auf die volle Straße.

Ein nebliger Schleier legte sich über meine Augen, ich zog die Nase hoch und stand einfach dar. Da bemerkte ich plötzlich, wie ein schwarzes Auto vor dem Entertainment am Straßenrand zum Stehen kam, und wie eine Person im dunkelblauen Anzug, weißes Hemd und ebenso dunkelblaue Krawatte aus dem Wagen ausstieg. Wie ein ungenauer Fleck, meine Sicht war leicht verschwommen durch die übriggebliebenen Tränen, ging er auf mich zu.

Noch ehe ich dazu in der Lage war, zu begreifen, warum dieser Fleck, der langsam die sichtbaren Umrisse eines größeren Mannes annahm, sich auf mich zubewegte, spürte ich einen stechenden Schmerz an meiner linken Wange. Und mein Kopf flog zur Seite.

Dieser Mann hatte mich mit seiner bloßen Faust geschlagen.

Love Affair ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang