kapitel 59

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POV Yumeku
"HALT ENDLICH DIE FRESSE!!" brülle ich den Monitor an welcher meine Herzfrequenz überwacht. Dieses ununterbrochene Piepsen welches konstant zu meinem Puls schneller oder langsamer Piept kotzt mich immer mehr an..
"Aagghhh!"  mit einem ziemlich unbeholfenem Sprung stürze ich mich auf dieses nervige Pieps-Dings und trete immer wieder darauf ein.  Ohne Gnade zu zeigen reise ich irgendwelche Kabel aus dem Gerät, welches langsam den Geist aufgibt und dann endlich verstummt.
Mit einem frustrierten seufzen kommt Dr. Seishu in den Raum und massiert sich verzweifelt den Nasenrücken. Kurz holt er Luft um etwas zu sagen, lässt es dann aber bleiben und setzt sich kopfschüttelnd an den eisernen Tisch neben meinem Bett. "Dir scheint es ja im Gegensatz zu gestern blendend zu gehen..Da du gestern deinen Besucher nicht empfangen konntest, wird er später um 15 Uhr erneut hier her kommen." erklärt Dr. Seishu und versucht daraufhin wieder irgendwelche Informationen aus mir heraus zu kriegen. "Seit 7 Tagen bist du hier und hast bisher keinen einzigen Satz in unserer Gegenwart gesagt. Auf den Überwachungskameras kann man dich mit dir selbst sprechen sehen und hören aber warum sprichst du nicht mit mir? Nichteinmal deinen Namen geschweige denn dein genaues Alter wissen wir." verzweifelt er langsam, doch ich interessiere mich gerade mehr dafür, wer dieser 'Besucher' von dem der Arzt gerade sprach wohl sein könnte. Luke wird es wohl kaum sein, aber wer sollte sich sonst für mich interessieren?
"Y-yumi.." murmle ich leise. "Was?" hakt Dr. Seishu nach und sieht mich erwartungsvoll an. "m-mein Name ist Yumi.." wiederhole ich und Dr. Seishu lächelt sichtlich erleichtert. "Na endlich sagst du mal was. Yumi also.." stumm nicke ich und er schreibt meinen Namen direkt auf meine Patientenakte. "Nun, wenn du mir noch dein Alter verraten würdes-" "15" unterbreche ich ihn und setze mich gegenüber von ihm an den Tisch. Entsetzt sieht er mich an, kriegt sich schnell aber wieder ein und schiebt seine Brille etwas nach oben. "15 Jahre alt...und schon so viel durchgemacht. Furchtbar... Und was ist mit deiner Familie?" "hab keine" antworte ich kühl und ignoriere seine restlichen Fragen einfach. "mir ist langweilig" entfährt es mir und ich werde etwas perplex angesehen.
"Naja theoretisch könntest du in Begleitung einer Krankenschwester oder mir in den Gemeinschaftsraum. Du weißt ja bereits, dass das hier eine spezielle Einrichtung des Militärs ist und sobald dein Körperlicher und Psychischer zustand in Ordnung ist, wirst du entlassen. Aber es befinden sich eben auch einige Personen hier die sich in einem sehr kritischen Geistigen Zustand befinden und gefährlich sein könnten. Deshalb darfst du nur mit Erlaubnis und Aufsichtsperson dein Zimmer verlassen." geräht Dr. Seishu in einen Redewahn und ich nicke bloß von diesen viel zu vielen Worten überfordert. "Na dann komm, ich zeig dir den Gemeinschaftsraum, dort findest du bestimmt etwas gegen deine Langeweile" steht Dr. Seishu auf und nach kurzem Zögern folge ich ihm zu der Eisentür. Er tippt den Zahlencode in das Schlüsseldisplay neben der Tür ein, welche sich kurz darauf öffnet und einen langen weißen Gang mit vielen Eisentüren wie meiner freigibt. Nebenbei widerhole ich im Kopf nochmal den Zahlencode welcher gerade die Tür öffnete. Komischerweise ändert sich der Code jedesmal sobald die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, jedoch komme ich nicht hinter den Zusammenhang der Zahlen.
"Yumi hier entlang" weist mich der Arzt an und wir biegen am Ende des Flurs nach Links ab und ein heller großer Raum mit vergitterten Fenstern und vielen Tischen erstreckt sich vor uns. Mehrere Personen sitzen mit sich selbst beschäftigt an den Tischen und vereinzelt liegen Blicke auf mir.
"Ich werde Schwester Rose zu dir schicken, sie wird als deine Aufsicht fungieren. Vielleicht kannst du ja ein paar Bekanntschaften machen." Lächelt Dr. Seishu noch kurz ehe er wieder in den Gang verschwindet aus dem wir gekommen sind.
"Tolle Aufsichtspflicht" schiest es mir surch den Kopf und ich sehe mich etwas um.
Eine ältere Frau im Rollstuhl starrt mich an, ein Mann mit blutunterlaufenen Augen und schon fast gräulicher Haut steht verkrampft am anderen Ende des Raumes und seine Knochen geben bei jeder kleinsten Bewegung ein knacken von sich, welches sich nicht gerade gesund anhört. Ein Mädchen mit zerzaustem Haar spricht mit ihrer Puppe und deutet mit dem zerbrochenen Porzellanarm des Spielzeugs auf mich und beginnt zu kichern. Die anderen Personen im Raum scheinen nicht sonderlich interessant zu sein.
Als ich mich gerade an einen der Tische setzen möchte, fällt mir der junge ein paar Tische weiter auf, welcher still vor einem spielbereitem Schachbrett sitzt und erwartungsvoll den leeren Stuhl gegenüber von sich anstarrt. Langsam trete ich näher heran und stelle mich hinter den freien Stuhl und der starre Blick des Jungen wandert zögernd an meinem Körper hinauf bis er mir direkt in die Augen sieht und ich kurz etwas zusammen zucke. Schnell unterbreche ich den Augenkontakt und betrachte das Schachbrett genauer.
"Willst du mit mir Spielen?" ertönt aufeinmal seine kindliche Stimme. Hoffnungsvoll sieht mich der Junge mit Schiefgelegtem Kopf und großen Augen an. Nach kurzem Zögern nicke ich und setze mich auf den Stuhl gegenüber von ihm. "Ich bin Milo" lächelt er und streckt mir seine Hand entgegen. Gerade als ich Milos Hand nehmen möchte, hält mich eine strenge Stimme auf. "Milo stopp! Du weist: kein Körperkontakt mit anderen!" erschrockener als Milo selbst zucke ich zusammen und drehe mich ruckartig in die Richtung aus der die Stimme kam. Hinter mir stehend und etwas zurückweichend auf meine Bewegung, steht Schwester Rose welche mich kurz kritisch ansieht und dann lächelt. "Guten Morgen Yumi" freut sie sich, mich endlich mit Namen ansprechen zu können und setzt sich auf den Stuhl neben mir.
Sie ignorierend sehe ich zu Milo welcher sich gerade die etwas zu langen blonden Haare mit einer Haarspange hinter sein linkes Ohr knippst. "Dein Name ist also Yumi" spricht er mehr mit sich selbst als mit mir und ich nicke kurz. "Na dann spielen wir" freut er sich und mir fällt auf, dass Schwester Rose Milo ganz genau beobachtet. "Ich bin für Bulletschach, aber natürlich nur wenn du mit mir mithalten kannst.." grinst Milo mich herausfordernd an und wieder nicke ich.
Die 60 Sekunden Bedenkzeit pro Zug nutzt keiner von uns beiden und wir liefern uns mit anhaltendem Blickkontakt eine ununterbrochene Spielabfolge. In einem unachtsamen Moment berührt Milo seinen Springer und zieht schnell seine Hand zurück. "berührt, geführt" murmle ich triumphierend und mit zusammengekniffenen Augen führt Milo seinen ungewollten Zug durch, wodurch er mir die perfekte Gelegenheit auf einen erfolgreichen Doppelangriff verschafft. Kurz nachdenkend lässt Milo seine Augen über das Spielbrett schweifen und ich kann förmlich seine Gedankenwege vor meinen Augen sehen. Wieder greift er nach einer Figur, doch diesmal halte ich ihn auf. "So wärst du in spätestens 14 Zügen Schachmatt" mit einem erstaunten Lächeln stützt er seinen Kopf auf seiner Hand ab und spielt den Zug von dem ich ihm gerade abgerahten habe. Eine Augenbraue hochziehend starre ich ihn an und bin erstaunt darüber, dass er mich durchschaut hat.. Wie vorhergesehen setze ich ihn innerhalb von 14 Zügen Schachmatt und er streckt seine Arme über seinen Kopf und lässt seinen Kopf in den Nacken fallen. Erst jetzt fallen mir die überraschten Blicke der Krankenschwestern um uns herum auf und auch einige Patienten beobachten uns. "7 Minuten und 39 Sekunden" kichert Milo und ich schüttle den Kopf   "42 Sekunden" verbessere ich ihn und Milo beginnt erfreut zu lachen. "Wusst ichs doch" grinst er und nun fällt mir der überforderte Blick von Schwester Rose auf. "Ist etwas?" fragt Milo mit herablassendem Blick und man kann erkennen, dass die beiden sich nicht sonderlich gut verstehen. "Sie ist nur etwas überfordert, weil mich noch nie jemand in Schach geschlagen hat und erst recht nicht in so einer Zeit" erklärt Milo und ich nicke verstehend. "Wie alt bist du eigentlich Yumi?" wird er neugierig und sieht mich gespannt an. "15" gebe ich kurz zur Antwort und Milo lacht kurz auf. "Hehe dann wurde ich also von jemand jüngeren geschlagen.." Während Milo spricht fällt mir auf, dass er unauffällig eine der Spielfiguren in die Hand nimmt und unter den Tisch führt. Mit einem unbemerkten und doch gezielten Wurf, trifft die Figur des Königs den Kopf einer der Patienten, welcher daraufhin sofort zu schreien beginnt. "Schachmatt" kichert er leise.
Schwester Rose hat natürlich nicht bemerkt, dass Milo die Figur  geworfen hat und springt auf um nach dem Patienten zu sehen.
"Also Yumi, warum genau bist du hier? Es scheint nicht so als wärst du dem Militär von Nutzen oder eine Bedrohung für die Gesellschaft" fragt Milo in einem leisen Ton, so dass uns keiner in dem Durcheinander von schreienden Personen hören kann. Stumm sehe ich ihn nur an und zucke mit den Schultern. "Na sag schon, vielleicht kann ich dir ja helfen" drängt Milo und greift nach meiner Hand. Er drückt mir eine kleine Pinnadel in die Hand und sieht mir tief in die Augen. "Damit kannst du ohne Probleme den Schließmechanismus der Türen aufbrechen und das Sicherheitssystem zu umgehen wird für dich bestimmt nicht allzu schwer. Heute Nacht, 30 Minuten nachdem die Lichter aus sind, treffen wir uns am Ende des langen Ganges, ich möchte dir was zeigen" erklärt Milo schnell und ich nicke. "Ach und ich erwarte eine Revange" grinst er und zeigt auf das Schachbrett. Dann springt er auf und verlässt ohne ein weiteres Wort den Gemeinschaftsraum.














Floating boyWhere stories live. Discover now