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«Jungkook«

Als ich an die frische Luft trat, dämmerte es bereits draußen, und ein leichter Sommerregen prasselte auf mich herab. Aber die Nässe interessierte mich nicht, die sich mit meinen Tränen vermischten, bis man nicht mehr auseinander auseinanderhalten konnte, was, was war. Auch die Passanten, die unter dem Schutz ihrer Regenschirme anfingen zu tuscheln, spielten keine Rolle.

Ich war wie gelähmt. Mein Herz zog sich schmerzlich zusammen und meine Lippe brannte von meinem aggressiven Herumkauen. Meine Brust bebte, das ununterbrochene Schluchzen tat mir in meinem Hals weh. Der Schmerz war dermaßen gewaltig, dass ich zwanghaft versuchte mich zu beruhigen, aber es gelang mir einfach nicht.

Ich weinte, weil Namjoons Worte mir zugesetzt hatten, und weil all die letzten Ereignisse mir zu viel wurden, und ich weinte immer mehr und mehr, weil ich den Schmerz nicht ertrug, Den mentalen, aber genauso den physischen Schmerz.

Mein Körper fühlte sich so schwer an, wie eine Last, die ich hinter mir eh schliff. Mein Fuß tat weh. Das stundenlange Herumstehen im Aufnahmeraum, schon das Herumirren davor, hatte mir zugesetzt, aber ich hatte die Zähne zusammengebissen und alles für dieses Ost gegeben. Am Ende konnte ich Namjoons Erwartungen, wenn er denn jemals welche hatte, und Taehyungs Empfehlung nicht gerecht werden.

Ich blieb stehen und starrte verzweifelt auf meine Füße. Wieso haltet ihr an? Warum bewegt ihr euch nicht weiter?

„Komm schon...", murmelte ich nachdrücklich zu mir selbst.

Meine Beine zitterten, meine Hände auch, als ich sie vor mich hielt und begutachtete.

Was geschah mit mir? Ich fühlte mich so schwach und energielos.

„Jungkook?"

In dem Moment, in dem diese klare Stimme durch den Regen zu mir durchdrang, blieb die Zeit stehen. Ich hob langsam meinen Kopf und drehte mich in die Richtung, aus der sie gekommen war. Dann traf mein suchender Blick auf ein vertrautes Gesicht.

Dort stand er einfach, an sein Auto gelehnt, die eine Hand in der Hosentasche vergraben, die andere hielt einen transparenten, großen Regenschirm über sich.

„H-Hyung?", hauchte ich ungläubig und im nächsten Augenblick fand ich mich auf ihn zustürzend vor.

Ich stolperte unbeholfen auf ihn zu und warf mich praktisch ohne weitere Bedenken an ihn, sodass er erschrocken den Schirm zu Boden fallen ließ und mich stattdessen in den Armen hielt.

„Taehyung!" Ich begann erneut stärker und lauter zu weinen, während ich mich an ihn drückte und verzweifelt nach Halt suchte.

Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass ich emotionalen Stress ausgesetzt war, dass ich mich so schamlos auf ihn warf, oder, weil ich einfach nur unendlich glücklich war, ihn endlich wiedersehen zu dürfen. Was es auch war, eins war mir jedoch durchaus bewusst. Ich wollte ihn nicht so schnell wieder davongehen lassen.

• ❥ •

Der Regen wurde stärker und das Prasseln der Tropfen auf den Asphalt lauter, während ich an Taehyung geschmiegt meinen Kummer aus mir heraus weinte. Er gab nichts von sich, er bewegte sich auch nicht, sondern ließ mich lediglich an ihn kuscheln, obwohl wir mittlerweile völlig durchnässt waren.

Mein Kopf lehnte an seiner Brust, meine Arme schlangen sich besitzergreifend um seinen Körper und unsere Beine waren irgendwie ineinander positioniert. Eine sicherlich aufmerksamkeitsanziehende Szene, die wir hier boten.

„Geht es, Jungkook?", fragte der Schwarzhaarige zaghaft, als er spürte, dass ich mich allmählich beruhigte. Er legte seine Hand auf meinen Kopf, an dem die nassen Haare klebten, und klopfte behutsam auf ihn, als wäre ich ein kleines Kind.

Ich hatte das Gefühl, dass meine Stimme versagen würde, also nickte ich nur, ohne die Position meines Kopfes zu verändern.

„Komm, steig ein, ja?" Er stützte mich auf dem Weg zur Beifahrertür, öffnete sie für mich und half mir mich in den Sitz zu setzen.

Ich ließ es über mich ergehen und beobachtete seine schemenhafte Silhouette durch die Scheibe, an der der Regen wie ein Wasserfall herunterfloss. Dann öffnete sich die Tür und er nahm auf dem Fahrersitz Platz.

Wie gebannt schaffte ich es nicht, mich abzuwenden, obwohl ich seinen Blick auf mir wahrnahm. Das Bedürfnis mich wieder an ihn zu drücken, seine Nähe zu spüren, strömte unter meiner Haut durch meine Adern, aber aus irgendeinem Grund war ich nicht in der Lage mich aus dieser leeren Starre zu befreien.

Reiß dich zusammen, Jungkook, redete ich mir selbst ein. Das war nicht das erste und auf jeden Fall auch nicht das letzte Mal, dass mir dermaßen vor den Kopf gestoßen wurde.

„Ach Jungkook, na komm, du wirst noch krank", erreichte mich Taehyungs Stimme und riss mich aus meinen Gedanken.

Ehe ich mich versah lag ein kleines Handtuch über meinem Kopf, das er behutsam durch meine Haare streifte, um diese zu trocknen. Etwas überfordert drehte ich mich mit meinem Oberkörper zu ihm, um es ihm leichter zu machen, während sich ein kleines Lächeln auf meinen Lippen abbildet, das immer größer wuchs. Als das weiße Handtuch von meinem Kopf wieder verschwand, wodurch er freie Sicht auf mein Gesicht bekam, wurde ich verlegen und wandte mich deswegen ab.

Ich guckte an mir herunter und stellte erst jetzt erschrocken fest, dass ich eine kleine Pfütze auf seinen luxuriösen Sitzen hinterließ, da meine Kleidung ebenfalls vollkommen durchnässt war. Natürlich erging es ihm ähnlich, doch dies war mir ebenso zuzuschreiben, weshalb ich mich gleich schlecht fühlte.

„Es tut mir so leid, Taehyung Hyung... Ich sollte aussteigen, sonst wird dein ganzes Auto noch-", begann ich, aber unterbrach mich auf der Stelle, bevor ich zu Ende reden konnte.

„Sei nicht so. Der Wagen ist mir total egal. Du solltest dich lieber um dich sorgen. Was ist passiert, Jungkook, dass du so aufgelöst warst? Du hast so stark geweint und gelitten, dass es schon schmerzhaft war, anzusehen."

Trauer legte sich über meine Miene. „Ich... Es ist nur so, dass ich nie etwas richtig mache. Immer und immer wieder vermassle ich Aufträge, obwohl ich so hart versuche an meine Grenzen, nein, sogar über meine Grenzen hinauszukommen. Und jedes Mal realisiere ich, dass ich gegen eine Wand laufe, die sich scheinbar nie aufzulösen wollen möchte. Bin ich einfach zu illusorisch, Hyung? S-Sollte ich einfach aufgeben? Langsam wird mir das alles zu viel und ich weiß wirklich nicht, wie lange ich das noch aushalte..."

„Du darfst nicht so schnell brechen, Jungkook", stieß Taehyung ernst aus. Seine ausdrucksvollen Augen, die Augenbrauen zusammengezogen, fixierten mich und gaben mir Gänsehaut. „Du musst stark bleiben und all das überstehen. Nur so...nur so wird alles gelingen. Ich weiß, dass es schwer ist, aber du darfst nicht aufgeben. Solange ich dir eine Möglichkeit geben kann, werde auch ich mein Bestes geben, um dir beizustehen. Also bitte, verliere nicht den Mut!"

Er hob seine Hand vor sich und ballte diese zu einer Faust zusammen. „Wir schaffen das."

„T-Taehyung...!", hauchte ich gerührt. Einzelne Tränen entwichen mir wieder, doch ich wischte sie mir direkt mit meinem Handrücken weg.

Der Schwarzhaarige lächelte mich an, dann legte er seine Hand auf meinen Oberschenkel und schenkte mir die Wärme, die mir die Kraft gab, weiterzumachen.

Wie konnte ich die Dankbarkeit, die ich ihm gegenüber verspürte in Worte fassen, wenn allein dieses Gefühl in meinem Herzen mich überwältigte? Taehyung glaubte an mich, selbst, wo andere nicht einmal einen Funken Talent in mir sahen, oder wenn ich selbst sogar die Hoffnung verlor.

Sagt mir, wie könnte ich mich nicht in diesen Menschen verlieben? 

Love Affair ᵛᵏᵒᵒᵏ [✔]Where stories live. Discover now