kapitel 68

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POV Yumeku
Auf dem staubbedeckten Boden Tic Tac Toe spielend warten Milo und ich auf den Tagesanbruch. Als Milo gerade seinen Gewinn durch eine Verbindungslinie der kleinen Kreise im Staub unterstreicht, blicktm er auf und sieht mich kurz an. "Bist du gar nicht aufgeregt?" "Nicht wirklich" Ein weiteres Spielfeld auf den Boden malend, antworte ich ihm und als Milo plötzlich die kleine Spieluhr mit der Aufschrift 2001 aus seiner Tasche zieht, beginnt er sie aufzuziehen und die Melodie mitzusingen. Diese Melodie steckt unentwegt in unseren Köpfen und keiner von uns kann es sein lassen, die Melodie mit zu summen oder im Takt mit den Fingern auf dem Boden zu tippen. "Hmm.. und was wenn dein Plan misslingt? Hast du einen Plan B?" ich schüttle kurz den Kopf "Mein Plan ist Perfekt, es kann eigentlich nicht wirklich viel schief gehen" erwiedere ich und Milo kichert. "Da ist aber jemand von sich selbst überzeugt.. Also ich bin ja der Meinung, man sollte immer ein Backup haben, falls etwas schief geht, aber wie du meinst" mit den Schultern zuckend malt Milo ein kleines lächelndes Gesicht. "Also ich an deiner Stelle wäre totaaal aufgeregt.. Immerhin ist es mega spannend auf der Flucht zu sein. UND du siehst bald deine Freunde wieder" grinst er und ich muss zugeben: Langsam werde ich wirklich nervös.. Ich lasse es mir zwar nicht ansehen, aber der Gedanke daran hier bald raus zu sein und meine Freunde wieder zu sehen, lässt meinen Bauch ganz komisch kribbeln. Mit einem mal springt Milo auf und läuft zum Fenster. Ich folge ihm und wir sehen beide nach draußen, wo sich der Himmel bereits in warmen rosa orange Tönen erhellt. Man kann schon einen winzig kleinen Teil der Sonne sehen und Milo lächelt ihr fast noch heller strahlend entgegen. "Das wird ein aufregender Morgen werden" schmunzelt er "es ist jetzt ca. 5 Uhr oder?" fragt er nach, als wüsste er es nicht selbst und ich nicke. Man kann Milos Vorfreude ganz deutlich erkennen und er nimmt glücklich wie ein kleines Kind beide meine Hände "Lass uns ganz viel Spaß haben, ja?" Seine Vorfreude steckt mich fast schon an und mit einem zustimmenden 'mh' lächle ich ihn an.
"Dann los!" kichert er und zieht mich an meiner Hand bis zum Treppenhaus.
"Ab dem 4. Stockwerk von unten müssen wir jeweils das Geschoss durchqueren, nur so kommen wir raus." warne ich Milo nochmal vor und er nickt ungeduldig "Ich weiß, ich weiß! Das hast du schon dreimal gesagt"
Das Gebäude wurde so konstruiert, dass ab dem vierten Stock abwärts die Treppen zwar weiter gehen, jedoch führen sie, wenn man sie aufeinmal nimmt in eine Sackgasse. Deshalb müssen wir die letzten vier Stockwerke einmal durchqueren um in das Richtige Treppenhaus zu gelangen. Es hört sich zwar kompliziert an, aber man kann es sich so vorstellen, dass am Linken und am Rechten Ende jedes Stockwerks jeweils ein Treppenhaus ist, welches zwar bis ins unterste Stockwerk führt, aber ab dem 4. Stock gibt es keine Ausgänge nach außen mehr, also quasi eine Attrappe die in die Irre führen soll. Deswegen muss man wenn man ins 3. Stockwerk möchte das vierte erst von links mach rechts durchqueren um dann zu einem einzelnen Treppenabsatz zu gelangen, welcher parallel zu der Attrappe verläuft aber durch eine Wand abgegrenzt wird. Okay schon etwas komplex, aber wenn man es einmal entschlüsselt hat, ist es ganz einfach. Jetzt könnte man meinen: Warum benutzt man dann so umständlich die Treppen, wenn man den Aufzug nehmen könnte? Naja im Aufzug sind eben Kameras ohne toten Winkel platziert, also stehen diese außer Frage..
"Yumi lauf mal etwas schneller, da kommt jemand" fordert mich Milo durch die Glasscheibe einer der Türen deutend auf, als ich etwas zurückfalle. Schnell laufen wir die Treppen nach unten und passen auf, nicht ins Sichtfeld der Pfleger und Überwachungskameras zu laufen. Im vierten Stockwerk angekommen benutzen wir die Schlüsselkarte um durch die Richtige Tür zu kommen. Vorsichtig schleichen wir uns an den ganzen Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern vorbei und gehen dann weiter in den dritten Stock. Dort begegnen wir immer weniger Personen und im zweiten Stock ist alles bis auf einen Vereinzelten Pfleger der in einem Stuhl sitzend vor sich hin döst Menschenseelen verlassen. Im Treppenabsatz zum ersten Stock bleibt Milo kurz stehen und sieht mich etwas besorgt an. "Geht das nicht alles viel zu einfach? Auch wenn es hier zur verwirrung dienen soll, sind es doch etwas wenige Menschen.." Mir ist es vorher auch schon aufgefallen, dass überraschend wenig Personal auf den Gängen ist. Natürlich ist es sehr früh und gerade einmal Tagesanbruch, aber gerade deshalb sollte zumindest das Personal das im Wechsel von Nacht und Frühschicht steht, unterwegs sein...
"Wir sollten uns beeilen, es ist schon 5:23 Uhr und um 30 ist der Schichtwechsel.." murmle ich und zeige auf die Uhr an der Wand
Wir gehen um die Ecke nach Links und geradewegs auf den letzten Treppenabsatz ins Erdgeschoss zu. Wie geplant nutzen wir im Erdgeschoss die Schlüsselkarte zum Überwachungsraum und betreten den Raum welcher voll mit Überwachungsmonitoren der Kameras im Erdgeschoss ist. "Du links, ich rechts und beeilung bevor die nächste Schicht beginnt." weist Milo an und wir machen uns an die beiden Computer, welche als Steuerungszentrale der Security Kameras dienen. Im Erdgeschoss ist es eine weitaus höhere Anzahl an Überwachungskameras, weshalb so gut wie kein einziger unbewachter Fleck vorhanden ist. Milo freezt die Kameras welche sich am nähsten zum Ausgang befinden und ich sorge für einen Kurzschluss, welcher die Monitore der Kameras an den Treppenhäusern schwarz werden lässt. Der Kurzschluss dient als Ablenkung um Security und das weitere Personal so weit wie möglich vom Ausgang fern zu halten, um uns das Entkommen zu ermöglichen. "Okay, done!" freut sich Milo und hebt seinen Daumen. Schnell verlassen wir den Überwachungsraum und gerade als wir in Richtung Ausgang schleichen, hört man von dem Raum aus welchem wir gerade kamen einen Security Guard rufen: "Ich brauche Personal bei den Kameras im Treppenhaus Ost und West!" Gerade noch rechtzeitig zieht mich Milo in eine kleine Abstellkammer, denn kurz darauf hört man schnelle Schritte an uns vorbei gehen und wir atmen erleichtert auf. "Jetzt nurnoch an den Guards am Ausgang vorbei und das Sicherheitssysten überwinden" flüstert Milo und ich kriege bei seinem warmen Atem in meinem Nacken Gänsehaut. "Vergiss nicht, dass wir dann noch das Militär Gelände lebendig verlassen müssen" murmle ich und Milo kichert "Wohl eher musst DU das Gelände heil verlassen, ich halte dir nur den Rücken frei, also enttäusch mich nicht wen ich hier mein Leben für dich riskiere ;)"
Als die Luft rein ist, huschen wir in Richtung des letzten Kontrollraumes, welcher die abschließende Hürde unserer Flucht aus der Klinik ist. Von außen wird er nicht bewacht, was mir zwar sehr komisch vorkommt, doch wir machen uns nichts daraus und betreten den Raum.
Innen stehen zwei Security Guards mit Waffen in der Hand und am Computer hinter ihnen Sitzt ein Mann, welcher wohl für das System verantwortlich ist.
"Was macht ihr beiden hier?!" grollt einer der Guards mit tiefer Stimme und die Waffen sind in schussbereiter Stellung auf uns gerichtet.
Milo und ich sehen uns kurz an und man kann deutlich in seinen Augen das Adrenalin funken sehen. "Wir haben uns verlaufen?" grinst er unschuldig und ohne zu zögern greift er den Security Guard an. Auch ich komme in Bewegung und trete so stark ich kann gegen den Lauf der Waffe. Ich nutze den kurzen Schock des Guards und stürtze mich auf ihn. Neben mir hört man ein lautes Lachen, worauf ein Knacken folgt und danach ist es einfach still.
"W-was-" "Hier spielt die Musik" knurre ich, als der Mann für welchen ich 'zuständig' bin verblüfft in Milos Richtung blickt.
Der ungesund schief gedrehte Nacken seines Kollegen scheint ihm wohl sofort aufgefallen zu sein und ich werde fast etwas wütend, dass ich nicht seine volle Aufmerksamkeit habe. "Langweilig.." murmle ich und klammere mich an seinen Arm. Geschockt lässt er die Waffe fallen und versucht mich abzuschütteln. Hinter uns hört man den Mann am Computer durch ein Walky Talky mit zitternder Stimme nach Verstärkung flehen. Milo steht nur amüsiert da, ehe er ihn mit einem Tritt vom Stuhl befördert und ihn zu Boden ringt. Ich selbst schnappe mir die Waffe des Guards welcher selbst überrascht darüber ist dass ich ihn so plötzlich losgelassen habe und muss kurz schlucken als ich merke wie schwer dieses Ding ist. Ich kenne mich ja nicht so sehr mit Waffen aus, aber durch Rins Liebe zu Waffen, kann ich das hier immerhin als Maschinengewehr einordnen. Ohne mit der Wimper zu zucken halte ich den Abzug gedrückt und muss mich wirklich bemühen, bei dem Widerstand nicht umzufallen. Etwas unkontrolliert fällt ein Schuss auf den anderen. Zwar sind die Schüsse nicht sehr gezielt aber treffen aus dieser geringen Entfernung ohne Probleme ihr Ziel. Zu meinem Überraschen sind die Schüsse nicht so laut, wie ich es von den Schießereien mit Luke und den anderen gewohnt bin. Fasziniert von dem Dumpfen Geräusch welches durch den Schalldämpfer verursacht wird, halte ich weiterhin ohne Bedenken den Abzug gehalten, bis das Magazin komplett leer geschossen ist. "Hast dus dann?" fragt Milo mit schief gelegtem Kopf auf dem Oberkörper des bewusstlos geschlagenen Mannes sitzend und ich blicke auf den durchlöcherten Körper des Security Guards herab und betrachte ihn. Jemanden zu erschießen ist ein ganz anderes Gefühl als es mit den eigenen Händen zu tun.. Ich mustere kurz meine zitternden Hände an denen kein einziger Tropfen Blut klebt.. Es fühlt sich so unwirklich an, jemanden einfach so durch das simple drücken eines Abzuges zu töten..
Eine riesige Lache von Blut strömt über den Boden, die sich langsam meinen Füßen nähert, woraufhin ich einen kleinen Schritt nach hinten gehe. Ungläubig mustere ich die ganzen Schusswunden und Milo kann sein Lachen nicht mehr unterdrücken. "..Jaa der ist wirklich tot!" lacht er und unter anderen Umständen hätte er sich vermutlich am Boden gekugelt. "Aber jetzt Beeilung, bevor die Verstärkung kommt" fasst er sich überraschend schnell wieder und öffnet mit ein paar Knopfdrücken die Mechanische Tür zum Ausgang.
Ehe wir nach draußen stürmen, schnappt sich Milo noch das Maschinengewehr des Guards, dessen Nacken dank ihm so einen Haken schlägt. Der Gang an dem wir entlang rennen scheint viel länger als auf dem Plan und uns kommt auf einmal ganz unbesorgt eine Krankenschwester entgegen. Von Verstärkung ist keine Spur zu entdecken.. Vor der Schwester bleibt Milo kurz stehen und als sie die Waffe in seiner Hand registriert beginnt sie zu zittern und Tränen beginnen sich in ihren Augen zu bilden. "B-bitte tötet mich nicht..i-ich habe Familie.. Kinder..ich habe Geld, bitte töte mich nicht.." fleht sie und Milo sieht sie mit einem sanften Lächeln an. "Wie heißen Sie?" fragt er mit ruhiger Stimme und die Frau wird auf seinen unberührten Ton etwas kleinlaut. "A-Annemarie.." stammelt sie und Milo lässt die Waffe sinken. Fast schon hoffnungsvoll sieht sie ihn an und er geht mit dem Kopf etwas näher an sie heran. "Tut mir leid Schwester Annemarie" wispert er in ihre Richtung und beginnt zu kichern. Er richtet das Gewehr erneut auf sie und drei gedämpfte Schüsse ertönen. "W-waruumm.." wimmert die Frau ehe sie mit einem dumpfen Ton zu Boden fällt. "Warum? Na weil es Spaß macht!" schmunzelt Milo und steigt über die am Boden liegende Krankschwester, welche quer in unserem Weg liegt. Um sie herum bildet sich genau wie bei dem Sicherheits Guard eine Lache an Blut, welche meinen Blick fängt. So zu töten ist langweilig..
Endlich am Ende des Ganges angekommen laufen wir ins Freie und machen uns bereit, gegen die höher Rangigen Sicherheitsmänner und Soldaten anzukommen. "W-was? Warum ist hier niemand..." entfährt es Milo, welcher zuerst draußen ankommt. Geschockt sehen wir uns beide um, doch kein einziger Soldat, noch Security Guard ist zu sehen. Irgendwas ist hier faul...
"Mir war klar, dass es irgendwann dazu kommt, dass du fliehen wirst.." hinter uns ertönt auf einmal eine triumphierende Stimme und wir drehen uns ruckartig um.. "Dass es so bald zu deinem Ausbruch kommt, hätte ich deinem ruhigen Verhalten zufolge nicht geahnt. Aber was soll man von einem emotionslosen Monster, das als menschliche Waffe geschaffen wurde erwarten? Nicht wahr Yumeku?"...

Floating boyWhere stories live. Discover now