19 ℒ

1.6K 115 18
                                    

«Jungkook«

Manager Kang öffnete die Tür des Vans und half mir aus dem Wagen. Ich stützte mich an ihm ab und so humpelten wir gemeinsam hinein ins Innere des Krankenhauses. Die Stimmung war bedrückt, keiner von uns beiden hatte seit der Abfahrt von dem Restaurant etwas gesagt. Ich, weil ich einfach keine Kraft übrighatte, und er, weil es nichts weiteres mehr zu sagen gab.

Nach meinem Sturz und den zahlreichen Kommentaren, die ich über mich ergehen lassen musste, nicht zu vergessen der schockierende Moment, als Jin von einem perfekten, selbstlosen Prinzen zu einem kalten, unberechenbaren Antagonisten wurde, hatte er wieder seine freundliche Fassade aufgesetzt.

Der Ältere war zu mir heruntergerannt, sein Gesicht spiegelte gewaltigen Kummer wider und seine fast schon mütterlichen Worte riefen einen einzigen Gedanken herbei. Er war unschlagbar. Ein Schauspieler durch und durch. So gut, dass ich selbst einen Augenblick innehalten musste, um nachzudenken, ob ich mir nicht doch alles eingebildet hatte.

Letztendlich wurde ich von Manager Kang von den Fittichen des Blondhaarigen befreit, indem dieser nachdrücklich sagte, dass wir auf der Stelle meinen Fuß untersuchen lassen sollten.

Und seitdem schwiegen wir uns an. Es war nicht so, als würde er sich Sorgen um mich machen, das war mir durchaus klar.

Ich seufzte, nachdem Manager Kang mich im Warteraum zurückließ, um zur Rezeption zu gehen. Mit einem wehmütigen Blick hob ich meinen rechten Fuß etwas an, bereute es jedoch sofort, als ein stechender Schmerz sich ausbreitete. Ich kniff die Augen zusammen und stöhnte ein wenig. Hoffentlich war nichts gebrochen.

Was Taehyung wohl machte? Ich wollte ihn sehen. Vielleicht meldete er sich nachher.

Ich lehnte mich an die Stuhllehne und schloss die Augen. Die Hintergrundgeräusche des Krankenhauses blendete ich vollkommen aus, schirmte mich vollständig von der Geräuschkulisse der Gegenwart ab. In meinen Gedanken erschien Jin, als er plötzlich diese abfälligen Worte geäußert hatte.

„Sei leise, du Gesindel."

Warum? Was hatte ich ihm jemals getan, dass er mich mit diesem Blick gemustert hatte, als hätte er mich für eine abartige Tat beschuldigt? So viel Hass und Abscheu... Er hatte mich geschubst, das war volle Absicht gewesen. Vielleicht nicht unbedingt in dem Ausmaß, dass ich die ganze Treppe herunterfiel, aber es hatte ihm letztendlich auch nicht wirklich leidgetan.

Aber, was sollte ich schon tun? Es würde mir sowieso niemand glauben, wenn ich aussagen würde, dass der Kim Seokjin mir absichtlich schaden wollte. Wahrscheinlich würden mich die Leute eher beschimpfen, dass ich den großen Star eine solch abscheuliche Tat vorwarf. Seine Fans würden mich auseinandernehmen.

„Ahh, ich möchte Taehyung sehen", murmelte ich niedergeschlagen und öffnete meine Augen wieder.

In dem Moment kam Manager Kang auf mich zu. „Ein Arzt wird nach deinen Verletzungen schauen." Damit half er mir hoch und wir bewegten uns langsam in einen langen Flur, in dem wir auf die dritte Tür auf der linken Seite zutraten.

Manager Kang klopfte und sofort öffnete sie ein junger Arzt im weißen Kittel. Er lächelte freundlich und lud uns herein, wo ich mich auf die Liege in der Mitte des weißen Raumes setzte. Manager Kang nahm in der Ecke auf einem kleinen Hocker Platz.

„Na gut, was sind denn Ihre Beschwerden? Ich sehe bereits, dass Sie etwas mit ihrem Fuß haben", fragte der Doktor und rollte auf seinem Stuhl zu mir herüber, die Beine überschlagen.

„Ich...ich bin die Treppe heruntergefallen und bin mit dem Fuß irgendwie umgeknickt."

„Mhm, haben Sie sich bei dem Fall sonst noch irgendetwas verletzt? Geht es Ihren Armen gut? Vielleicht der Kopf?"

Ich überlegte für einen Moment, bevor ich zögerlich antwortete: „Ich bin mit einem Rücken aufgekommen. Er tut nicht mehr so weh wie direkt nach dem Fall, aber vielleicht könnten sie sich das sicherheitshalber trotzdem nochmal ansehen?"

Der Arzt nickte lächelnd. „Natürlich. Am besten machen wir von Ihnen ein komplettes Röntgenbild. Folgen Sie mir schnell. Moment, ich helfe Ihnen, Herr..."

„Jeon. Jeon Jungkook."

„Freut mich sehr. In diese Richtung bitte, Herr Jeon."

• ❥ •

„Ihr Fuß ist zum Glück nicht gebrochen, dem Knochen scheint es gut zu gehen. Aber er ist leicht verstaucht und sollte für mindestens eine Woche nicht überbelastet werden. Da die Verstauchung aber nicht allzu drastisch ist, sollte es Ihnen nach den ersten drei, vier Tagen bereits besser gehen. Ihrem Rücken geht es auch erst mal soweit ganz gut. Außer leichten Rückenschmerzen sollten Sie eigentlich nichts spüren. Falls Sie jedoch doch noch größere Schmerzen verspüren, scheuen Sie auf gar keinen Fall davor wiederzukommen."

• ❥ •

Seufzend lag ich auf der Matratze in meiner Wohnung, zu der mich Manager Kang noch gefahren hatte. Er hatte mir gesagt, dass er nicht damit rechnete, dass ich in diesem Zustand in den nächsten Tagen einen Auftrag bekommen würde. Mit diesem Kommentar hatte er meine Wohnung auch schon wieder verlassen. Keine Verabschiedung, keine gute Besserungswünsche.

Zu allem Übel musste ich auch noch meinem Minijob in dem Café absagen, weil ich so unmöglich kellnern konnte. Das hieß dann wohl, keine Einnahmen in dieser ohnehin schweren Zeit. Als wäre mein Leben nicht bereits hart genug, wusste das Schicksal trotzdem noch, wie es mir einen Schlag in die Magengrube versetzen konnte.

Ich musterte den weißen, dünnen Verband um meinen Fuß und bewegte ihn ein bisschen, ließ es aber zügig sein, als ein unangenehmer Schmerz sich ankündigte.

Allmählich erlosch das kleinste bisschen Hoffnung in mir. Wie konnte ich schon wieder gescheitert sein? Dieses Mal zwar auf eine etwas andere Art und Weise, aber war es wirklich zu viel verlangt, ein einziges Mal einen Auftrag zufriedenstellend und problemlos zu meistern? Wie sollte ich das Taehyung erklären?

Bei dem Gedanken an den Schwarzhaarigen kramte ich mein Handy herbei und stellte traurig fest, dass er sich noch nicht gemeldet hatte. Sollte ich ihn mal anrufen? Nein, lieber nicht. Vermutlich war er einfach noch zu beschäftigt, und ich wollte ihn wirklich nicht bei der Arbeit stören.

Mein Magen knurrte auf. Ich hatte Hunger. Ich legte meine Hände auf meinen Bauch und überlegte für eine kurze Weile, ob ich mir etwas zu Essen suchen sollte, doch meine Kräfte waren schon längst aufgebraucht, sodass ich diesen lediglich ignorierte und meiner Müdigkeit die Oberhand ließ. Hungrig und einsam schlief ich ein und wünschte mir inständig, dass Taehyung am nächsten Tag wieder an meiner Seite war.

Der Ältere fehlte mir.

Love Affair ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Where stories live. Discover now