Kapitel 1

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Die Musik dröhnte so laut aus den Lautsprechern, dass man meinen könnte, die Luft vibriert.
Mit schnellen, konzentrierten Bewegungen schlug ich auf den Boxsack in der Mitte der Trainingshalle  ein.
Mein ganzer Körper zitterte mittlerweile vor Anspannung, was ich verzweifelt versuchte zu unterbinden.  Seit gestern hatte Fite mein Trainingsplan noch einmal erweitert. Verbissen boxte ich noch mal zu. Mein letzter Auftrag war ein voller Erfolg gewesen, aber es reichte noch nicht. Ich musste perfekt sein.
Vor acht Jahren hatte Hydra mich aufgenommen, mir  eine Heimat sowie ausgezeichnetes Training angeboten.
Jetzt besaß ich mehr als jemals erhofft. Hydra war für mich wie eine zweite Familie geworden. Nein. Besser als jede Familie.
Wie immer gab mir der Gedanke einen Energieschub, die Schläge verhärteten sich.
Genervt pustete ich mir eine meiner schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Wozu machte man sich einen hohen Zopf, wenn später doch ehe wieder alles auseinander fiel?
Schon so oft hatte ich darüber nachgedacht, meine Haare ab zu schneiden, aber in einem hatte Fite recht: Es war einfach viel zu auffällig, als Mädchen kurze Haare zu tragen, was mich echt anpisste.
Meine Gedanken wanderten zu dem Mann der die ,,Vaterrolle" übernommen hatte .
Seit ich nach dem Tod von meiner Mutter geflohen war und schließlich von Hydra gefunden worden war, hatte ich eine komplett neue Identität bekommen:
Aus Chiara Caruso wurde Laila Hausmer, die Tochter von dem geschäftlich viel reisenden Fite Hausmer.
Laila, so hatte Gena, meine leibliche Mutter mich immer genannt. Die dunkele Schönheit, das passte zu mir.

Plötzlich spürte ich, eine fremde Anwesenheit im Raum. Automatisch wirbelte ich herum. Doch zu spät:
Eine ,wie ich, komplett in schwarz gekleidete Person riss mich mit voller Kraft auf den Boden.
Siegessicher grinste ich, auch wenn mit alles weh tat, denn verdammt, der Boden war komplett unverkleidet, also lag ich auf dem Beton.
Trotzdem hatte mich das jahrelange Training gelernt, dass man niemals Schmerzen zeigen sollte,denn  das machte einen automatisch schwach.
Also sammelte ich meine Kraft und schlug der vermummten Person mitten ins Gesicht, während ich schwungvoll aufsprang.
Mein Gegenüber entpuppte sich als Fite, das erkannte man sofort daran, wie er seinen Kopf leicht nach links gelehnt hielt.
Ich kämpfte mit ihm, wobei ich stets versuchte mich an all meine Lektionen zu erinnern.
Nach kurzer Zeit , mittlerweile hatte ich wirklich nur noch das Bedürfnis mich ins Bett zu werfen, wich Fite zurück.
Misstrauisch machte ich es ihm nach, um genügend Sicherheitsabstand  zwischen uns zu bringen. Zu oft hatte ich die Erfahrung machen müssen, dass man niemanden vertrauen könnte.
Doch scheinbar schien Fite ganz andere Gedanken zu haben:,  Wir haben morgen ein Treffen mit Hydra, Chiara"
Überrascht hob ich eine Augenbraue, etwas was ich wirklich gerne tat. Es war schon etwas länger her seit dem letzten Treffen und ich muss sagen, mir fehlten die Taktikbesprechungen.
,,Cool, wann geht's denn los?", erkundigte ich mich, während ich bereits überlegte, was morgen alles auf dem neuen Plan stand.
Wieder einmal schien Fite meine Gedanken erraten zu können, bei ihm brachte mein Pokerface selten etwas. ,, Bei dir fällt eigentlich nichts weg vom Training her. Die  Videos zur  Algebra und Astronomie kannst du dir im Auto anschauen. Um 14Uhr geht es los"
Ich nickte und wischte mir unauffällig den Schweiz von der Stirn. Heilige Scheiße, das Krafttraining vorm Boxen hatte es in sich gehabt!
Leider schien meinem  ,,Vater" es egal zu sein, dass ich schon begann mich zu dehnen, denn er meinte noch:,  Du hast zu spät reagiert, als ich in den Raum gekommen bin, Cia"
Ich zuckte mit den Achseln. Wenn meine Gedanken zu Gena abdrifteten, dann blieben sie dort such eine Weile. Oh, meine Mutter würde mich dafür bestrafen wenn sie das wüsste.
Sie war eine fantastische Lehrerin gewesen, hatte mich mit drei Jahren auf das Niveau einer 3Klässlerin gebracht.
Ihr Plan, wie wir Tony Stark am besten schaden könnten war großartig gewesen.
Mit einem Klaps, der wohl einen neuen blauen Fleck bedeutete holte Fite mich zurück:,, Du musst deine Wahrnehmung besser trainieren. Morgen, wenn das Treffen beendet ist werde ich dir die Augen verbinden und dich in einen Wald reinführen, wo du dann alleine raus kommen musst."
Ohne Protest nickte ich. Uns beiden war klar, dass man nur mit stundenlangen Übungen das beste erreichen konnte.
Trotzdem schwoll ein kleines bisschen stolz in mir an, dass Hydra mich damals allein auf Grund meiner Diebesfähigkeiten aufgenommen hatte.
Sie wissen nicht, dass ich die Tochter von Tony Stark bin oder warum ich so stark trainiere.
Einzig meinen wahren Vornamen habe ich ihnen verraten, da Chiara wirklich ein normaler italienischer Vorname war. Und meine italienische Abstammung ließ sich auf Grund meiner Hautfarbe nun mal nicht leugnen.
Anscheinend schien für Fite jetzt alles gesagt, denn seine Schritte bewegten sich in Richtung Tür.
,,Morgen ist um 5Uhr Tag, Laila", rief er mir noch hinterher, meinen Decknamen benutzend.
Bevor ich eine Antwort geben konnte schlug die Tür zu und ich drehte die Musik noch ein bisschen lauter in der Hoffnung, dadurch motiviert zu werden.

Eine Stunde später kämmte ich mir durch meine halb nassen Haare auf den Weg zu meinem Zimmer.
Es gab doch echt nichts schrecklicheres, als sich nach einem anstrengenden Training noch dehnen zu müssen.
Aber das hatte ich jetzt ebenso wie das duschen hinter mich gebracht und freute mich darauf, mit meinen Freunden chatten zu können.
Okay, manche würden diese online- Bekanntschaften nicht so betiteln, aber für mich barg es nur Vorteile: Keiner kannte mich und man hatte keine Verpflichtungen.
Nachdem mein Laptop hochgefahren war öffnete ich Facebook.
Grinsend sah ich, dass mein ,,bester Freund" auch online war.
Ned_Leeds

Stark ist nicht starkWhere stories live. Discover now