kapitel 70

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POV Yumeku
Ich bin mir nicht sicher wie lange oder wie weit ich gelaufen bin, doch das zunehmende Brennen in meinen Lungen und der stechende Schmerz in meinen Beinen deuten mir, dass ich mit meiner Ausdauer am Ende bin. Ungleichmäßig ringe ich nach Luft und bei jedem Atemzug sticht es schmerzend in meiner Brust.
Ich bin Milos Anweisungen gefolgt und bin ohne mich umzudrehrn oder zu zögern so weit gerannt wie es mein Körper zulässt. Die Schüsse die ich gehört habe, kurz nach dem ich außer Reichweite war, musste ich ignorieren.. Ich musste Milo versprechen unter keinen Umständen umzudrehen und so rannte ich und das so lange und so weit, bis ich mich jetzt außer Atem in einer Seitengasse einer Verlassenen Straße an einer Hauswand heruntergleiten lasse. Mein ganzer Körper zittert und jede Bewegung tut höllisch weh. Keuchend lege ich meine Hand an meine Brust, wo mein Herz so stark pocht, dass ich es in jedem Muskel meines Körpers spüre.
Es war eine schlechte Idee, den Ausbruch am Morgen durchzuführen, denn so wie ich gerade aussehe kann ich am helllichten Tag nicht rumlaufen. Ich bin während ich wegrannte glücklicherweise nur einem Obdachlosen Mann und ein paar Kindern begegnet, welche mir zwar beängstigte oder besorgte Blicke zuwarfen aber mehr war es dann auch nicht.
Da das Militärgelände ziemlich abgelegen von der Stadt liegt, bin ich die meiste Zeit nur über abgenutzte Feldwege, Wiesen und durch ein kleines Dorf gelaufen. Als ich endlich in der Stadt ankam, habe ich mich so schnell wie möglich in diese Seitengasse verkrochen und nun sitze ich hier eben am Boden und muss warten, bis es Abend wird, dass ich im Dunkeln unauffällig weiter gehen kann. Einfach so jetzt weiter zu gehen wird zu viel Aufsehen erregen und da das Militär mich jetzt sicherlich sucht, sollte ich erst recht nicht entdeckt werden.
Meine Klamotten sind teilweise zerfetzt und ich bin Blutgetränkt. Meine Hände tragen klebrige rote Handschuhe von Blut und die ganzen Wunden die meinen Körper übersähen färben meine Kleidung in eine Mischung von Rotem Blut und Schmutz.
Alles um mich herum dreht sich und meine Sicht verschwimmt etwas. Wenn ich im Blutrausch bin, wird meine fehlende Ausdauer durch das Adrenalin und die Mordlust ausgeglichen und übertüncht, aber jetzt wo keinerlei Epinephrin mehr durch meine Adern gepumpt wird, spüre ich wie meine Muskeln schlapp machen.
Langsam beruhigt sich meine Atmung und reguliert sich etwas, doch so wie meinem Gehirn wieder mehr Sauerstoff zukommt, so kommt auch eine Welle an Gedanken, Zweifeln und Emotionen über mich hergerollt. Zwar bin ich nun wieder Denkfähig und kann alles um mich herum wieder besser wahrnehmen, doch von rationalem Denken kann hier nicht die Rede sein.
Mein Körper beginnt wieder stärker zu zittern und ich ziehe meine Knie an meinen Oberkörper. Mit geschlossenen Augen lege ich meinen Kopf auf meine Knie und schlinge meine Arme um meine Beine.
Was wenn die Schüsse vorhin gar nicht von Milo waren, sondern vom Militär, das auf ihn schoss?
Ich hoffe ihm geht es gut.. Was denke ich da? Natürlich geht es ihm gut..
Ich spüre wie sich warme Tränen in meinen Augen ansammeln und meine Wangen hinab rinnen.
Milo muss es einfach gut gehen.. Ich bin mir sicher, er lächelt gerade... Natürlich lächelt er! Er lächelt immer, egal wie gut oder schlecht die Situation ist in der er Steckt..
Hoffentlich ist ihm nicht langweilig.. Er hat mir mal erzählt, seine größte Angst sei es, einen langweiligen und einsamen Tod zu sterben. Bevor ich losrannte, sagte er noch, dass er dank mir keine Angst haben muss, einsam zu sein und so viel Spaß wie heute hatte er noch nie.. Milo sagte auch, er wolle niemals etwas bereuen und ich bin mir sicher, dass er ohne Reue zu empfinden gerade mit seinem gewohnten Lächeln im Gesicht ganz viel Spaß hat...
Mir selbst einredend, dass alles gut wird, strömen weiter unentwegt Tränen meine Wangen hinab und ich bemühe mich jegliches Wimmern, Schluchzen oder sonstige Laute zu unterbinden. Doch der Gedanke daran, 23 Unschuldige getötet zu haben, lässt mich laut aufschluchzen.
Was habe ich mir dabei gedacht? Warum habe ich sie unbedingt töten müssen? Ich hätte sie doch einfach bewegungsunfähig machen und ihnen die Waffen wegnehmen können, ich wäre mit Leichtem dazu fähig gewesen..
Ein eiskaltes Flimmern durchzuckt meinen zitternden Körper: Was ich mir dabei gedacht habe? Nichts! Absolut nichts!
Warum ich das getan habe? Weil es Spaß macht! Weil ich mich von meinen Instinkten leiten habe lassen.. Weil ich es liebe die Angst in den Augen von Menschen zu sehen!
"n-nein.. nein!" mich selbst verleugnend beginne ich den Kopf zu schütteln. "nein, so bin ich nicht.." wimmer ich leise und raufe mir die Haare. Es fühlt sich so an als würde in meinem Kopf eine leise Stimme versuchen mich um den Verstand zu bringen. 'Was wenn Luke mich jetzt hasst weil ich so viele unschuldige getötet habe? Was wenn er mich einfach fallen lässt?' verzweifelt halte ich mir die Ohren zu, was die Stimme in meinem Kopf nur immer lauter hallen lässt. 'So kann ich Luke nie wieder unter die Augen treten. Ich muss es wieder gut machen' "verdammt" murmle ich leise vor mich hin und versuche an etwas anderes zu denken, doch es funktioniert nicht. Die Stimme zählt immer wieder von 1 bis 23 und übertönt all meine Gedanken..
Mit einem dumpfen Schlag werfe ich so stark ich kann meinen Kopf nach hinten gegen die kühle Hausmauer an die ich angelehnt sitze und auf einen ziehenden Schmerz folgt Dunkelheit..

Floating boyKde žijí příběhy. Začni objevovat